Sophia Vallbracht - Die normative Kraft des Decorum

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Quod decet? Diese Frage stellt sich in jeder rhetorischen Situation, in der ein Orator seinem Anliegen durch eine Rede Geltung beim Rezipienten verschaffen möchte. Angemessenheit ist eine genuin rhetorische Kategorie und dennoch ist das Postulat der Angemessenheit bislang kaum Gegenstand moderner Rhetorikforschung geworden. Das Konzept der Angemessenheit stellt die rhetorische Theorie vor ein Problem, da es erstens mehrere Begriffe dafür gibt (aptum, prepon, decorum), die durch Übersetzung vom Altgriechischen ins Lateinische tradiert worden sind. Zweitens erweist sich die Angemessenheit über die Jahrhunderte hinweg als ein interdisziplinäres Thema, dessen ephemeres Wesen in der Theorie der Rhetorik nur schwer zu fassen ist. Gerade deshalb ist eine für das digitale Heute festgelegte Bestimmung von prepon/decorum in der Rhetorik nötig, da sich die Rhetorik in der Auseinandersetzung zwischen dem Ideal des rationalen Argumentierens und den rhetorischen Effizienzansprüchen doch bis heute behaupten muss.

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Die Symbiose von ornatus und decorum scheint aus rhetorischer Sicht vonnöten zu sein, da das eine ohne das andere wirkungslos ist. Jede Art von Einseitigkeit wird den rhetorischen Erfolg einer Rede vernichten, denn nur gemeinsam verwirklicht, entfaltet sich erst die volle Macht der Rhetorik.

Jede rhetorische Handlung ist auf den Menschen als Empfänger einer Botschaft gerichtet und wirkt damit per se in einem sozialen Raum. Dieser ist durch gewisse moralische Maximen und soziale Verhaltensweisen und Sitten geprägt, die das Bewusstsein eines jeden Mitglieds dieser Gesellschaft – oft auch unbemerkt – beeinflussen. Eine Rede, die diese Prägung in der Ausgestaltung nicht beachtet, wird erfolglos sein. Sie kann nur dann wirken, wenn die Rede zum jeweiligen Setting passt und sich so einen angemessenen Platz in diesem sozialen Raum erobert. Der ornatus kann lediglich dann auf ein solch geneigtes Auditorium einwirken, wenn er das decorum beachtet. Nach Aristoteles ist dies dann gegeben, wenn „er [der sprachliche Ausdruck] auf einer rechten Mischung beruht: aus Herkömmlichem und Fremdem, Rhythmus und Glaubwürdigkeit, die von der Angemessenheit ausgeht.“27 Diese εὖ μιχθῇ wird durch das entscheidende Kriterium πρέποντος definiert. Das altgriechische Adverb εὖ beschreibt nicht nur den technisch-kompetenten Bedeutungsbereich, sondern hat auch eine moralische Konnotation, wie es beispielsweise im Ausdruck „εὖ πάσχω“ (mir widerfährt Gutes) oder εὐδαίμων (einen guten Dämon habend; glücklich/glückselig) zum Tragen kommt. Im Gegensatz zu καλός jedoch, welches ein ethisch Gutes, Schönes, Ehrenhaftes oder Edles in Bezug auf eine äußere Gestalt (Menschen und Götter) bezeichnet, ist mit „εὖ“ eher die Qualität einer Handlung, eines Wissens und Vermögens bewertet. So wird mit εὖ μιχθῇ nicht so sehr ein moralisches „gut“, sondern ein „gut“ im Sinne des richtig abgemessenen Maßes bezeichnet.

Diese gute Mischung zu treffen, lässt sich durch keine Regel garantieren und muss je situativ bestimmt werden. Quintilian gibt dieses Proprium des ornatus – seine nicht in Regeln zu fassende Seinsart – durch einen Vergleich mit dem individuellen Genuss von Speisen wider:

Die Beachtung dieser Regel [das rechte Maß halten] lässt sich eher gleichsam gefühlsmäßig mit dem Geschmack [ iudicium ] erfassen, als daß sich in Regeln fassen ließe, was hinreichend viel ist und wieviel die Ohren zu fassen vermögen; hier gibt es nicht ein festes Maß und gleichsam eine Gewichtsmenge, weil wie bei den Speisen den einen diese, den anderen jene eher sättigt.28

Cicero weist aus diesem Grund apophantisch auf die Gefahr eines falsch verwendeten ornatus hin. Das rhetorische Telos einer Rede ist es, ohne Überdruss ( satietas ) zu gefallen. Dies wird nach Cicero durch varietas und decorum im ornatus einer sprachlichen Ausformulierung verhindert.29 Ästhetischen Genuss, gestützt im Überzeugungsprozess durch das subjektive Zertum des Redners, soll das Publikum spüren, nicht Langeweile und Ekel. Wird jedoch keine gute Mischung von ornatus und decorum erreicht, so sind die rhetorischen Folgen fatal: Eine positive, da anziehende und so zu einer Art Symbiose führende Wirkung der Rede durch den ornatus ist zerstört, die Rede hat das Gegenteil von sozialer Bindung, nämlich Ablehnung von Seiten des Auditoriums, bewirkt, das redne­rische Zertum konnte in keinen allgemeinen Konsens münden und Persuasion des Publikums ist nicht mehr möglich. Und der Redner hat sich als solcher selbst desavouiert, da er keinen passenden Stil für seine Rede gefunden hat, der den Redegegenstand, den Redeanlass, das Publikum und das Redeziel beachtet. In toto ist eine solche rhetorische Performanz nicht geeignet, den guten Charakter des Redners abzubilden und simultan das Ethos des Redners in den Köpfen und Herzen der Zuhörer zu verankern.

Einige öffentliche Auftritte deutscher Politiker, die diese fatale rhetorische Rückwirkung auslösen, mögen zur Illustration dienen. So ist beispielsweise Heinrich Heidel (FDP) zu nennen, der 2009 bei der Aktuellen Stunde im hessischen Landtag zum Thema Milchpreis in betrunkenem Zustand seine Rede hielt und statt persuasivem Erfolg lediglich abwertende Belustigung seitens der Opposition erntete. Trotz der Plausibilität seiner Argumente konnte aufgrund seiner Vortragsweise keine stringente Performanz und kein tragfähiges Ethos erreicht werden. Das nicht beachtete decorum schwächte sein Ethos als Redner und seine unprononcierte Aussprache machte die Argumente seiner Rede wirkungslos. So hat dieser Auftritt zwar nicht seine Karriere beendet, aber seine Rede hat ihren persuasiven Zweck nicht erfüllt, sondern ihn als nicht ernst zu nehmenden Volksvertreter exponiert. Auch die öffentlichen Auftritte anderer Politgrößen, wie des damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke oder die häufig gestammelten Stilblüten des damaligen Ministerpräsidenten von Bayern, Edmund Stoiber, sind unvergessen in das öffentliche Gedächtnis eingebrannt – langfristig offensichtlich nicht zum Schaden des Letzteren, der bis Ende 2015 eine Funktion auf europäischer Ebene (Sonderberater für bessere Rechtsetzung) hatte.

Wird das Telos in einer Rede durch eine Falschanwendung des ornatus nicht erreicht, so ist die Rede nicht nur stilistisch gescheitert, sondern hat auch das decorum als sozial-ethische Handlungsnorm außer Kraft gesetzt. Werden rhetorisch-ästhetische und rhetorisch-ethische Prinzipien nicht beachtet, kann die Rhetorik nicht mehr als größter Genuss für Ohr und Herz der Menschen triumphieren.30 Sie richtet dann ihre strahlenden Waffen gegen sich selbst und so kann der ornatus eine Rede sogar „entwerten und die Kraft der Gedanken, die sie enthält, gegen sie selbst richten.“31 Die rhetorische Kategorie ornatus erweist sich als eine glänzende, aber bipolare Waffe des Redners im öffentlichen Auftritt, da sie sich bei Falschanwendung auch gegen das Ethos des Redners selbst richten kann. Sie beweist ihre Schönheit und Kraft gerade im agonalen Umfeld des rhetorischen Wortkampfes, aber sie kann auch das Ethos eines Redners und dessen Überzeugungskraft zerstören.32

Wie lässt sich nun das Verhältnis des ciceronischen decorum und ornatus auf einer Metaebene beschreiben?

Das Faktum der Untrennbarkeit von decorum und ornatus lässt sich ganz besonders ontologisch anhand von Platons Ideenlehre zeigen. Um diesen Zusammenhang von ornatus und decorum auf der einen Seite und Platons Ideenlehre zu verstehen, sei zunächst dessen Konzept von Idee/Urbild, Abbild und Nachbild skizziert, um daran anschließend die Einordung von ornatus und decorum in die jeweiligen Ebenen der Wirklichkeit von Sprache darzulegen. Platons Zwei-Welten-Theorie, in der er die unvergängliche Welt der Ideen von der Welt des Vergänglichen unterscheidet, zeigt verschiedene Stufen im menschlichen Bewusstseinsprozess, der vom ungesetzten, objektiven Urbild (εἶδος (gr. Idee)) und einem nach diesem Urbild geformten Abbild ausgeht. Diese Interpretation einer Welt des Sichtbaren und einer Welt des lediglich dem Geiste, der Vernunft (νόησις) Zugänglichen präfiguriert die verschiedenen Abstufungen menschlicher Bewusstseinssetzung und Bewusstseinswerdung. Platons Begriffsbestimmung dient als Prolegomenon für weitere Auseinandersetzungen mit der wirklichen und der unwirklichen Welt des Menschen. Die Frage nach dem Wesen des Urbildes und seines Abbildes, nach dem wahrhaften Sein und dem bloßen Schein betrifft auch – schon zu Platons Zeiten – die Kunst ( Politeia ) und die Rhetorik ( Phaidros / Gorgias ). Was ist das Wesen einer Rede – Abbild, Schein oder Sein? Und welche Rolle spielen in dieser ontologischen Sicht das decorum und der ornatus ?

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