Bei der Einschaltung externer Beratersollten die Beteiligten darauf achten, dass diese über Erfahrungen im M&A-Bereich verfügen. Größere Kanzleien haben diesen Bereich mit Spezialisten besetzt; kleinere verfügen häufig über ein Netzwerk und sind hierdurch in der Lage, ein kompetentes Beraterteam zu formieren, das sich der Transaktion in qualifizierter Weise annimmt. Wiederum andere haben sich auf das M&A-Geschäft spezialisiert.
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Doch selbst wenn die erforderliche Expertise im Unternehmen vorhanden ist, werden in der Regel außenstehende Berater zugezogen, auch aus haftungsrechtlichen Gründen. Denn die Geschäftsführer sind verpflichtet, sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Informationen auszuschöpfen und sich neue entscheidungsrelevante Informationen zu verschaffen. Dazu gehört auch, sachverständige Beratung einzuholen.[2] Nach der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geregelten und für das GmbH-Recht entsprechend anwendbaren „Business Judgement Rule“liegt eine Pflichtverletzung des GmbH-Geschäftsführers dann nicht vor, wenn er bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.
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Kluge Berater vermeiden Rivalitäten; ihr Ziel ist der sachgerechte Abschluss der Transaktion. Sie verstehen sich mehr als Projektmanager denn als Vertrags- oder Steuertechniker.
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Honorarfragensind ein nicht unwesentliches Kriterium bei der Auswahl geeigneter Berater. Ein Beautycontest kann hilfreich sein, verbietet sich aber häufig schon deshalb, weil die Transaktion nicht zu früh an die Öffentlichkeit gelangen soll. Gleichwohl können geeignete Berater vertraulich oder in anonymisierter Form angefragt und um Mitteilung ihrer Honorarvorstellungen gebeten werden. Diese können ein Indiz für die Expertise sein.[3] Doch muss stets im Auge behalten werden, dass Honorare nur einen Bruchteil der Transaktionskosten darstellen und die Qualifikation der Berater entscheidend sein sollte. Denn bekanntlich ist guter Rat teuer, schlechter Rat jedoch noch teurer; und das gilt auch beim Unternehmenskauf.
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Wenn die Parteien Berater einschalten, ist es zwingend, mit diesen einen schriftlichen Beratungsvertragabzuschließen und darin auch die Haftungsfragen zu regeln. Dies ist auch im Interesse des Beraters, der nur seinem Auftraggeber und nicht weiteren Beteiligten (z.B. den finanzierenden Banken) gegenüber haften will, es sei denn, er übernimmt mittels eines Reliance-Lettersauch diesen gegenüber – zumeist unter Einschränkungen – die Verantwortung für seine Arbeitsergebnisse.
[1]
Vgl. Hölters Teil I Rn. 102 ff.
[2]
Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt § 43 Rn. 70, 71; BGH ZIP 2008, 1675, 1676; vgl. BGHZ 197, 304; Fleischer ZIP 2005, 141, 149.
[3]
Vgl. die Muster für Rechts- und Steuerberatungsverträge in Anh. 2 und 3.
I. Ermittlung der Ziele von Käufer und Verkäufer
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Die Erwerbszielesind für die Berater des Käufers die maßgebliche Richtschnur. Mit ihr müssen sie die rechtlichen und steuerlichen Möglichkeiten zur Umsetzung – etwa den Erwerb einer Unternehmenseinheit, einer Beteiligung am Unternehmensträger oder die Vereinbarung eines Joint Venture – aufzeigen und das Anforderungsprofil bestimmen. Die Erwerbsziele sind ferner entscheidend für die Prüfung des Zielunternehmens in strategischer, betriebswirtschaftlicher, technischer, rechtlicher und steuerlicher Hinsicht sowie dafür, ob ein Kaufvertrag nach erfolgter Auswertung aller Informationen zustande kommt.
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Das Anforderungsprofil des Zielunternehmens wird vom Käufer erstellt. Dafür sind die so genannten qualifying criteria, also die im Hinblick auf die zu erreichenden Ziele als unverzichtbar erachteten Anforderungen an das Zielunternehmen – wie z.B. Branche, Produktpalette, Marktanteil, Unternehmensgröße oder Standort – zu bestimmen.[1] Ergänzt wird dieses Idealprofil durch die Aufnahme weiterer, jedoch nicht unumstößlicher Wunschkriterien.
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Der Berater muss klären, mit welcher Prioritätder Käufer seine Ziele erreichen will, und im Laufe der Transaktion immer wieder prüfen, ob diese Prioritätenliste noch eingehalten ist oder ob der emotionale Wunsch, das Zielunternehmen zu besitzen, die Oberhand gewonnen hat. Strebt der Käufer eine unternehmerische Einflussnahmean, so stellt der Asset Deal häufig die einfachste Form der Umsetzung dar; denn mit dem Erwerb aller für die Fortführung des Unternehmens notwendigen Vermögensgegenstände und Vertragsverhältnisse erhält der Käufer den alleinigen unternehmerischen Einfluss. Beim Share Deal ist dieses nur dann der Fall, wenn der Käufer 100 % der Geschäftsanteile an dem Unternehmensträger erwirbt. Geringere Einflussstufen stellen der Erwerb von mehr als 75 % (qualifizierte Mehrheit), mehr als 50 % (einfache Mehrheit) sowie von mehr als 25 % (Sperrminorität) und weniger als 25 % (einfache Minderheit) dar. Doch ist der Grad des späteren unternehmerischen Einflusses nur mit Vorbehalt an der Höhe der kapitalmäßigen Beteiligung zu messen. Denn der tatsächliche Einfluss ist von der Ausgestaltung des GmbH-Gesellschaftsvertrages abhängig. So hilft der Erwerb der einfachen Mehrheit nicht weiter, wenn die Satzung für Gesellschafterbeschlüsse ein höheres Quorum vorsieht. Zudem kann die Satzung von der gesetzlichen Stimmkraftregelung abweichen (§ 45 Abs. 2 GmbHG). Möglich sind etwa Stimmrechte nach Köpfen, Mehrfachstimmrechte für einzelne Anteile, Höchststimmrechte, welche die Stimmenzahl je Gesellschafter beschränken, und stimmrechtslose Anteile.[2]
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Ein Finanzinvestor wird auch ein Ausstiegsszenario ( „Exit“) im Auge haben. Um dieses zu realisieren, müssen häufig schon bei dem Beteiligungserwerb die Weichen richtig gestellt werden.
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Die Ziele des Verkäufersgestalten sich vergleichsweise einfach, denn er strebt regelmäßig einen hohen und fixen Kaufpreis bei möglichst geringen Gewährleistungsverpflichtungen an. Zuvor muss er jedoch die Größenordnung der abzugebenden Beteiligung festlegen, die u.a. davon abhängt, ob er seinen unternehmerischen Einfluss bewahren (zur Verhandlung steht dann lediglich eine Minderheitsbeteiligung) oder diesen abgeben oder das Unternehmen vollständig veräußern will. Darüber hinaus kann der Schutz seines guten Namens eine Rolle spielen, z.B. wenn das zu veräußernde Unternehmen sein Lebenswerk darstellt und der Erwerber dieses in seinem Sinne weiterführen soll. Bisweilen kommt es vor, dass die Veräußerung an einen ungeliebten Wettbewerber von vornherein ausgeschlossen ist.
[1]
Römermann/ Picot Münchener Anwaltshandbuch GmbHG, § 21 Rn. 13-17.
[2]
MünchKomm GmbHG/ Drescher § 47 Rn. 47-49.
II. Beratung und Planung im vorvertraglichen Bereich
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Im vorvertraglichen Bereich müssen das Informationsinteresse des Käufersund das Geheimhaltungsinteresse des Verkäufersin Einklang gebracht werden. Zur Förderung des Informationsflusses ist die Einrichtung eines heute zumeist elektronisch basierten Data Rooms zumeist unerlässlich. Für Informationen, die höchster Vertraulichkeit unterliegen, ist die Einschaltung eines zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten neutralen Dritten[1] hilfreich und vertrauensbildend. Ferner hat sich der Abschluss von Geheimhaltungs- und Unterlassungsvereinbarungen[2] bewährt.
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Eine wesentliche Tätigkeit des Beraters besteht sowohl auf Seiten des Verkäufers als auch des Käufers in der logistischen Vorbereitung der Due Diligence(z.B. durch Auflistung der benötigten Daten und Unterlagen oder Beauftragung von Sachverständigen) und der anschließenden Auswertung der Ergebnisse. Auf Seiten des Verkäufers hat sich die Vendor Due Diligence[3] bewährt, die im Vorfeld der Verkaufsaktivitäten dazu dient, die Verhältnisse des Unternehmens in rechtlicher, steuerlicher und markttechnischer Hinsicht zu ordnen und seine Attraktivität am Markt herauszuarbeiten. Nicht selten stellen sich hierbei Versäumnisse der Vergangenheit als klärungsbedürftig heraus. Wurden etwa bei Anteilsübertragungen Vorkaufsrechte anderer Gesellschafter missachtet? Oder bei einer Kapitalerhöhung deren Bezugsrecht? Wurden Treuhandverträge wirksam abgeschlossen oder liegen Verfügungen des nicht wirksam installierten Treuhänders vor? Wurden die Auflagen aus Betriebsprüfungen vergangener Jahre abgearbeitet? Gibt es Streit mit wesentlichen Vertragspartnern des Unternehmens, der im Vorfeld des Verkaufsprozesses im Vergleichswege beigelegt werden sollte statt den Streitstoff im Transaktionsprozess erklären und sich für die hieraus erwachsenden Risiken Rückstellungen oder Einbehalte abhandeln lassen zu müssen? Genügt der Mietvertrag über das Betriebsgelände der Schriftform des § 550 BGB? Liegen alle für den Betrieb erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen vor?
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