Der Tod macht vielleicht keinen Urlaub, er reist aber unter verschiedenen Namen
Hades trug mitunter auch den Namen Pluto, ein Wort, das mit dem griechischen Wort »plutos« verwandt ist, was so viel wie Reichtum bedeutet. Gold, Silber und Edelsteine kommen aus der Erde, also aus Hades’ Reich. Hades wird manchmal in Anspielung auf den goldenen Streitwagen, in dem er herumfuhr, auch »der mit den goldenen Zügeln« genannt. Er trägt außerdem den Beinamen »Der Wärter«, da es ja seine Aufgabe ist, über die Toten in der Unterwelt zu wachen. Diese Beinamen geben einen Hinweis darauf, dass Hades damals keinen so üblen Ruf gehabt haben kann, was man ja bei einem wie ihm leicht vermuten könnte. Man darf ihn sich nicht als eine griechische Ausgabe von Satan vorstellen; sein Totenreich ist auch nicht mit der christlichen Vorstellung der Hölle vergleichbar: Der Weg in die Unterwelt war der gleiche für alle Sterblichen. Es gab keine Trennung in gute und schlechte Menschen. Nur besonders böse Übeltäter erfuhren manchmal eine spezielle Behandlung.
Hades war mit Persephone verheiratet, der Tochter Demeters. Leider versäumte es Hades, Persephone auch förmlich um ihre Hand zu bitten. Stattdessen raubte er sie einfach, als sie eines Tages mit ihren Freundinnen Blumen auf einer Wiese pflückte, und entführte sie in sein Reich. Ihre Mutter Demeter war darüber so empört, dass sie sich ein Jahr lang weigerte, ihren Aufgaben nachzukommen. Also musste Zeus Hades darum bitten, Persephone wieder ihrer Mutter zu übergeben.
Bevor sie Hades verließ, bat er sie darum, ihn in trauter Erinnerung zu bewahren, und gab ihr einen Granatapfel zu essen. Der Granatapfel war die für die Toten vorgesehene Nahrung. Persephone schluckte vier (oder sechs) Samenkörner der Frucht, bevor sie das Totenreich verließ. Weil sie aber vom Granatapfel probiert hatte, während sie noch in der Unterwelt war, war sie dazu verdammt, vier (oder sechs, je nach Überlieferung) Monate des Jahres in der Unterwelt zu verbringen. Während dieser erzwungenen Anwesenheit in der Totenwelt betrauerte Demeter ihre Tochter und nahm jedes Mal eine Auszeit von ihrer Arbeit. Die Erde versinkt seither jedes Jahr für die Dauer von Persephones erzwungenem Aufenthalt bei den Toten für einige Monate in der Winterruhe.
Auch wenn Hades und seine Frau nicht den besten Start erwischten, so führten sie dem Anschein nach doch eine recht harmonische Ehe. Persephone war bekannt als die Göttin der Toten. Sie hatten nie Kinder zusammen – Kinder hätten dort auch sowieso nicht hingepasst.
Die Jeunesse Dorée unter den Göttern
Neben den drei großen Göttern Zeus, Hades und Poseidon gab es natürlich noch weitere männliche Götter: Apollon, Hephaistos, Hermes, Ares und Dionysos. Mit Ausnahme von Hephaistos waren alle genannten Götter jung und gut aussehend. Die Griechen scheinen sich ihre Götter und Göttinnen einfach wie vollkommene Menschen vorgestellt zu haben. Den Göttern war jeweils (mindestens) eine spezifische Aufgabe übertragen worden und sie waren unsterblich. Sie standen immer in der Blüte ihres Lebens und kannten kein Altern und Vergehen. Davon abgesehen unterschieden sie sich aber nicht sehr von normalen Menschen.
Genauso wie Zeus und Poseidon hatten auch die anderen, jünglingshaften Götter ihre bestimmten Aufgabenbereiche.
Apollon, der hübsche Held für alle Fälle
Apollon war der Sohn von Zeus und Leto und Artemis’ Zwillingsbruder. Artemis kam vor ihm auf die Welt und half ihrer Mutter dabei, Apollon zu gebären.
Apollon war ein herrlicher Gott. Auf Darstellungen erscheint er immer als außerordentlich schöner junger Mann. Er war der Gott des Lichtes, der Wahrheit, von Musik und Dichtung sowie der Heilkunst. Darüber hinaus zeichnet er sich durch seine athletischen Fähigkeiten aus. Der Lorbeerbaum war seine ihm gewidmete Pflanze. Siegreiche Athleten erhielten in der Antike einen Lorbeerkranz als Preis für ihren Sieg.
Apollon und das Orakel von Delphi
Eine von Apollons wichtigsten Rollen war seine Funktion als Beschützer des Orakels von Delphi. Für die Menschen der Antike war Delphi so etwas wie der Mittelpunkt der Erde. Es gab dort eine Priesterin, die den Menschen ihre Zukunft voraussagte, indem sie die Dämpfe aus einer Erdspalte einatmete und dann die ihr von den Göttern gesandten Botschaften an die Sterblichen weitergab.
Apollon ist eng mit der Musik verbunden. Er spielte oft auf der von Hermes erfundenen Leier, einem Saiteninstrument, das wohl vollkommen anders als eine moderne Gitarre geklungen haben muss. Den Griechen erschien die Leier als ein elegantes, liebliches Instrument. Das wilde Flötenspiel, das die Anhänger des Dionysos praktizierten, war das genaue Gegenteil davon und stand in keinem so guten Ruf.
Auch wenn er der Gott der Musik war, so war er doch kein guter Verlierer im musikalischen Wettstreit mit anderen. Einmal forderte ihn ein Satyr (mehr zu diesen Gesellen in einem anderen Abschnitt dieses Kapitels) mit Namen Marsyas zu einem solchen Wettstreit heraus. Als Preis wurde vereinbart, dass der Gewinner mit dem Verlierer machen könne, was immer ihm gefiele. Apollon spielte auf der Leier, und Marsyas spielte auf den Flöten, die Athene weggeworfen hatte, weil sie nicht mochte, wie ihr Gesicht aussah, wenn sie darauf spielte. Während des Wettkampfs drehte Apollon beim Spielen seine Leier um und forderte seinen Gegner auf, es ihm gleich zu tun. Als Marsyas dazu nicht in der Lage war, hatte er den Wettkampf verloren. Der Gewinner Apollon ging nun hin und tötete den unglücklichen Verlierer, indem er ihn an einen Pinienbaum hing und ihm dann die Haut vom Leibe zog.
Sonne, Medizin und andere Aufgaben
Apollon wurde auch Sonnengott genannt, weil er jeden Tag mit seinem Streitwagen das Himmelszelt durchquerte und dabei mit der Sonne im Schlepptau von Ost nach West über das Firmament zog. In anderen Mythen heißt es dagegen, dass Helios der Sonnengott sei beziehungsweise Apollon diese Aufgabe von ihm übernommen hatte.
Weitere Zuständigkeitsgebiete Apollons waren die Medizin und die Reinigung des Körpers. Als Orest seine Mutter ermordete (da diese seinen Vater vorher getötet hatte), floh er anschließend nach Delphi, um sich von Apollon reinigen zu lassen. Tötete jemand seine Eltern (auch wenn es nur zufällig geschah), haftete an seinem Körper das Miasma . Es handelte sich um eine Verschmutzung, die zwar unsichtbar war, aber doch scheußlich genug, dass ein Umgang und Kontakt mit Nicht-Verschmutzten unmöglich war. Apollon und seine Priester kannten das Ritual, das nötig war, die reuigen Mörder wieder vom Miasma zu befreien und ihnen eine Rückkehr in die normale Gesellschaft zu ermöglichen.
Apollon war auch der Schutzpatron der epischen Dichter und es hieß, er sei der Führer der Musen.
Apollon hatte die unterschiedlichsten Symbole. Seine Leier, eine kleine griechische Harfe, war eines dieser Symbole. Der Lorbeerbaum, dessen Zweige die in der Küche noch heute verwendeten Lorbeerblätter liefern, erhielt diesen Namen, weil (wenn wir dem römischen Dichter Ovid Glauben schenken wollen) eine junge Sterbliche namens Lorbeer (nun ja, auf Griechisch Daphne) es vorzog, sich lieber in einen Baum zu verwandeln, als Apollon zu gestatten, mit ihr zu schlafen (die vollständige Geschichte können Sie weiter unten in dem Abschnitt Daphne und der Ursprung des Lorbeerbaums nachlesen). Der Delfin ist ein weiteres Symbol für Apollon. Er schickte einmal einen Delfin, um das Leben eines jungen Harfenspielers mit Namen Arion zu retten, den gerade einige übel wollende Seeräuber von einem Schiff ins Meer geworfen hatten.
Читать дальше