Hotte grübelte. „Aber mein Bauch hat mich heute her gebracht. Ohne ihn hätte ich niemals hier herrollen können“.
„Nein“, sagte Frau Doktor von Grauschleier. „Sie hätten laufen können.“

Kapitel 3
Bitte hier unterschreiben
Hätte Hotte kein Fell gehabt, so wäre er rot angelaufen. Warum war er da nicht selbst drauf gekommen? Jede Woche eine Kokusnusspizza, das war ein bisschen zu viel. Dazu Studentenfutter beim Fernsehen und wenig Bewegung. Jetzt, wo Frau Doktor von Grauschleier ihm vor Augen führte, wie viel er gegessen hatte, musste er sich eingestehen, dass seine Beine nicht das Problem waren.
Er versuchte, sich mit der Pfote an die Stirn zu schlagen, aber natürlich war seine Pfote zu kurz und er klopfte sich stattdessen auf die Brust. Sogleich entfuhr ihm ein lauter Rülpser. „Tschuldigung“, rülpste er erneut, aber leiser hinterher.
„Was soll ich machen?“, fragte er und schaute Frau Doktor von Grauschleier mit großen Augen an.
„Zufällig habe ich genau das Richtige für Sie“, grinste sie.
„Spitze, was ist es? Ich meine weniger essen, das ist klar aber gibt es eine Pille?“
Frau Doktor von Grauschleier drehte sich um und holte einen dicken Stapel Papier hervor. Oben schrieb sie Hotte Hamster in das Feld Name . Dann blätterte sie etliche Seiten weiter und sagte dann: „Hier unterschreiben Sie bitte. Die Behandlung ist ein wenig experimentell, aber effektiv.“
Hotte nahm den Stapel Papier und fing an zu lesen, als Frau Doktor von Grauschleier ihn unterbrach.
„Sie brauchen das nicht alles zu lesen. Das ist ein Standardvertrag, im Wesentlichen geht es ja darum, dass Sie wieder normal werden.“
Hotte blätterte vor auf die letzte Seite und griff nach dem Stift. Er meinte zu hören, wie Frau Doktor von Grauschleier murmelte: „Und das kleine Risiko ist es schon wert“. Oder hatte er sich getäuscht?
„Wunderbar“, sagte Frau Doktor von Grauschleier. „Das hier ist Ihr Exemplar, das bekommen Sie, falls Sie zurückkommen. Äh – wenn Sie zurückkommen.“
Grinsend stand Frau Doktor von Grauschleier auf und bewegte sich zu einer Tür, die Hotte erst jetzt auffiel. Sie sah nicht aus wie eine normale Tür, sondern hatte außenrum alte Holzbalken, und drei dicke Metallriegel versperrten den Durchgang. Frau Doktor von Grauschleier drückte einen Knopf, und die Riegel lösten sich mit einem lauten Quietschen.
Kapitel 4
Katzenwache
Die Tür sprang auf und ein modriger Geruch kam aus dem dunklen Gang, der sich zeigte. „Folgen Sie mir“, winkte Frau Doktor von Grauschleier.
Hotte gab sich einen Ruck und rollte von seinem Stuhl auf den Boden. Er hatte genug Schwung, um in den langen dunklen Gang zu rollen.
Der Gang mündete in einer großen Halle, ja fast einer Höhle. Der Boden schien aus Erde zu bestehen. Fackeln erleuchteten die Seiten und an der gegenüberliegenden Wand zeigte sich ein kleines rundes Loch. Links und rechts vom Loch saßen zwei große Katzen. Diese waren an einer Kette und hatten Hotte sofort bemerkt.
„Keine Angst“, sagte Frau Doktor von Grauschleier. „Mein Mann ist Katzendompteur. Die Katzen bewachen nur den Ausgang der Hamsterturnhalle. Solange Sie das Loch als Eingang verwenden, passiert Ihnen nichts.“
„Hä? Wie meinen Sie das?“, fragte Hotte erstaunt. „Ja haben Sie sich denn den Vertrag nicht durchgelesen?“, schimpfte Frau Doktor von Grauschleier. „Immer dasselbe.“
Frau Doktor von Grauschleier fuhr fort zu erklären. „Hinter dem Loch ist die Hamsterturnhalle. Sie werden sich verschiedenster Sportarten stellen. Sie werden kriechen, schwimmen und am Ende hoffentlich wieder laufen.“
„Ich soll da rein?“, gruselte es Hotte.
„Natürlich, stand doch so im Vertrag.“ Frau Doktor von Grauschleier schüttelte voller Unverständnis den Kopf. „Sie wollen doch wieder normal werden oder?“
„Es wäre schön, wenn meine Beine den Boden wieder berühren könnten. Ja. Ein klein wenig Bauch schadet nicht, der hilft sogar beim Staubwischen!“
„Wie dem auch sei“, sagte Frau Doktor von Grauschleier. „Die Sache ist die: Es ist nicht nur eine Turnhalle. Es ist auch ein Labyrinth. Sie haben einen Eingang und einen Ausgang. Und wie Sie an den beiden Wachen Miez und Mauz hier sehen, wäre es eine törichte Idee, den Eingang wieder als Ausgang zu verwenden.“
„Würden die mich dann fressen?“, fragte Hotte ungläubig.
„Natürlich, stand doch im Vertrag.“
„Ich würde gern aussteigen“, sagte Hotte und lächelte ängstlich.
„Das geht nicht mehr, steht auch im Vertrag. Meine Güte, Sie sollten sich angewöhnen, zu lesen, bevor Sie etwas unterschreiben.“ Frau Doktor von Grauschleier schüttelte schon wieder den Kopf.
Hotte schluckte einmal schwer. „Mmh Pizza“, dachte er, als er einen Rest in seinen Backentaschen fand. „Na gut“, sagte er, „legen wir los. Wie lange wird das dauern? Kann ich heute Abend die Tagesschau sehen?“
„Das liegt bei Ihnen“, sagte Frau Doktor von Grauschleier, „also wahrscheinlich nicht.“
Nun schüttelte Hotte den Kopf und rollte leicht ängstlich auf die Öffnung zwischen den beiden Katzenwachen zu. Er hätte schwören können, dass diese sich angrinsten und sich die Lippen leckten.
Aber keine Chance, diesen Eingang würde er nicht als Ausgang nehmen. Er würde als Supersportler zurückkehren, und zwar am richtigen Ausgang.
„Tüdelü“, sagte er und rollte in den Eingang der Turnhalle.
Kapitel 5
Katzenklapps
Als Hotte auf die beiden Katzenwachen zurollte, überkam ihm kurz ein Zweifel, aber er hatte zuviel Schwung zum Stoppen. „Alles oder Nichts“, rief er, als er mit einem lauten Plopp in das Loch hinein rollte. Und stecken blieb.
„Oh du meine Güte“, riefen er und Frau Doktor von Grauschleier zur gleichen Zeit.
„Ich brauche ein wenig Hilfe hier“, rief Hotte und weil er das ganze Loch verstopfte, klang alles, als hätte er ein Kissen über dem Kopf.
„Oh du meine Güte“, rief Frau Doktor von Grauschleier und eilte zu den beiden Katzenwachen.
„Miez, Mauz“, brüllte sie, „gebt dem Kugelhamster mal einen freundschaftlichen Schubs!“
Miez schaute Mauz an und Mauz fuhr die Krallen aus und leckte sich die Zähne.
„Ohne Krallen“, rief Frau Doktor von Grauschleier. Woraufhin Mauz sich wieder setzte und Miez gelangweilt auf das Loch zuging, indem nur der Allerwerteste von Hotte zu sehen war. Dann holte Miez aus und schlug mit der Pfote auf Hottes Hintern.
„Juhuuu“, hörte man aus dem Loch Hotte rufen. Frau Doktor von Grauschleier schüttelte den Kopf und schaute zu Miez und Mauz. „Na wenigstens macht er mit seinem Fell das Rohr mal ordentlich sauber.“
Mit diesen Worten schritt Frau Doktor von Grauschleier zurück in den Gang und lächelte zufrieden. Jetzt musste sie nur warten, bis die Frist überschritten war. Der Hamster hätte den Vertrag lesen sollen...
Kapitel 6
Schlammpups
„Juhuuu“, Hotte schrie immer noch. Die Katze hatte ganze Arbeit geleistet. Er zählte zwei Loopings und drei Schrauben. Die Loopings fand er besonders gut. Aber jetzt wurde er langsamer und das Rohr wurde breiter. Er rollte noch immer, als er in einen Raum kullerte, der sogar beleuchtet war.
Hotte versuchte zu bremsen, aber der Boden war rutschig und dann sah er, dass er direkt auf einen Teich zurollte. Er versuchte sich mit seinen Beinen abzustützen, aber die waren einfach zu kurz. Er versuchte sich auf eine Seite zu kippen, um wenigstens mit einem Bein bremsen zu können, und fiel auf die Nase.
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