Vor 4,5 Milliarden Jahren schienen im System einer gelben Sonne vom Spektraltyp G 2/V am inneren Rand des Orionarms der Milchstraße die vielfältigen kosmischen Rahmenbedingungen weitgehend erfüllt gewesen zu sein. Es war der dritte Planet der noch jungen solaren Welt, der sich im Laufe der Zeit zu einem grandiosen Schauplatz für das Wirken des Schöpfertums der Evolution und die Entfaltung ihrer Wunderwerke entwickeln sollte.
Die Ausformung des Systems Erde-Mond in einer Entfernung von reichlich acht Lichtminuten vom Zentralgestirn könnte nach dem Einschlag von Theia, einem etwa Mars großen Protoplanten, im Hadaikum stattgefunden haben. Nach diesem gewaltigen Impakt-Ereignis verdichteten sich die herausgeschleuderten Magma-Massen zu einem Trabanten, der den Planeten Erde fortan begleiten würde. Durch das Ereignis beschleunigte sich die Erdrotation. Der Tag verkürzte sich auf ungefähr zehn Stunden. Der junge entstandene Mond muss damals viel größer als heute am fahlen feuerfarbenen Himmel geleuchtet haben, weil er die Erde auf einer engeren Umlaufbahn umkreiste. Am Ende des ersten Erdzeitalters, dem Hadaikum, hatte sich der Planet vermutlich so weit abgekühlt, dass die sich in der Atmosphäre angereicherten Wassermassen abregnen konnten. Infolgedessen begann sich auf der Oberfläche des Planeten ein gewaltiger Ozean auszubreiten.
Zu Beginn des Archaikums vor etwa 3,8 Milliarden Jahren fand in einer stickstoffreichen schwefeligen Atmosphäre ohne Sauerstoff zunächst eine chemische Evolution statt. Heftige Gewitter und eine intensive Gamma-Strahlung schufen unter einem fortwährenden kosmischen Bombardement von Asteroiden, Kleinplaneten und Kometen die erforderlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Lebens. Kurze Zeit später scheint sich das Leben auf der Erde dann tatsächlich etabliert zu haben. 3,5 bis 3,7 Milliarden Jahre alte fossile Spuren lassen das zumindest vermuten.
Am Anfang der evolutionären Geschichte auf der Erde standen Einzeller wie Bakterien und Archaeen sowie die mysteriösen Viren. Bei den Viren sind sich die Biologen aufgrund des fehlenden Stoffwechsels bis heute allerdings nicht einig, ob diese überhaupt dem (normalen) Leben zuzurechnen sind.
Nach diesem Schöpfungsakt verharrte die Evolution im Urozean jedoch 1,5 Milliarden Jahre lang in einer unbegreiflichen Starre und Untätigkeit. Es ist bis heute rätselhaft, warum sie so lange gebraucht hat, um nach den ersten erfolgreichen Schritten das Alphabet der Biochemie mit DNS, RNS, Proteinen und Nukleotiden zu buchstabieren und die Dynamik genetischer Veränderungen zu begreifen. Warum nur hat die Evolution so viele Millionen Jahre innegehalten, ohne wirksam und nennenswert zu experimentieren, zu probieren und zu perfektionieren? Nun, der Grund für diesen langen evolutionären Dornröschenschlaf wird wohl für immer ihr Geheimnis bleiben!
Die evolutionäre Schöpfungspause endete zu Beginn des Proterozoikums. Vor etwa 2,5 Milliarden Jahren entstanden mit den Eukaryoten die ersten komplexen Vielzeller und Ahnen jeglichen höheren Lebens auf der Erde. Gleichzeitig ereignete sich Dramatisches! Durch die Fotosynthese der Cyano-Bakterien und später von Algen gelangte nach und nach mehr Sauerstoff in die Atmosphäre. Er vergiftete zunehmend die Lebensgrundlage der marinen Einzeller und raffte die Pioniere des Lebens dahin. Der trotz weltweiter Oxidationsprozesse ansteigende Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre und die sich bildende Ozonschicht eröffneten der Evolution neue Perspektiven. Sie entwickelte vor 1,2 Milliarden Jahren die Mehrzelligkeit der Pflanzen und reichlich 400 Millionen Jahre später jene der Tiere. Daneben erschuf sie das geheimnisvolle Reich der Pilze. Schließlich sorgte sie dafür, dass mit der sexuellen Fortpflanzung und der Zellspezialisierung der Tod des Individuums in die biologische Welt Einzug hielt. Aber auch tief unter der Erdoberfläche fanden Prozesse statt, die für das Leben bedeutsam waren.
Die Entstehung des Minerals Perowskit verstärkte vor reichlich drei Milliarden Jahren die Umwälzungsvorgänge im Erdmantel. Der daraufhin einsetzende Vulkanismus begünstigte das Anwachsen der kontinentalen Landmassen. Vor etwa einer Milliarde Jahren war der Erdkern schließlich so weit abgekühlt, dass er im Zentrum erstarrte. Dadurch wurden die Konvektionsmuster in der flüssigen äußeren Schale des Erdkerns regelmäßiger und begannen ein Magnetfeld zu erzeugen. Dieses Feld schirmte die kosmische Strahlung und den Partikel-Strom des Sonnenwindes ab und ermöglichte dem Leben künftig die Eroberung des Festlandes. Die stille und nachhaltige Veränderung des Lebens im Ozean vollzog sich unter schwierigen globalen Bedingungen. Am Anfang des Proterozoikums schlugen vermutlich die letzten großen Asteroiden auf der Erde ein. Danach herrschte lange Zeit ein kühles Klima. Die irdische Plattentektonik formte den Superkontinent Rodinia, der zeitweilig von mächtigen Gletschern bedeckt war. Der Ozean Monrovia, der den Kontinent umspülte, scheint vor 700 bis 800 Millionen Jahren selbst am Äquator bis zu zwei Kilometern tief gefroren gewesen zu sein. Doch trotz dieser unwirtlichen globalen Bedingungen reiften im letzten Abschnitt des Präkambriums, der Ediacara-Epoche, gewaltige evolutionäre Veränderungen heran, die sich im darauffolgenden Erdzeitalter beeindruckend entfalten sollten.
Im Kambrium (vor 541 bis 488 Millionen Jahren) überraschte die Architektin und Baumeisterin des Lebens die biologische Welt mit unerwarteten Innovationen und Inspirationen. Mit einem Schlag tauchten innerhalb kurzer Zeit nahezu alle heute bekannten Tierstämme auf. Die evolutionären Ideenblitze der kambrischen Radiation lösten eine explosive Entwicklung des irdischen Lebens aus. Zwar hatten nicht alle evolutionären Innovationen des Kambriums Bestand, aber die Erfindung des Außenskeletts, die zu den Gliedertieren führte, und die eines inneren Skeletts, die die Wirbeltiere hervorbringen sollte, bedeuteten faunistische Weichenstellungen. Im Kambrium entstand auch ein völlig neues biologisches Existenzschema. Fortan waren in der irdischen Fauna Räuber und Beute zu unterscheiden. Diese biologischen Antipoden sollten in den folgenden 500 Millionen Jahren in einen nicht enden wollenden evolutionären Aufrüstungswettstreit eintreten und vielfältige Angriffs- und Verteidigungswaffen entwickeln und perfektionieren.
Auch in den darauffolgenden Epochen des Paläozoikums (Erdaltertum), vom Ordovizium bis zum Perm, entwarf die Evolution intelligente Baupläne und schuf emsig, einfallsreich und unermüdlich großartige Stammbäume. Dabei hauchte sie so mancher bemerkenswerten Art Leben ein und gab ihrem Dasein eine Perspektive in einer biologischen Zukunft.
Im Ordovizium gedieh das Leben noch nahezu ausschließlich im Ozean. Es entstanden gewaltige Kopffüßer wie die Trilobiten und die ersten Fische. Im Silur begannen komplexer gebaute Gefäßpflanzen, Gliederfüßer und Weichtiere das Land für das Leben zu erobern. Der Landgang der Organismen in die noch sauerstoffarme Zone des Festlandes setzte sich im Devon fort. Gleichzeitig entfaltete sich in den Meeren, Flüssen und Seen eine ungeheure Vielfalt von Fischen. Im Karbon, dem großen Zeitalter der Amphibien, konnte sich das Leben schließlich fest an Land etablieren. Dank der Erfindung des hartschaligen Eies wurden die Reptilien von der Bürde einer an das Wasser gebundenen Fortpflanzung befreit. Erstmals bedeckten ausgedehnte Wälder aus Bärlapp-Gewächsen, Schachtelhalmen und Farnen die Kontinente. Aufgrund des hohen Sauerstoffgehaltes der Atmosphäre von über 30 % gelang es den Insekten, erstaunliche Riesenformen zu entwickeln. Im darauffolgenden Perm-Zeitalter vereinigten sich die Landmassen erneut zu einem Superkontinent. Die Bildung von Pangaea hatte globale Folgen für das Klima. An den Rändern des Kontinents war das Klima feucht und warm, sodass dort subtropische und tropische Bedingungen herrschten. Im Innern der Landmasse aber erstreckten sich lebensfeindliche Wüsten aus Felsen, Sand, Schnee und Eis.
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