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Gestalten die Partner ihre Kooperation als Contractual Joint Venture, lässt sich die Preisgabe sensibler Unternehmensdaten durch entsprechende vertragliche Gestaltung eher vermeiden, da die Sphären der Partner vermögensmäßig weitgehend getrennt bleiben. Auch ist die Diskretionüber den Bestand eines Contractual Joint Venture gegenüber dem Markt oder Rechtsverkehr insgesamt besser zu wahren, da es einer Handelsregistereintragung nicht bedarf, es sei denn, dass kartellrechtliche Vorschriften eine Offenlegung erfordern.[18]
2.1.10 Handelsvertreter, Vertriebspartner, Lizenzvergabe
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Wenn es dem stärkeren Partner einer Zusammenarbeit vordringlich um den Vertrieb eines Produktes geht, kommt auch die schuldrechtliche Kooperation mit einem Handelsvertreteroder einem Vertriebspartnerin Betracht. Beide Vorgehensweisen lösen, wie alle Contractual Joint Venture, weniger Investitionskosten aus, eröffnen andererseits aber weniger Kontrolle über die Art und Weise der Vermarktung des Produktes als dies bei einem Equity Joint Venture der Fall wäre.
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Als weitere Spielart der Kooperation ohne Kapitalbeteiligung kommt die Vergabe einer Lizenzdes stärkeren Partners, der etwa die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern sucht, in Frage. Insbesondere durch Franchisingkann auch ein gewisser Einfluss auf die Entwicklung der Geschäftstätigkeit gesichert werden. Im Vergleich zum Equity Joint Venture muss in erheblich geringerem Maße Kapital gebunden und Personal gestellt werden; auch der Managementaufwand ist signifikant geringer.
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Dafür sind die Möglichkeiten des Partners, am wirtschaftlichen Erfolgdes Lizenznehmers zu partizipieren, auf die Höhe der jeweils ausbedungenen Lizenzgebühr beschränkt. Als Gesellschafter einer Joint Venture Gesellschaft kann er durch sein Dividendenbezugsrecht umfassender an Gewinnchancen partizipieren.
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Auch bestehen kaum Steuerungsmöglichkeitendes Lizenzgebers. Regelmäßig hat dieser keine Einsicht in betriebswirtschaftliche Informationen und in die Unternehmensstrategie des Lizenznehmers. Im Falle des Equity Joint Venture hingegen stellt grundsätzlich jeder Partner auf Ebene der Joint Venture Gesellschaft Teile des Managements und kann darüber hinaus die jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte geltend machen. Hierdurch kann er substantiell mehr Einfluss auf die Geschäftsentwicklung des Vorhabens nehmen als er dies auf der Grundlage eines Lizenz- oder Franchisevertrags könnte.
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Im steuerlichen Bereich steht die eventuell hohe Besteuerungvon Lizenzgebühren im Rahmen des Contractual Joint Venture den möglicherweise zu erzielenden Steuervorteilen durch Gewinnthesaurierung und steuerbegünstigte Gewinnausschüttung auf Ebene der Joint Venture Gesellschaft gegenüber.[19]
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Im Technologiebereich besteht die Gefahr der Weitergabe oder eigenen Nutzung des Know-howdurch den Vertriebspartner,[20] jedoch ist der Zugang des Partners zu bestimmtem Know-how auch im Equity Joint Venture kaum vermeidbar. In beiden Fällen ist sorgsam darauf zu achten, dass die eigenen wirtschaftlichen Vorteile überwiegen und nicht der andere Partner nach Beendigung der Kooperation am Ende gestärkt aus der gemeinsamen Aktivität hervorgeht.
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Gerade bei einem Engagement im Auslandist es jedoch aus Gesichtspunkten der Risikobegrenzung häufig ratsam, zunächst eine Zusammenarbeit ohne Kapitalbeteiligung durch Contractual Joint Venture einschließlich Lizenzvergabe oder Franchising anzustreben und erst nach positiver Einschätzung des betreffenden Marktes im nächsten Schritt eine Kapitalbeteiligung an einer Auslandsgesellschaft (sei es als Tochtergesellschaft oder als Joint Venture Gesellschaft) anzustreben.[21]
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Aus Sicht des Lizenznehmers ist der Vorteil unternehmerischer Autonomie gegen die Nachteile abzuwägen, weitgehend auf sich selbst gestellt zu sein und – anders als beim Equity Joint Venture – keinen Zugriff auf Managementassistenz durch den Partner zu haben.
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Im Überblick stellen sich Vor- und Nachteile der verschiedenen Kooperationsformen wie folgt dar:
Abb. 2: Abgrenzung Lizenzvergabe/Franchising (als Beispiel eines Contractual Joint Venture) zum Equity Joint Venture
Lizenzvergabe/Franchising |
Beteiligung am Equity Joint Venture |
keine Kapitalbindung |
Kapitalbindung |
limitierte Partizipation am wirtschaftlichen Erfolg über Lizenzgebühr |
Partizipation an Gewinnchancen (Dividenden) und Verlustrisiken |
unternehmerisches Risiko weitgehend auf Seiten des Lizenznehmers |
allgemeines Unternehmerrisiko |
geringe Personalbindung |
Personalbindung |
geringe (oder keine) Kontrolle über Lizenznehmer |
Kontrolle durch Mitwirkung in Organen (Geschäftsführung, Aufsichtsrat/Beirat, Gesellschafterversammlung) |
wenig (oder keine) Einsicht in Kalkulation und Unternehmensstrategie des Lizenznehmers |
(gesetzliche) Informationsansprüche als Gesellschafter der Joint Venture Gesellschaft |
Bindung zeitlich limitierbar |
erhöhte Bindung durch Kapitalverflechtung |
weniger Vertrauen |
erhöhter Zwang zur vertrauensvollen Zusammenarbeit |
Lizenznehmer weitgehend auf sich selbst gestellt |
Managementassistenz |
eventuell hohe Besteuerung von Lizenzgebühren |
eventuell Steuervorteile durch Gewinnthesaurierung und steuerbegünstigte Dividendenausschüttung |
grundsätzlich Kündigung möglich |
Beendigung aufgrund von Kapitalverflechtung erschwert |
2.2 Abgrenzung zum Beteiligungskauf
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Fasst ein Partner die Beteiligung an einer Joint Venture Gesellschaft ins Auge, so sollte zuvor eine sorgfältige Prüfung stattfinden, ob die erstrebten wirtschaftlichen Ziele nicht einfacher durch einen Beteiligungskauferreicht werden können.[22] Bei beiden Varianten handelt es sich um verschiedene Formen der Umsetzung wirtschaftsstrategischer Ziele durch den teilweisen oder vollständigen Erwerb eines Vehikels.
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Die Frage, ob eine Joint Venture Gesellschaft oder eine direkt erworbene Beteiligung das geeignete Vehikelist, wird insbesondere in Fällen eine Rolle spielen, wo ein größeres, wirtschaftlich potentes Unternehmen mit einem kleineren Unternehmen eine Zusammenarbeit sucht oder einer der Partner einen deutlich stärkeren Beitrag zu bringen bereit ist als der andere. In Konstellationen, in denen beide Partner in etwa gleich stark sind oder einen etwa gleich gewichtigen Beitrag für eine bestimmte Kooperation einbringen wollen, spricht vieles für ein Joint Venture.
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Der Vorteil des Erwerbs sämtlicher Anteile an einer Gesellschaft oder einer Beteiligung, die die qualifizierte Mehrheit vermittelt, liegt in der Beherrschungdes Unternehmens und der Kontrolle über dessen weitere Entwicklung.
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Ein Beteiligungserwerb ist insbesondere dann in Erwägung zu ziehen, wenn derjenige Bereich des Unternehmens, mit dem die Zusammenarbeit gesucht wird, über eine besondere Firmenkulturverfügt, die nicht beschädigt oder gar zerstört werden soll. Würde die Einbringung eines Geschäftsbereichs in eine Joint Venture Gesellschaft die Firmenkultur gefährden oder wichtige Arbeitnehmer demotivieren, wird es sinnvoller sein, die Zielgesellschaft als solche bestehen zu lassen und lediglich eine Beteiligung daran zu erwerben.
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Dagegen kann bei internationalen Joint Venturedie Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner anstelle der Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft erforderlich sein, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Gastlandes zu durchdringen und geeignete Kontakte zu lokalen Behörden und zur vor Ort ansässigen Industrie herzustellen. In einigen Staaten ist eine solche Kooperation ohnehin gesetzlich vorgeschrieben.[23]
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