Sophia Vallbracht - Die normative Kraft des Decorum

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Quod decet? Diese Frage stellt sich in jeder rhetorischen Situation, in der ein Orator seinem Anliegen durch eine Rede Geltung beim Rezipienten verschaffen möchte. Angemessenheit ist eine genuin rhetorische Kategorie und dennoch ist das Postulat der Angemessenheit bislang kaum Gegenstand moderner Rhetorikforschung geworden. Das Konzept der Angemessenheit stellt die rhetorische Theorie vor ein Problem, da es erstens mehrere Begriffe dafür gibt (aptum, prepon, decorum), die durch Übersetzung vom Altgriechischen ins Lateinische tradiert worden sind. Zweitens erweist sich die Angemessenheit über die Jahrhunderte hinweg als ein interdisziplinäres Thema, dessen ephemeres Wesen in der Theorie der Rhetorik nur schwer zu fassen ist. Gerade deshalb ist eine für das digitale Heute festgelegte Bestimmung von prepon/decorum in der Rhetorik nötig, da sich die Rhetorik in der Auseinandersetzung zwischen dem Ideal des rationalen Argumentierens und den rhetorischen Effizienzansprüchen doch bis heute behaupten muss.

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Diese große Bedeutungsvielfalt und Anwendung ist in dieser Art bei Isokrates – dem bedeutenden Schüler Gorgias’ – nicht zu finden, doch ist Isokrates derjenige, welcher das πρέπον als Forderung in der Rhetorik10 versteht. Gute Reden sind für Isokrates nur solche, die „die passende Gelegenheit [...] treffen und eine angemessene Darstellung und Neuheit der Gedanken [...] bieten“.11 Es ist die angemessene Anwendung von rhetorischen Techniken und Stiltugenden, wie die des ornatus , die einer Rede ästhetische Qualität verleiht. Diese Passage zeigt, dass es Isokrates nicht um das Anwenden starrer Regeln geht, die blind eingesetzt werden, sondern um Originalität und ein situativ bestimmtes Maßnehmen bezüglich der Regeln des πρέπον. Im rhetorischen Idealfall ist, wenn ein Redner ausgebildet ist und über genügend Erfahrung verfügt, auch eine gewisse Flexibilität in der Umsetzung des πρέπον möglich: An einer Stelle der Rede darf das Maß überschritten werden, solange an anderer Stelle der Rede inhaltlich Wichtiges überwiegt.12 Die isokratische Auffassung von Rhetorik orientiert sich stark an der praktischen Lebenserfahrung, und das Ethos des Redners wird ein wichtiger Faktor für seine Glaubwürdigkeit im rhetorischen Überzeugungsprozess: Er ist glaubwürdig, wenn er ein ehrenwerter und guter Mensch ist und als solcher auch unter den Mitbürgern gilt13. Robling folgert daraus, „[d]ass zur Kultur des Redners nicht nur Erziehung und Ästhetik, sondern auch die Ethik gehört“ und sich bei Isokrates „die rhetorische zur sozialen Perspektive“ erweitert.14

Aristoteles wiederum entwickelt in Abgrenzung von seinem Lehrer Platon eine Auffassung von Rhetorik, die weniger philosophisch-ethisch, als vielmehr systematisch geprägt ist. Aristoteles teilt das πρέπον systematisch in zwei Anwendungsgebiete ein: Es hat einen praktischen und einen poietischen Aspekt.15 In der Nikomachischen Ethik wird als Definiens zunächst der praktische Aspekt berücksichtigt, wenn er das πρέπον im Umfeld der gesellschaftlichen Selbstdarstellung eines Menschen zeigt, das „jedem gibt, was ihm zukommt“16. Dieses πρέπον richtet sich in der Praxis nach der Person, der Sache und den Umständen (eth.Nic. IV, 4, 1122a25f). Trotz der definitorischen Dominanz des Praktischen überwiegt aber die Anwendung des πρέπον im Poietischen, in Dichtung und Rede. In diesen Sphären leuchtet das πρέπον besonders als Stilqualität, die das Erscheinungsbild einer Rede maßgeblich prägt ( Rhetorik III, 1, 1403b15-18), Sachverhalte angemessen und klar darlegt ( Rhetorik III, 2, 1404b1-5) und analog zu diesem Sachverhalt Ethos und Pathos vermitteln kann ( Rhetorik III, 7, 1408a10-11). Erst πρέπον gibt einer Rede Überzeugungskraft, denn die dem Sachverhalt angemessene Ausdrucksweise unterstützt die Plausibilität der Botschaft und gibt der elocutio gemäß der individuellen Eigenart des Sprechenden ihre Wirkung. Es ist das rechte Maß in der Rede als öffentlicher Erscheinungsform insgesamt, das den Erfolg des πρέπον ausmacht. Rhetorik ist wirkmächtig nur, wenn sie den Anderen als empfindenden Rezipienten in den Blick nimmt. Dieser ist der wahre Richter über das πρέπον, nicht der Redner, der mithilfe seines rhetorischen Kalküls eine angemessene Rede verwirklicht. Ihm obliegt es aber, sich dieses diffizilen Beziehungsverhältnisses bewusst und somit vorsichtig zu sein und das vorliegende πρέπον so gut wie möglich in seiner Rede zu beachten. Aus diesem Grund spricht Aristoteles in seiner Rhetorik (III, 1, 1404a1-5) auch von Gerechtigkeit, wenn er von einer Rede fordert, „nicht zu betrüben und nicht zu schmeicheln“. In der Topik (V, 5, 135a13) setzt er in platonischer Tradition das Schöne mit dem Angemessenen gleich. Brüllmann vertritt die These, dass Aristoteles mit πρέπον ganz allgemein das Verhalten des Tugendhaften als angemessen auffasst, ohne eine genaue inhaltliche Bestimmung vorzunehmen, und dass er seine ethischen Tugenden auch dahingehend definiert habe.17

Aristoteles’ Schüler Theophrast ist laut Diogenes Laertius ( Leben und Meinungen berühmter Philosophen V, 38) von Aristoteles aufgrund seiner göttlichen und treffenden Ausdrucksweise von Tyrtamos in Theophrast umbenannt worden. Damit scheint er prädestiniert für die Erweiterung der aristotelischen Stillehre in vier Stiltugenden: ἑλληνισμός (Sprachrichtigkeit), σαφήνεια (Deutlichkeit), κατασκευὴ (Gestaltung/Redeschmuck) und πρέπον (Angemessenheit)18. Das Angemessenheitspostulat des Theophrast fordert den Ausschluss von Anstößigem jeglicher Art, wie beispielsweise Schwächen von Menschen im Gespräch aufzudecken, die kein Gefühl für das πρέπον entwickelt haben. In diesem Sinne zeichnet er den Charakter des gebildeten Menschen (πεπαιδευμένος) laut Fortenbaugh als denjenigen, der „ein Auge für das πρέπον hat“19.

Interessant für die etymologische Begriffsbestimmung des πρέπον im Altgriechischen ist auch Dionysius von Halikarnassus’ Werk De compositione verborum . In diesem griechischen Literaturkritiker aus der Wende des Jahrtausends verbinden sich griechische und römische Sprachkunst. Als Grieche lebte er lange Zeit im augusteischen Rom und verfasste rhetorische Schriften über die großen Redner Athens, wie Lysias und Demosthenes, die primär für Lehrer und Schüler der Kompositionslehre und Grammatik geschrieben waren. Nach Kennedy ist sein Werk „ On Literary Composition [...] the most detailed account we have of how educated Greeks reacted to the beauties of their native language.“20 In diesem detaillierten Bericht über die Schönheit der altgriechischen Sprache werden vier Ursachen für deren Schönheit angegeben: μέλος (Melodie), ῥυθμός (Rhythmus), μεταβολή (Vielfalt) und πρέπον (Angemessenheit) ( De compositione verborum 11). Besondere Betonung legt er in De compositione verborum (12) dabei auf das πρέπον, das determiniert, dass das „setting“ dem Redegegenstand angemessen und schicklich sein muss. Als wichtigstes Element einer Rede neben vornehmem Klang, herrschaftlichem Rhythmus und eindrucksvoller Vielseitigkeit ist das πρέπον ausgemacht, dessen diese drei bedürfen. Und so ist seine Definition von πρέπον als Hauptquelle literarischer Schönheit im 13. Kapitel seines Werkes ein ästhetisch-linguistischer Beitrag in Anbindung an Platon und Aristoteles.

Fasst man das altgriechische Konzept der Angemessenheit als rhetorisches Phänomen und Prinzip auf, darf nach πρέπον auch εἰκός nicht fehlen, dessen Bedeutung auch logische Wahrscheinlichkeit impliziert. In der Hauptepisode der Homerischen Hymnen wird diese Bedeutungsnuance deutlich, wenn argumentiert wird, dass Hermes nicht als Räuber der Kühe des Apollon gelten kann, da er als Baby einem Räuber nicht ähnelte, er ist also wahrscheinlich nicht der Täter. Bereits hier kann „Ähnlichkeit“ im Zusammenhang mit „logischer Wahrscheinlichkeit“ gedeutet werden. Εἰκός ist das Partizip Neutrum der (zweiten) Perfektform von ἔοικα mit präsentischer Bedeutung für „wahrscheinlich oder ähnlich sein“ und wird auch oft in der substantivierten Form als Nomen τό εἰκός für „Wahrscheinlichkeit, Glaubwürdigkeit und Angemessenheit“ verwendet. David C. Hoffman hat als älteren Hauptsinn von εἰκός „ähnlich sein“ bestimmt, das sich in Urteilen zur Angemessenheit in „To be similar to what is socially expected“ und in Urteilen über die Wahrheit von Begebenheiten in „To be similar to what is known to be true“ und in „To seem“ wandeln kann.21 In der Bedeutung der Angemessenheit schwingt implizit meist ein Vergleich mit: angemessen in Bezug auf etwas. Hoffman teilt in seinem Artikel diese Bezüge in Sitte (engl. custom ), Recht ( justice ), Charakter und soziale Postition ( character/position ) und Sachlage oder Umstände ( circumstance ) auf. Die Verbindung mit dem Vergleich ist nicht nur der Übersetzung geschuldet, sondern leitet sich auch aus dem Altgriechischen ab, das das Perfekt ἔοικα mit einer Dativ-Ergänzung vergleichend („ähnlich sein; gleichen“) und ohne Dativ, in absoluter Verwendung, normativ benutzt („angemessen sein“).22 Manfred Kraus führt als weitere Verwendung (S. 130) diejenige Platons im Phaidros (272d-273d) an, der εἰκός nicht als Wahrheit, sondern als das der Wahrheit Ähnliche, als das Glaubwürdige (τὸ πιθανόν) und als Meinung der Masse (τὸ τῷ πλήθει δοκοῦν) definiert. Als Äquivalent dazu dient das Adjektiv ἐπιεικής („schicklich, angemessen, geziemend“), das sich entweder in attributiver Position auf ein Nomen bezieht oder wie bei Homer, in parenthetischer Verwendung ὡς ἑπιεικές („wie es sich gebührt“) mit Infinitiv oder Accusativus cum Infinitivo auftaucht. Für Kraus (S. 136) ist das εἰκός in absoluter Verwendung (ohne eine Dativergänzung) mit der Bedeutung von ἑπιεικές identisch und zeigt auf, dass das εἰκός dasjenige billigt, das mit dem sozial und ethisch Erforderlichen in Einklang ist. Alle diese etymologischen Erkenntnisse, Verbindungen und Bedeutungsvarianten zeigen nach Kraus ein genuin rhetorisches Konzept von εἰκός auf, das eben nicht auf der Nähe zur Wahrheit beruht, sondern auf der Nähe zur Erfahrung des Publikums, zu dessen emotionaler Empfänglichkeit und zu seinen Verhaltensformen.23

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