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Stellt der Unternehmenskauf einen sog. Zusammenschlusstatbestand dar und erfüllen die hieran beteiligten Unternehmen die sog. Aufgreifschwellen, ist die Transaktion bei den zuständigen Kartellbehörden anzumelden und von diesen freizugeben, d.h. zu genehmigen.[3] Ziel der kartellrechtlichen Due Diligence ist es zum Einen, zu untersuchen, ob das Zielunternehmen in der Vergangenheit die erforderlichen fusionskontrollrechtlichen Anmeldungen vorgenommen hat. Ist dies nicht der Fall, kann sich dies ganz erheblich auf die Bewertung des Zielunternehmens auswirken. Denn ein Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften führt regelmäßig zur Unwirksamkeit des dinglichen Erwerbsgeschäfts und kann darüber hinaus Bußgelder in empfindlicher Höhe nach sich ziehen.[4]
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Zum anderen muss der Käufer im Rahmen der kartellrechtlichen Due Diligence prüfen, ob der geplante Unternehmenskauf der Fusionskontrolle unterliegt und, wenn dies der Fall ist, ob materiell hinreichende Aussichten auf eine Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden bestehen. Hierzu sind Marktdaten des Zielunternehmens erforderlich. Da bereits der bloße Austausch von sensiblen Geschäftsgeheimnissen zwischen Wettbewerbern kartellrechtlich kritisch sein könnte,[5] kann es sich empfehlen, derartige Daten grundsätzlich nur externen Beratern gegenüber offen zu legen.[6] Soweit dies nicht möglich ist, muss der Kreis der Personen, die auf Seiten des Käufers Zugang zu sensiblen Informationen erhalten, möglichst eng begrenzt werden. Auch darf es sich nur um Personen handeln, welche die Informationen auch vertraulich halten können. Sie dürfen also beim Käufer nicht unmittelbar in die Preissetzung von Wettbewerbsprodukten eingebunden sein.
[1]
Bis zum Inkrafttreten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) im Rahmen des Vertrags von Lissabon war das Kartellverbot in Art. 81 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) geregelt.
[2]
Das Missbrauchsverbot des deutschen Kartellrechts erfasst nicht nur marktbeherrschende Unternehmen, sondern auch sog. marktstarke Unternehmen, s. § 20 Abs. 2 GWB.
[3]
S. im Einzelnen 11. Kap. Rn. 2 ff.
[4]
S. im Einzelnen 11. Kap. Rn. 116 f.
[5]
S. zuletzt EuGH 4.6.2009, Rs. C-8/08 – T-Mobile Netherlands.
[6]
Dazu Besen/Gronemeyer CCZ 2009, 67.
VIII. Versicherungsrechtliche Aspekte
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Erforderlich ist eine Bestandsaufnahmedes aktuellen Versicherungsschutzesdes Kaufobjektes. Hierbei ist eine Aufstellung der bestehenden Versicherungsverträge unter Angabe des Versicherers, der gedeckten Risiken und der bezahlten und ausstehenden Prämien hilfreich. Im Rahmen der Due Diligence besteht Gelegenheit, den Versicherungsschutz und das Prämienniveau zu überprüfen, Risiken aufzuzeigen und etwaige Anpassungsmaßnahmen vorzubereiten.[1] Die Kündigungsfristender einzelnen Versicherungen sind zu berücksichtigen. Insbesondere beim Asset Deal ist die Vorschrift des § 95 VVG zu beachten. Danach tritt der Erwerber von schadensversicherten Sachen in die sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein (§ 95 Abs. 1 VVG) und haftet für die Prämien (§ 95 Abs. 2 VVG). Zwar steht dem Erwerber ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 96 Abs. 2 VVG zu, jedoch ist die kurze Kündigungsfrist von einem Monat nach dem Erwerb des versicherten Kaufobjektes für eine Entscheidung oft nicht ausreichend. Die Veräußerung ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, da der Versicherer andernfalls unter bestimmten Umständen die Leistung bei Eintritt des Versicherungsfalls verweigern kann (§ 97 VVG).
[1]
Berens/Brauner/Strauch S. 467 f.
IX. Öffentlich-rechtliche Aspekte
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Beim Unternehmenskauf ist eine Prüfung der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen unverzichtbar. Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften können mit hohen Bußgeldern belegt werden. Je nach Verstoß können Behörden auch eine – im Worst Case dauerhafte – Stilllegung einzelner Betriebe oder Anlagen verfügen.
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Für das Zielunternehmen und dessen Betriebsstätten sind insbesondere die baurechtlichen Vorgaben im Hinblick auf die bestehende und eine zukünftige Nutzung relevant. Dazu sollte die bauplanungsrechtliche Situation der Betriebsstätten und deren angrenzende Umgebung durch Prüfung der Darstellungen des Flächennutzungsplans und – sofern vorhanden – der Festsetzungen des Bebauungsplans festgestellt werden. Trotz der Bereitstellung bauplanungsrechtlicher Unterlagen auf Webseiten oder in online einsehbaren „Geo-Portalen“ empfiehlt es sich, eine bauplanungsrechtliche Anfrage unter genauer Bezeichnung der Liegenschaft zu stellen. Denn für online bereitgestellte Unterlagen übernehmen die Gemeinden regelmäßig keine Haftung hinsichtlich Aktualität und inhaltlicher Richtigkeit.
Angezeigt ist auch eine Prüfung der Bau – und sonstigen G enehmigungenfür die baulichen Anlagen, insbesondere im Hinblick darauf, ob alle behördlichen Auflagen und Nebenbestimmungen erfüllt sind und – sofern für den laufenden Betrieb relevant – fortlaufend eingehalten werden. Zudem sollte geprüft werden, ob die behördlichen Schlussabnahmescheine vorliegen. Denn diese stellen ein gewichtiges Indiz für eine genehmigungskonforme Errichtung dar.
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Daneben kann die Unternehmenstätigkeit von dem Vorliegen weiterer öffentlich-rechtlicher Genehmigungen abhängig sein, z.B. für Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz oder personen- bzw. sachbezogenen Konzessionen des Gewerbe– oder Gaststättenrechts oder solcher nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz.[1]
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Zu prüfen ist auch, ob das Zielunternehmen die gesetzlichen Vorgaben für die Bereiche Arbeitsplatzsicherheit, Brandschutz, Unfallverhütung, Lärm- und Emissionsschutz etc. erfüllt.[2] Dazu gehört auch – soweit im Einzelfall einschlägig – die Bestellung von Betriebsbeauftragten, z.B. Betriebsarzt, Beauftragte für Arbeitssicherheit, Abfall, biologische Sicherheit, Brandschutz, Datenschutz, Gefahrgut, Immissionsschutz, Laserschutz, Gewässerschutz, Sicherheit, Strahlenschutz, Störfall oder einer Vertretung für Schwerbehinderte.[3] Verstöße können mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden.
Falls Steuern und Sozialabgaben in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß abgeführt wurden, drohen Nachforderungen der Finanzverwaltung oder der Sozialversicherungsträger. Eine mögliche Strafbarkeit gem. § 266a StGB kann die Folge sein. Streit entsteht häufig über die Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern, die Anteile an der Gesellschaft halten.
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Abzuklären ist auch, dass die Voraussetzungen für in Anspruch genommene Fördermittel erfüllt und nicht entfallen sind. Andernfalls droht eine Verpflichtung zur Rückzahlung.[4]
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Beim Beteiligungserwerb an einer GmbH, an der öffentliche Anteilseigner beteiligt sind ( gemischtwirtschaftliche Unternehmen), sind die aus deren Staatsnähe resultierenden Besonderheiten zu beachten.
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Gemischtwirtschaftliche Unternehmen stellen eine institutionalisierte Form der „ Public-Private-Partnership“ dar, also einer Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit der privaten Wirtschaft. Dabei geht es um Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge, z.B. in den Bereichen von Krankenhäusern, Kultureinrichtungen, Verkehrsinfrastruktur, Entsorgungsbetriebe sowie Versorgung. Bei einem Beteiligungserwerb ist stets zu prüfen, ob solche Unternehmen nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Vorgaben zulässig betrieben werden dürfen. Denn bei einer unzulässigen, gegen die im Einzelfall einschlägige Subsidiaritätsklausel[5] verstoßenden kommunalen Wirtschaftstätigkeit droht eine Untersagung durch die Kommunalaufsicht.[6]
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