1 ...6 7 8 10 11 12 ...17 Warnen möchte ich vor Tranquilizern wie Diazepam-Abkömmlingen. Solche Medikamente sind in Ausnahmezuständen angebracht. Sie gehören in Expertenhände, da sie ein verheerendes Suchtpotenzial haben, das leider auch von Ärzten noch immer unterschätzt wird. Dabei ist die Dosierung nicht entscheidend, denn auch in niedriger Dosierung ist die Suchtgefahr groß. Diese Mittel helfen schnell. Sie vermitteln aber eine trügerische Selbstsicherheit, die auf längere Sicht eher schadet, als dass sie nützt. Wer den schwierigen Entzug von Tranquilizern einmal miterlebt hat, weiß, wie quälend das Absetzen dieser Mittel für die Betroffenen ist.
Ich empfehle vielfach ein gutes Vitaminpräparat mit Mineralien und allen Vitaminen, insbesondere der B-Gruppe, um das Nervensystem zu stabilisieren. Auch homöopathische Mittel sowie Bach-Blütenessenzen können sehr hilfreich sein. Zur Unterstützung der Schilddrüse erfahren Sie mehr im Kapitel über den Umgang mit Körpersymptomen. Im Kapitel „Nervennahrung und Stärkungsmittel für die Seele“ habe ich verschiedene Stärkungsmittel angesprochen, die dazu beitragen, Ihren seelischen Stresszustand deutlich zu mildern.
Auch ist eine regelmäßige und ausgewogene Ernährungfür die Betroffenen wichtig. Schwerer Appetitmangel kann zu Entkräftung führen und schwächt das Nervensystem zusätzlich. Oft kann man mit der Gabe von Vitaminen, insbesondere der B- Gruppe, Mineralien und kleinen gesunden Köstlichkeiten den Appetit wieder anregen. In einem späteren Kapitel werde ich Genaueres dazu berichten.
Ein wichtiger Stressfaktor ist, dass manchen Menschen der Tagesrhythmusvöllig aus den Fugen geraten ist. Dann muss das Augenmerk besonders darauf gerichtet sein, wieder einen sinnvollen Ablauf und eine haltgebende Struktur in den Tag zu bekommen. Auch dazu weiter unten.
In der Depression ist der Mensch hauptsächlich mit Grübeln und Katastrophenfantasien beschäftigt. Das Denken ist dumpf, voller negativer Gedankenschleifen, und oft breitet sich eine bedrohliche Willen- und Gefühllosigkeit aus. Das normale Empfinden von Ganzheit, insbesondere das Körpergefühl, ist mehr oder weniger abhandengekommen. Daher braucht es ganz konkret „Standfestigkeit“ im Hier und Jetzt. Deshalb: Alles, was im Moment Ihr Körpergefühl und Ihr Gefühl für sich selbst verbessert, wirkt normalisierend auf Ihre Emotionen und Ihr Denken. Ich werde auf wohltuende Maßnahmen für das körperliche Wohl später genauer eingehen. Die Aufarbeitung von Problemen und Konflikten gilt es im Auge zu behalten, aber sie hat in der Regel Zeit. Allein die Erkenntnis: „Ja, meine Psyche und mein Körper haben einen guten Grund, warum sie sich im Moment so schlecht fühlen“, hilft, sich nicht für verrückt zu erklären. Insbesondere benötigen die Betroffenen Ruhe und Entspannung. Da Ruhe für viele jedoch am Anfang schwer auszuhalten ist, begnügen wir uns erst einmal damit, den Rhythmus zu verlangsamen. Wie kommt man in einen langsameren, harmonischeren Takt? Zunächst nur so viel:
Vereinfachen Sie Ihren Tagesrhythmus. Vermeiden Sie jede Hektik. Sagen Sie Unternehmungen ab, die sich nicht gut anfühlen: lästige Besuche, reine Pflichtveranstaltungen, Sondereinsätze und unnötige Aktionen. Beschränken Sie sich auf die elementaren Dinge Ihres Lebens wie das leibliche Wohl, Essen und Trinken, genug Schlaf, frische Luft und den harmonischen Wechsel zwischen Ausruhen und Beschäftigtsein.
Widmen Sie Ihrem Körper besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Gewöhnen Sie sich an, sich täglich viel in der Natur aufzuhalten. Den Wind auf der Haut zu spüren, die frische Luft zu riechen, natürliche Geräusche zu hören, all das bringt Sie auch wieder mit Ihrer eigenen Natur in Kontakt. Gehen Sie viel zu Fuß.Berühren Sie bewusst die Erde. Falls Sie das nicht absurd finden, setzen Sie sich immer wieder mal unter einen großen Baum und spüren Sie seinen Stamm in Ihrem Rücken. Das beruhigt. Gehen Sie, sofern es die Temperaturen zulassen, immer mal barfuß. Durch das Berühren der Erde und rhythmisches Gehen kommen Sie wieder in Kontakt mit sich selbst. Sie tanken neue Energie. Ihr Kopf wird freier und die Emotionen beruhigen sich.
Falls Sie nicht allein sein können, bitten Sie eine Person Ihres Vertrauens, vorübergehend bei Ihnen zu sein. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Wohnung oder Ihr Haus Ihnen einen sicheren, ruhigen Ort bieten, an dem Sie sich wohlfühlen.
Aufräumen und Sortierensind gute Tätigkeiten, um sich auch innerlich zu sortieren. Falls Sie im Rückstand sind mit wichtigen Dingen, die es zu erledigen gilt, lassen Sie sich von jemandem unterstützen, denn der zusätzliche Druck von schlechtem Gewissen oder Angst vor Versäumnissen bringt nur zusätzlichen Stress. Beginnen Sie mit Dingen, die für Sie im Moment am dringendsten sind. Alles andere lassen Sie so, wie es ist.
Manchmal reichen schon kleine Maßnahmen, um Ihnen eine Last von den Schultern zu nehmen. Manchmal sind jedoch auch bestimmte grundsätzliche Entscheidungen erforderlich, zum Beispiel die, eine Unterstützung für den Haushalt zu finden.
Ich erinnere mich an eine Frau, die durch den Verlust von Familienangehörigen in einen schweren Depressionszustand geraten war und kaum noch schlafen konnte. Sie hatte einen kranken Hund, der mit seinem schmerzbedingten Jaulen seit Jahren die gesamte Familie terrorisierte. Alle waren mit ihren Nerven am Ende und die Familie drohte an diesem Tier zu zerbrechen. Schon der Tierarzt hatte seit Monaten dazu geraten, den Hund von seiner Pein zu erlösen. Die Frau war aus nachvollziehbaren Gewissensgründen nicht in der Lage, sich dazu zu entschließen. Sie überschätzte aber auch ihre Fähigkeit, diesen quälenden Zustand weiter zu ertragen. Mit Unterstützung fand die Familie ein gutes Ritual, um sich von dem Tier zu verabschieden. Als im Haus erstmals seit Jahren Ruhe eingekehrt war, konnte die Frau sich langsam erholen und Schritt für Schritt ihre Probleme lösen. Manchmal zwingt uns die Erkrankung auch zu schweren Entscheidungen, die jedoch einen wichtigen Heilungsschritt einleiten .
Vor allem aber bringt der Entschluss, sich jetzt alle Zeit der Welt zu geben und sich selbst völlig in den Mittelpunkt des eigenen Lebens zu stellen, fast so etwas wie ein inneres Aufatmen. Hadern Sie nicht mit ihrer Situation. Sie können nichts dafür. Geduld fördert Ihren schrittweise vorangehenden Heilungsprozess. Vertrauen Sie darauf: In einem Halt gebenden Ambiente mit klaren Strukturen werden auch Sie wieder gesund!
Meine Empfehlung:
Stellen Sie sich folgende Fragen:
•Wie ist mein Schlaf?
•Wie steht es mit meiner alltäglichen Versorgung?
•Bin ich emotional stabil genug? Komme ich alleine zurecht?
•Fühle ich mich zu Hause sicher und geborgen?
•Gibt es dringende Entscheidungen, Erledigungen oder drohen Versäumnisse (Krankmeldung, Rechnungen, Geldangelegenheiten)?
•Habe ich in meiner Situation Verbündete, die mir Halt und Hoffnung geben?
Und dann sorgen Sie dafür, dass Sie den Rücken freibekommen und sich Unterstützung holen. Tun Sie es jetzt gleich! Etwas ist immer möglich, und wenn es nur die Notiz auf einem Zettel ist.
Trost und Halt auf dem Weg aus der inneren Einsamkeit
Zum Verständnis:
Depressive Menschen leiden vor allem unter einem quälenden Gefühl von Niedergeschlagenheit und Einsamkeit, das sich anfühlt, wie wenn jemand von sich selbst abgeschnitten ist. Es ist das Gefühl von Gefühllosigkeit , das so unerträglich ist und kaum richtig benannt werden kann. Manchen hat es geradezu „die Sprache verschlagen“. Um da herauszukommen, braucht man einen langen Atem. In diesem Prozess sind Menschen auf Trost und Halt von außen angewiesen, denn dadurch lassen sich Zuversicht und Hoffnung schöpfen. Gerade Trost ist ein Faktor im Heilungsprozess, dem in unserer technisierten Medizin kaum Bedeutung beigemessen wird. Erfahren Menschen Trost, so schöpfen sie wieder Hoffnung. Auf diese Weise hören die Alarmreaktionen im emotionalen Gehirn sofort auf und es kommt zur Regeneration der seelischen Kräfte.
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