Vermutet wird auch eine Virus-Genese (Nachweis von Masern-Virus-Genomen – Genom = einfacher Chromosomensatz einer Zelle, der deren Erb-Masse darstellt in osteoklastischen und otosklerotischen Bereichen), sowie ein Auto-Immunprozess.
Verbreitung und Auftreten
Der Erkrankungsbeginn liegt meist zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr. Klinisch kommt die Erkrankung bei ca. 10 Fällen/100.000 Einwohner/Jahr vor.
Lokalisation
Am häufigsten ist das knöcherne Labyrinth im Bereich des ovalen Fensters (Kommunikation zwischen Mittelohr und Innenohr) betroffen. Durch Umbau und Verknöcherungen in diesem Bereich kommt es zum Anwachsen des Steigbügels an das ovale Fenster (‚Stapes-Ankylose‘ – Ankylose = vollständige Gelenksteife). Die Funktion der drei Gehörknöchelchen (Amboss, Hammer, Steigbügel) wird dadurch beeinträchtigt.
Seltener ist der knöcherne Anteil der Cochlea (Schnecke, Teil des Innenohrs) betroffen. Die Sinneszellen des Innenohrs werden dadurch in Mitleidenschaft gezogen, die Homöostase () von Perilymphe (lymph-ähnliche Flüssigkeit zwischen häutigem und knöchernen Labyrinth des Innenohrs) und Endolymphe (d.i. eine Kalkium-reiche Flüssigkeit, die für die Funktion des Hörorgans und des Gleichgewichtsorgangs erforderlich ist) wird nachhaltig gestört. Es entsteht eine „Innenohr-Schwerhörigkeit“ (s. später).
Symptome
Eine Otosklerose führt zu einer Reihe von anamnestisch erfassbaren Symptomen/Beschwerden wie:
zunehmende Schwerhörigkeit
fast so etwas wie ein ‚Paradoxon‘: das Hörvermögen ist Lärm subjektiv besser als bei Stille!
Parakusis (tiefe Töne und Geräusche werden nicht wahrgenommen, Sprache besser)
„tiefes Ohrensausen“ (Tinnitus)
Lage-Haltung-bedingter Schwindel
Diagnostik
1. Akribische Anamnese
2. HNO-Untersuchung
3. Hörteste
(vgl. chronische Otitis media)
Merke:
„Wegweisend auf eine Otosklerose ist das Vorliegen einer Schallleitungs-Schwerhörigkeit!“
4. Ton-Audiogramm
[es zeigt im Frequenzbereich 1.000 und 4.000 Hz einen Hörverlust = „Carhart-Senke“]
5. einfache Hörtests
[Rinne-Versuch negativ, im Weber-Versuch erfolgt eine Seitwärtsverlagerung zur betroffenen/kranken Seite hin]
6. Gellé-Versuch
[Prüfung der Beweglichkeit der Gehörknöchelchen = negativ]
7. Impedanz-Prüfung
[Impedanz = akustischer Widerstand]
8. Subjektive Hörprüfungen
8.1 Hörweiten-Prüfung (Sprach-Abstandsprüfung)
8.2 Stimmgabel-Prüfung
9. Objektive Testverfahren
9.1 Tympanometrie (Impedanz-Audiometrie)
9.2 Steigbügel-Reflexmessung (bei Otosklerose nicht auslösbar)
10. Otoskopie (evtl. ist ein „Schwartz-Zeichen“ zu sehen; d.i. eine Hyperämie des Promantoriums und der ovalen Nische als Ausdruck des floriden Prozesses)
11. Computer-Tomogramm Innenohr
Merke:
Eine Beteiligung des Innenohrs oder die ausschließliche Lokalisation der Otosklerose im Innenohr führt zur Innenohrschwerhörigkeit. Diese kann in Kombination mit der Schallleitungsschwerhörigkeit zu stark ausgeprägten pathologischen Befunden führen.
Therapie
Mikrochirurgische HNO-Operation
[Die Therapie der Otosklerose ist in der Regel operativ und wird in Form einer Stapedomie mit Entfernung der Steigbügel-Fußplatte = Methode der 1. Wahl – die OP ist sinnlos, wenn das Innenohr bereits „funktionslos“ ist]
Alternativ können zur Verbesserung des Hörvermögens eingesetzt werden:
Hörgeräte
Implantate
Als Morbus (M.) Ménière – Ménière’sche Krankheit – wird eine Erkrankung des Innenohrs bezeichnet, die anfalls-artig mit
1. Dreh-Schwindel-Anfälle,
2. Hörminderung (meist einseitig/unilateral)
und
3. Tinnitus (Ohrgeräuschen) einhergeht.
Diese Symptome werden bezeichnet als die klassische „Ménière-Trias“.
Hinzu gesellen sich in der Mehrzahl noch
4. vegetativ-funktionelle Beschwerden/Störungen (Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen – Sehstörungen infolge Nystagmus [„Augenzittern“]
Vielmals geht den Akut-Symptomen eine sogen. ‚Aura‘ (nebenbei: wie viele Migräne-Kranke das von ihrer Krankheit her kennen), also Vorboten des Anfalls, voraus.
Es handerlt sich wahrscheinlich um eine „vaso-motorische Labyrinthose“ (also eine nicht-entzündliche Erkrankung des Labyrinths).
Bei Rezidiven wechselt vielmals die Lokalisations-Seite.
Aber:
Bei 10-15% der Ménière-Kranken sind beide Ohrseiten betroffen.
Nebenbei:
Erstmals beschrieben wurde das Krankheitsbild vom französ. HNO-Arzt und Internisten Prosper Ménière (1799-1862); in früheren Zeiten wurde die Krankheit bezeichnet als ‚Vestibularis-Syndrom‘.
Entstehung der Krankheit und Vorkommen
Der M. Ménière ist der bekannteste Vertreter einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen eine Beeinträchtigung des Endolymphraumes im menschlichen Innenohr zu beobachten ist.
Beim M. Ménière handelt es sich um einen ‚Sammel- und Oberbegriff’ für verschiedene Formen von labyrinthogenen Symptomen-Komplexen .
Außer dem M. Ménière gehören noch zu diesen vestibulären Erkrankungen:
a) Brunner’sche Krankheit (Otitis interna vasomotorica)
b) M. Perwitzschky (= Angiopathia labyrinthica)
c) Lermoyez-Syndrom (s.u.)
d) von-Frankl-Hochwart-Syndrom (Para- bzw. Pseudo- Menière =
Polyneuritis cerebralis ménièriformis).
Synonym für M. Ménière ist die Angioneurotische Octavus-Krise.
Andere Bezeichnungen für endolymphatische Störungen lauten:
Mnière Syndrom, Fluktuierendes Hörvermögen, Lermoyez-Syndrom (s.u.) und endolymphatischer Hydrops.
Bisher sagten die verwandten Bezeichnungen wenig über die Gründe und Abläufe bei diesen Erkrankungen aus.
Neuerdings werden die Störungen unter dem Begriff Degenerative Vestibulo-Cochleäre Störungen (disorders), kurz DVCD, zusammengefasst.
Was sind die Ursachen?
Bisher ist die Ätiologie [= Ursache(n)] der Krankheit nicht bekannt und auch die patho-physiologischen Abläufe sind noch in großen Teilen unklar.
Bezüglich der Ätiologie und Pathophysiologie besteht eine Arbeits-Hypothese, die besagt, dass die Krankheit wahrscheinlich ausgelöst wirdspastische Gefäß-Krisen.
Auch die morphologischen Veränderungen am Endolymphsystem (Erweiterungen des Endolymphschlauches vor allem im Bereich der Schnecke = Cochlea und im Sacculus des Vorhofs) gelten als Mit-Ursache bzw. Auslöser. Neben Druckerhöhung werden Mehrproduktion oder Resorptionsstörungen von Endolymphe (= die klare, lymphartige Flüssigkeit in den Hohlräumen das Labyrinths; diese wird im Saccus endolymphaticus rückresorbiert) durch örtlich-begrenzte funktionelle Durchblutungsstörungen vermutet. Es kommt zur Ausbildung des den M. Menière auslösenden endolymphatischen Hydrops (= krankhafte Ansammlung von Flüssigkeit in Körperhöhlen; s.u.). Die während des Anfalls auftretenden und diesen bewirkenden Drucksteigerungen sollen anfangs reversibel (rückbildbar) sein, mit zunehmender Anfallshäufigkeit und Fortbestehen der Krankheit kommt es zu einer bleibenden und irreversiblen Ektasie (= Lichtungsausweitung) des „Corti-Organs“ [= das auf der ‚Reissner’schen Membran (s.u.) gelegene „Organum spirale“ = das Hörorgan der häutigen Schnecke].
In der Zusammenfassung hinsichtlich möglicher Ursachen für einen M. Menière - und unisono für alle DVCD’s und Endolymphatischen Störungen - gelten:
Immunologische Störungen (Allergien, Unverträglichkeiten), die eine auto-
immunologische Reaktion im Endolymphsystem auslösen;
Veränderung der Blutversorgung durch Gefäßanomalien und/oder
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