1 ...8 9 10 12 13 14 ...18 Im Insider war die Luft schwül und stickig. Am Tresen saßen gelangweilt ein paar Arbeiter und nippten an ihren Drinks. Jasper und Clark nahmen etwas abseits der anderen Gäste platz. Die Stimmung wirkte alles andere als locker. Vor ihnen baute sich ein recht kräftiger und ungepflegt wirkender Barkeeper auf, der auf Clark so abfällig und schräg hinabschielte, wie alle anderen Gäste auch. Jasper lächelte ihn an und machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Hallo Bert, das ist mein Freund Clark. Du kannst ihm vertrauen.« Bert musterte ihn einen Moment und nuschelte, »Hallo Clark, was möchtet ihr denn trinken?« Jasper beugte sich zu Bert vor und starrte ihm ernst in die Augen. Die beiden waren offensichtlich gut bekannt. »Wir wollen es kurz machen. Clark hätte gerne einen Cocktail. Er möchte einen Positive Concept.«Bert rollte mit den Augen. »Und warum möchte Clark so etwas Scharfes?« Jaspers steinernes Gesicht zeugte von einem heiklen Thema. »Er möchte den Kummer über einen verlorenen Freund runterspülen. Er war Clone Designer, so wie Clark.« Bert griff zwei Gläser aus dem Regal und kippte sie mit Whisky voll.
»Mit dem Positive Concept spült man viele verlorengegangene Freunde runter. Und sie waren alle Clone Designer.«
»Wie viele waren es?« fragte Clark. Bert seufzte.
»Na ja, so an die hundert.« Dann griff er nach Jaspers Glas und trank daraus. »Mein Vater inklusive.«
»Kannst du vielleicht etwas mehr erzählen?« fragte Clark. Bert verzog das Gesicht. »Davon kann man leicht einen dicken Kopf kriegen.«
»Bert, das halbe Universum kriegt gerade einen dicken Kopf. Es ist jetzt der beste Zeitpunkt zu reden«, sagte Jasper. Clark nickte zustimmend. »Was ist damals geschehen?« Bert schaute in die Runde zu den anderen Gästen. Sie zeigten sich alle betont desinteressiert, obwohl jeder Anwesende wusste, worüber da gerade gesprochen wurde. Man erkannte es in ihren Gesichtern. Bert griff nach dem leeren Glas von Jasper. »Möchtest du noch einen?« Jasper nickte. Bert kippte nach, griff nach dem Glas und trank es selbst in einem Zug aus. Dann setzte er sich auf einen Hocker und beugte sich dicht zu den beiden rüber. Er sprach leise.
»Sie kamen damals mit einer Elite Delegation hier an. Wollten sich die Kolonie ansehen und hielten ein Seminar ab, über ihr Design Gepansche. Neue Getreidesorten und so was. Ich hatte deswegen immer Streit mit meinem Vater. Warum kann man dieses Zeugs einfach nicht mal lassen, wie es ist? Er war auch dabei. Am letzten Tag war er mit ein paar Kollegen noch hier zum Mittagessen. Abends wollten sie hier einen trinken gehen. Sie mussten aber alle noch mal zu einem außerordentlichen Backup. Dann kam diese Explosion. Sie waren alle tot. Wir wurden evakuiert. Als ich wieder auf die Iseris durfte, hatten sie bereits angefangen, den Wellnesspark zu bauen. Die Station wurde versiegelt und der See war bereits aufgefüllt. Ich habe mich immer nur gewundert, warum man die nicht alle wieder reanimiert hat. Muss doch irgendwo noch ein älteres Backup gegeben haben, wenn das so wichtige Leute waren.«
Clark schüttelte den Kopf. »Nein, Bert. Diese Backups können nur auf Code-5-Karten gemacht werden und die kann man nicht mehrfach anfertigen oder kopieren. Ein Hirnbackup darf immer nur einmal existieren. Mit den Designern waren als auch die Backups vernichtet?«
»Naja, wir haben uns auch alle gewundert, warum das Elite Komitee ausgerechnet hier eine Abteilung eingerichtet hatte, wo es am Anfang doch kaum Siedler gab und erst rechte keine Elite.« Jasper griff nach dem Glas von Clark und trank einen Schluck daraus. »Sie waren alle auf einmal komplett vernichtet. Seltsam, nicht?« Bert kippte noch einmal nach. »Ja, so seltsam wie die drei Journalisten, die später in der Sache recherchierten und dann plötzlich spurlos verschwanden.« Jasper griff nach dem vollen Glas, schwenkte es ein wenig und starrte hinein.
»Weißt du Bert, Clark möchte mal ganz tief ins Glas eintauchen.«
»Hm, da braucht Clark bei hundert Metern einen langen Atem.«
»Ja, ja, Bert. Aber wir benutzen für unsere Bewässerungssysteme zur Wartung immer diese kleinen Diver. Zwei davon liegen mit Anzügen drüben im alten Service-Block.«
»Wie kann ich euch dabei helfen?«
»Erstens, du kennst als einziger von uns die Station. Wir brauchen einen Tipp, an welcher Stelle wir am besten reingelangen. Zweitens, wir brauchen etwas, womit wir das Ding aufkriegen. Drittens, wir müssen mit dem ganzen Zeugs unbemerkt in den Wellness Bereich kommen.«
»Ursprünglich hatte die Station ein Drucksystem, aber angeblich hat man sie geflutet. Das ist ein Labyrinth. Ihr könnt euch da drin verirren. Es ist stockfinster.«
»Daisy, kannst du aus deiner Ultraschallmessung erkennen, ob die Station im See geflutet ist.«
»Die Messung zeigt eine größere Luftblase. Sie scheint nicht komplett geflutet zu sein«, antwortete Daisy über Intercom.
»Dann könntet ihr über das Notsystem noch Licht bekommen«, meinte Bert.
»Was ist mit den alten Bewässerungsschächten zum Badesee?«, fragte Jasper.
»Einer verläuft direkt hinter dem Gebäude hier. Man könnte einen alten Einstieg aufbrechen. Sie sind versiegelt worden.«
»Womit aufbrechen?«, fragte Clark. Jasper grinste. »Mit einer kleinen Vakuumbombe. Die liegen auch noch im alten Service-Block. Wir haben sie zur Reinigung verstopfter Kanäle benutzt. Die Einstiegsschächte haben immer ein kleines Lüftungsrohr, wegen möglicher Gasbildung. Da werfen wir das Ding rein. Das Vakuum verhindert auch eine größere Druckwelle, sonst könnten die Sensoren der Sicherheitssysteme anspringen.« Clark nickte zufrieden.
»Bleibt nur noch die Frage, wie und wo wir in die Station reinkommen.«
»Ich habe einen Laserbrenner, den könnt ihr haben. Viel schwieriger aber wird es sein, den richtigen Einstiegspunkt zu finden. Die gesamte Station wurde mit einer V2P-Masse überzogen. Sie ist ein einziger brauner Klumpen. Die Schicht ist nicht dick, aber ihr könnt nichts Markantes erkennen, mit dem bisschen Licht, das ihr dabei habt.«
»Welcher Teil ist unbeschädigt?« fragte Clark.
»Der gesamte West-Block auf jeden Fall. Wenn der Block ungeflutet ist, kommt ihr nur über eine Schleuse rein. Nur wie wollt ihr die finden? Es existieren keinerlei Pläne mehr über die Station. Das ist ja das Seltsame.«
»Du wirst es nicht glauben, Bert, aber solche seltsamen Erscheinungen gibt es nicht nur unter Wasser, sondern auch mitten im Weltraum. Da komme ich gerade her.« Jasper und Bert schauten Clark eine Weile an, als würden sie nun den Geheimtipp von ihm erwarten. »Was ist, Clark?«, brauste Jasper auf, »Du bist doch sonst nicht so schweigsam.«
»Verdammt ich bin Clone Designer und nicht Weltraumingenieur.« Plötzlich sprang Bert von seinem Hocker auf, kramte unter dem Tresen und holte ein kleines Gerät hervor. »Das hier, hat mal ein Weltraumingenieur vergessen.«
»Was ist das?« fragte Jasper.
»Ein Gas Spektrum Analysator, wunderbar. Die Schleusenhydraulik wird in der Regel mit flüssigem AC22 gefüllt. Damit können wir es aufspüren und eine Schleuse finden«, sagte Clark. Bert schmierte mit seinem Finger eine Skizze auf den Tresen. »Wenn ihr an den Westblock kommt, achtet auf ein Gebäudeteil, das wie ein U aussieht. Dort befindet sich eine Schleuse. Es ist der Teil, in dem auch das Elite Komitee seine Abteilung hatte.« Jasper sprang auf. »Dann hätten wir ja alles beisammen.«
»Wir?« fragte Clark, »Willst du etwa mitkommen?« Während Berts Gesicht eher ängstlich und sorgevoll war, schien Jasper die Abenteuerlust gepackt zu haben. »Du wolltest doch einen Tauchkurs machen. Ich kenne mich da aus. Wasser ist mein Geschäft. Allein wirst du das nicht schaffen.«
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