Hier einige allgemeine Punkte ihrer Philosophie, die in meinem Denken nun einen fruchtbaren Boden finden:
„Jeder von uns ist 100% selbst verantwortlich für jede seiner Erfahrungen. Jeder Gedanke, den wir denken, gestaltet unsere Zukunft …
Jeder leidet an Selbst-Haß und -Schuld.
Der Gedanke eines jeden lautet: 'Ich bin nicht gut genug.' Es ist nur ein Gedanke und ein Gedanke kann verändert werden.
Verdruß, Kritik und Schuld sind die am stärksten schadenden Verhaltensmuster …
Wenn wir uns wirklich selbst lieben, funktioniert alles in unserem Leben.
Wir müssen uns von der Vergangenheit lösen und jedem vergeben …
Selbst-Bejahung und Selbstanerkennung im Jetzt sind der Schlüssel zu positiven Veränderungen.
Wir selbst verursachen jede sogenannte 'Krankheit' in unserem Körper …
Das Leben ist niemals festgefahren, statisch oder aufgebraucht, denn jeder Moment ist immer neu und taufrisch.
Ich bin eins mit derjenigen Macht, die mich geschaffen hat, und diese Macht hat mir die Kraft gegeben, meine Lebensumstände selbst zu gestalten. Ich erfreue mich an der Erkenntnis, die Macht über meinen Geist zu haben, ihn auf jede Art, die ich wähle, zu benutzen.
Jeder Augenblick des Lebens ist ein neuer Anfangspunkt, an dem wir das Alte verlassen. Dieser Augenblick ist genau hier und genau jetzt ein neuer Ausgangspunkt für mich. Alles ist gut angelegt in meiner Welt.“ 3
Solche Gedanken sind wirklich neu für mich. Ja, es wirkt richtig provozierend auf mich, dass ich angeblich selbst meine Knieschmerzen verursache. Gut, dass ich mich verletzt habe, hing tatsächlich mit meinem eigenen Tun zusammen. Ich wollte jahrelang nicht mit dem für meine bereits verletzten Knie schädlichen Volleyballspiel aufhören. Durch das Springen und Aufprallen auf dem Hallenboden bei dieser Sportart wurden eben meine Knie immer wieder massiv erschüttert. Aber warum gehen die Schmerzen nicht mehr weg? Sollte ich dafür wirklich selbst verantwortlich sein? Und wie sollten meine Knieschmerzen mit mangelnder Selbstliebe, mit Schuld und mit der Vergangenheit zusammenhängen?
Aus der Sicht meiner katholischen Herkunft wirken auch folgende Gedanken von Frau Hay völlig ungewohnt, in denen eine Spielart der Reinkarnationslehre zu stecken scheinen: „Jeder von uns entscheidet sich zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort zur Menschwerdung auf diesem Planeten. Wir haben uns dazu entschlossen, hierher zu kommen, um eine bestimmte Lektion zu lernen, die uns in unserer geistigen Entwicklung vorwärts bringen wird. Wir wählen unser Geschlecht, unsere Hautfarbe, unser Land. Dann schauen wir nach demjenigen Elternpaar, das die Verhaltensmuster widerspiegelt, die wir mitbringen, um daran während unseres Lebens zu arbeiten.“ 4
Ich beginne anhand der Kassette und des Buches von Luise Hay zu erahnen, dass meine bisher unheilbaren Knieschmerzen nur durch eine andere Denkweise und durch eine wie auch immer geartete alternative Medizin zu beseitigen sind, die vollkommen jenseits der herkömmlichen Schulmedizin gesucht werden muss. Anscheinend existiert aber diese Medizin. Wenn ich der Philosophie der in den USA und in Europa sehr geachteten „esoterischen“ Lehrerin und Heilerin Luise Hay Glauben schenken darf, so gibt es grundsätzlich zu jedem Problem und zu jeder Krankheit einen Heilungsweg. Man muss nur die richtige Ebene in sich selbst finden, auf der das eigentliche Problem liegt und die Bereitschaft haben, auch ganz unkonventionelle Wege zu gehen. Dann findet man dafür womöglich auch den richtigen Heiler.
Durch Frau Hay kommt zum ersten Mal der Gedanke auf mich zu, dass Ärzte, Heilpraktiker und Heiler im Grunde nur die Diener, die Werkzeuge und Helfer eines „inneren Arztes“ sind, den jeder in sich trägt. Dieser sucht dann nach dem richtigen Weg und nach dem richtigen Heiler im Außen. Ich schwanke zwischen ungläubigem Staunen, Zweifel und Hoffen.
Wichtige Impulse, mein Knieproblem auch noch anders als schulmedizinisch-mechanisch zu sehen, bekomme ich durch eine Liste von Krankheiten am Ende des Buches, in der Frau Hay neben dem Körpersymptom den wahrscheinlichen Grund auf der Seelenebene nennt, sowie jeweils ein neues Gedankenmuster zur Lösung anbietet.
So heißt es etwa beim Stichwort Knieprobleme: „Wahrscheinlicher Grund: Stures Ego, Stolz. Unbeugsamkeit. Angst. Mangelnde Flexibilität. Unnachgiebigkeit.“ Als neues Gedankenmuster wird dazu folgendes angeboten: „Vergebungsbereitschaft. Verständnis. Mitgefühl. Ich beuge mich dem Fluss mit Leichtigkeit. Alles ist gut.“ 5
Zum Stichwort „Schmerz“ ist in der gleichen Tabelle zu lesen: „Wahrscheinlicher Grund: Schuldgefühl. Schuld sucht immer nach Bestrafung.“ Als neues Gedankenmuster steht daneben: „Liebevoll lasse ich die Vergangenheit los. Die anderen sind frei und ich bin frei. Alles ist jetzt gut in meinem Herzen.“ 6
Diese Überlegungen erscheinen mir 1998 noch ziemlich fremd und weit hergeholt. Dennoch ziehen mich die Gedanken von Luise Hay immer mehr an. Aber wieso soll meine eigene Sturheit und Unbeugsamkeit schuld daran sein, dass ich solche Schmerzen habe? Und wo soll meine Schuld stecken, derentwegen ich die Schmerzen gleichsam als Strafe erleiden muss? Es fängt an, in mir zu arbeiten. Eine Lösung zeichnet sich noch nicht ab, aber anscheinend sind die Gedanken von Hay der erste Hammerschlag für meine bisherige enge geistige Einstellung, wonach jeder Körperteil isoliert für sich betrachtet und durch eine entsprechende Operation mechanisch reparabel sei und nichts mit dem physisch-psychischen Gesamtsystem zu tun habe. Als wenig später heilende Personen mit ihren Angeboten auf mich zukommen, werte ich diese nicht gleich ab. Luise Hay hat mich neugierig für alternative Heilmethoden gemacht. Die Suche nach der konkreten Lösung für meine Knieprobleme erscheint mir jedoch im Herbst 1998 wie das berühmte Auffinden einer Nadel im Heuhaufen.
Ich werde geführt
Schon seit 1997 fahre ich immer wieder zu verschiedenen Heilbädern nach Ostbayern, um eine Schmerzlinderung zu bekommen. Bei einem Besuch im Herbst 1998 rutsche ich aus. Das Knie tut noch mehr weh. Daher suche ich wieder eine Krankengymnastikpraxis auf. Ein Physiotherapeut empfiehlt mir, zu einer benachbarten Sportschule zu gehen, um meine Muskeln grundsätzlich und langfristig wieder aufzubauen. Beim obligatorischen Aufnahmegespräch erzählt mir der Leiter von seinen Verletzungen beim Gewichtheben und was ihm dann geholfen habe. Er weigert sich, mich in seiner Sportschule mit dem Training beginnen zu lassen. Dafür schickt er mich zu einem alternativ ausgerichteten Sportarzt südlich von München. Erst wenn ich eine merkliche Schmerzlinderung erfahren hätte, könne ich in seiner Sportschule mit dem Trainieren beginnen. Vorher würde es keinen Sinn machen.
Ein ganzes Jahr lang fahre ich ab Januar 1999 einmal in der Woche zu dem empfohlenen Arzt. Er spritzt mir eine besondere Mischung von Substanzen ins linke Knie und setzt mir zusätzlich Akupunkturnadeln zur Schmerzlinderung. Dadurch gelingt es, das Knie zu stabilisieren und den Schmerz in Grenzen zu halten, wenn auch nicht zu beseitigen. Wichtiger ist aber, wieder Hoffnung zu schöpfen, dass es für mich doch noch irgendeine Heilung geben könnte. Die indirekte psychologische Betreuung durch diesen Arzt ist bei diesen Besuchen ebenso wichtig wie seine körperlichen Maßnahmen. Er hat mehr Zeit zum Gespräch als all die Sportärzte in München. Anscheinend ist es das, was ich brauche: Ich will ernst genommen und angehört werden.
Durch die Besuche bei diesem von mir bald liebevoll und respektvoll als „Schamanenarzt“ bezeichneten Mediziner sickert es langsam in mein Bewusstsein ein, dass ich allein für mein Leben, für meine Gesundheit und aktuell für meine Knieheilung verantwortlich bin. Hatte ich so etwas Ähnliches nicht schon bei Luise Hay gelesen? Diese Anschauung ist wirklich neu für mich, denn bisher war ich von folgender Einstellung geprägt: „Ich ändere nichts in meinem Leben, ich beklage meinen misslichen Zustand und jammere überall herum. Ich erwarte, dass die Ärzte mich heilen, gibt es doch in München ausgezeichnete Sportärzte. Wenn eine Heilung nicht gelingt, sind allein die Ärzte schuld und ich äußere ihnen gegenüber auch meinen Unmut. Schließlich zahle ich dafür ja Krankenversicherung und daher kann ich doch erwarten, dass ich von den Ärzten geheilt werde“.
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