Niederlande: In den Niederlanden wurde Storyline seit Beginn der 1980er Jahre vor allem durch Jos Letschert, ehemals Director of Primary Education am Staatlichen Lehrplan-Institut (SLO) in Enschede, gefördert und weiterentwickelt. Letschert hatte den Ansatz am Jordanhill College kennengelernt. Er war zudem einer der EED-Mitbegründer und organisierte 1988 das erste internationale Treffen in Enschede. Dort sind unter Jan Greven einige Storyline -Projekte zu historischen und geographischen Themen entstanden, die sich meines Erachtens auch gut für den bilingualen Unterricht eignen.17Hinsichtlich der Verbreitung und regelmäßigen Anwendung des Storyline -Modells im Unterricht werden eher vorsichtige Angaben gemacht. Fest steht, dass es am meisten im muttersprachlichen Grundschulunterricht eingesetzt wird, aber lange kein so nachhaltiges Echo wie in den skandinavischen Ländern findet.18 Storyline wird in den Niederlanden über Publikationen, Workshops und Vorträge in verschiedenen Institutionen vermittelt, ferner nahm Steve Bell beratend an Managementkursen für Schulleiterinnen bzw. -leitern teil.19 Inwiefern Storyline im Fremdsprachenunterricht eingesetzt wird, konnte nicht eruiert werden.
Abgesehen von den genannten Ländern, in denen der Storyline Approach zum Teil schon seit vielen Jahren bekannt ist und auf vielseitige Art und Weise implementiert wird, zeigen auch zahlreiche andere europäische Länder und Regionen immer wieder Interesse an dem Konzept bzw. nehmen Kontakt auf: z.B. Slowenien, Litauen, Finnland, Griechenland, Spanien, Portugal, Malta, Belgien, das Kosovo, die Slowakei oder die Faröer Inseln. Über diverse COMENIUS-Projekte wurden auch Kontakte mit Polen und Tschechien geknüpft. Im Rahmen der BOTA20 2013 in Stegen bei Freiburg, wo ich zwei Storyline -Workshops durchführte, entstanden Kontakte zu Österreich und der Schweiz.
Auf Initiative von Steve Bell und Sallie Harkness hat sich Storyline mittlerweile auch in zahlreichen außereuropäischen Ländern verbreitet, wo das Modell ebenfalls ganz unterschiedlich realisiert wird. Dies soll durch einige (wenige) Beispiele illustriert werden:
USA: In den 1980er und 1990er Jahren wurden durch das Central Bureau for Visits and Exchanges Studienreisen für Lehrerinnen und Lehrer nach Glasgow und Edinburgh organisiert. Mitglieder des Staff Tutor Team erklärten sich bereit, Kurse für die ausländischen Lehrkräfte durchzuführen. Bleibende Kontakte entstanden damals über Kathy Fifield, die 1986 ein Sabbatjahr in Glasgow verbrachte. Zurück in Portland, Oregon rief sie das Beratungsbüro Storyline Design ins Leben, das seit 1994 von Jeff Creswell, Lehrer in Portland, Oregon und Eileen Vopelak, Beraterin in Santa Barbara, Kalifornien fortgeführt wird. Creswell (1997) hat zudem das erste Buch über Storyline in den USA publiziert.Seit einigen Jahren vertreibt Storyline Design ein Magazin, das Lehrkräften Anregungen und Kommunikationsmöglichkeiten bietet. Des Weiteren werden Storyline -Kurse für verschiedene Niveaustufen angeboten, die teilweise von Steve Bell oder Sallie Harkness durchgeführt und von der Portland State University per Zertifikat anerkannt werden. Zudem wurde in Bend, Oregon eine Storyline Magnet School errichtet, deren Curriculum sich schwerpunktmäßig am Storyline -Konzept orientiert.21 Storyline wird hauptsächlich an der amerikanischen Westküste rezipiert, jedoch nicht nur im schulischen Kontext, sondern punktuell auch in Seminaren in der freien Wirtschaft (z.B. mit Banken) eingesetzt. Wendy und Ken Emo (University of Minnesota, Morris) untersuchen derzeit, wie und wo Storyline in den USA implementiert wird (vgl. Emo 2010).
Thailand: Als Folge eines Alumnikurses in Jordanhill erhielt Steve Bell 1998 eine Einladung an die Chulalongkorn Universität in Bangkok, wo zwei Storyline -Kurse zum Thema Environmental Studies stattfanden. Ein weiterer Kurs wurde mit über 150 Lehrkräften in Phranakhon durchgeführt. In den darauffolgenden Jahren wurde in Thailand ein Projekt ( The Dawn Project ) zur Umwelterziehung in Schulen und zur Entwicklung von Nachhaltigkeit in Kommunen entworfen und über 50.000 Lehrkräften, Studierenden, NGOs und weiteren Interessierten in Fortbildungskursen vermittelt. Darüber hinaus finden auf Initiative ehemaliger Jordanhill Alumni im Rahmen von Storyline Thailand Action Network for Integrating Learning (STANIL) Storyline -Kurse an der Universität Chulalongkorn statt, wo zwischenzeitlich auch einige Publikationen entstanden sind.22
Singapur: Im Jahr 2001 beabsichtigte das Bildungsministerium, das Schulcurriculum zu einem verstärkt integrativen Konzept zu überarbeiten, und ein entsprechendes Projektteam sollte geeignete Maßnahmen entwickeln. Auf Initiative des besagten Projektteams führte Steve Bell mehrere Storyline -Kurse für Primar- und Sekundarlehrkräfte durch. Im gleichen Zeitraum gab er im Auftrag der Firma LEGO einen Kurs für Kindergartenerzieherinnen und -erzieher. 2005 fand in Singapur die 1 stInternational Chinese Early Education Conference statt, bei der Bell einen Vortrag hielt. Darüber hinaus führte er Storyline -Kurse mit Erzieherinnen, Erziehern und Eltern durch. Im Jahr 2007 hat eine Delegation des National Institute of Education, Singapore zu Forschungszwecken Glasgow besucht.23
Des Weiteren fanden im Rahmen von Studien zur Umwelterziehung in Jordanhill, Glasgow jahrelang Kurse für ausländische Gäste statt (Bell 2007). Auf diesem Weg fand Storyline Eingang in das Programm und wurde in Nepal im Bereich Gesundheitserziehung sowie in Pakistan, Brasilien, Sri Lanka, Goa und Thailand im Bereich Umweltschutz angewandt und verbreitet. Zudem wurde bzw. wird der Storyline -Ansatz auch in der Lehrerfortbildung in Botswana, Nigeria, Tansania und Kamerun sowie in der Fortbildung von Schulleitern bzw. -innen in Uganda eingesetzt. Neuerdings bestehen auch Kontakte mit Japan (Matsuyama) und Sibirien (Tomsk), wo derzeit erprobt wird, wie mit Hilfe von Storyline das fremdsprachliche Lernen an Hochschulen verbessert werden kann. Außerdem ist eine ehemalige Studentin aus einem meiner Storyline -Kurse im Jahr 2014 nach Südafrika umgesiedelt, wo sie im Schulunterricht bereits mehrere Storylines erfolgreich implementiert hat.24
Deutschland: Die Entwicklung und Verbreitung des Storyline Approach in Deutschland ist bisher noch nicht systematisch erfasst worden, daher können nur einige Schwerpunkte genannt werden:25 In Hamburg und Schleswig-Holstein fand Storyline , initiiert durch Kontakte mit Glasgow und dem British Council , schon Ende der 1970er bzw. zu Beginn der 1980er Jahre Eingang in den muttersprachlichen, fächerübergreifenden Sachunterricht an Grundschulen (vgl. Kohls/Kohls 1994), durch Beate Grabbe-Letschert26 später auch punktuell in die Lehreraus- und -fortbildung und durch Ulf Schwänke in die Erwachsenenbildung an der Hamburger VHS sowie in die Fortbildung von Pflegekräften in Alters- und Pflegeheimen. Schwänke hat auch Praxismaterialien für die Grundschule entwickelt (vgl. Schwänke 2005). Auch heute noch werden in Schleswig-Holstein Prinzipien des Storyline -Konzepts insbesondere in den muttersprachlichen Grundschulunterricht integriert. Gisela Ehlers, lange im Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) in Kiel-Kronshagen tätig, hat sich auf den Fremdsprachenunterricht an der Grundschule spezialisiert und in diesem Zusammenhang auch Aspekte des Storyline -Modells berücksichtigt (vgl. Ehlers, Hrsg. 2006).Ebenfalls in den 1980er Jahren ist der Kontakt zwischen dem ehemaligen Jordanhill College, Glasgow und der Pädagogischen Hochschule Freiburg entstanden. Von Steve Bell und Klaus-Dieter Fehse, damals Professor in der Abteilung Englisch, wurde der Storyline Approach zu Beginn der 1990er Jahre in einem mehrtägigen Kurs innerhalb der Abteilung Englisch vorgestellt. Als Teilnehmerin des Kurses war ich überzeugt von dem Potenzial des Ansatzes für das Fremdsprachenlernen und begann das Storyline -Modell im Rahmen meiner Tätigkeit an der Pädagogischen Hochschule Freiburg näher zu erproben und auf den fremdsprachlichen Kontext zu übertragen. Mehrere Forschungsprojekte gingen der Frage nach, wie das ursprünglich für den muttersprachlichen Unterricht konzipierte Storyline -Modell für den Fremdsprachenunterricht in der Sekundarstufe adaptiert werden kann, um den Lernenden größere Freiräume für eine aktive und kreative Mitgestaltung ihrer Lernumgebung sowie mehr Autonomie für die Wahl ihrer individuellen Lernwege, Lernprozesse und Lernmethoden zu verschaffen.Im Herbst 2010 fand das 17 thGolden Circle Seminar in Freiburg und somit zum ersten Mal in Süddeutschland statt. Anvisiert wird derzeit auch ein Silver Circle Germany , um sich über Storyline -Erfahrungen in Deutschland auszutauschen und sich intensiver zu vernetzen.Was die Verbreitung des Storyline -Modells an deutschen Schulen und speziell im Fremdsprachenunterricht betrifft, liegen bisher keine konkreten Daten vor (vgl. auch Kapitel 9.3.3). Fest steht allerdings, dass immer wieder Anfragen bzw. Rückmeldungen aus dem In- und Ausland bei mir eintreffen und beispielsweise auch ehemalige Studierende ihr Wissen und Können an ihr Kollegium in Grund-, Haupt- und Realschulen weitergeben. Zum anderen wird das Storyline -Modell auch in Abschlussarbeiten und Prüfungen (1. und 2. Phase) als konkretes Beispiel für themen- und projektorientiertes Lernen herangezogen und erprobt. Von einer Realschule in Baden-Württemberg ist bekannt, dass sie den Storyline Approach als Profil in ihr Schulcurriculum aufgenommen hat und somit alle Lehrkräfte Storyline -Projekte im Englischunterricht durchführen. Hierbei handelt es sich natürlich um einen – wenn auch sehr erfreulichen – Einzelfall.
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