Die Lifttür öffnet sich und wir treten in einen weiteren kahlen Gang, bis wir vor einer Tür mit der Nummer 829 stehen bleiben. Dort drückt Jackson den Daumen auf einen Scanner, die Tür springt auf.
Obwohl Jax den Reporter vehement ignoriert, sprüht der vor Begeisterung und redet ohne Luft zu holen. »Wieso haben Sie sich nach so langer Zeit für eine Sklavin entschieden und warum ausgerechnet für diese? Nach unseren Informationen ist sie die Ärztin, die Ihren Bruder ermordet …«
Jax packt meinen Arm, reißt mich aus dem Griff der Wachen, zerrt mich in die Wohnung und knallt den drei Männern die Tür vor der Nase zu. Jetzt bin ich mit dem Warrior allein.
Ich schlucke hart, um den Kloß aus meinem Hals zu vertreiben, dennoch klingt meine Stimme dünn und schwach, als ich frage: »Dürfte ich auf die Toilette?« Hastig blicke ich mich um. Automatisch flammt Licht auf, indirekte Beleuchtung in warmen Farbtönen. Ein großes Bett steht mitten im Raum, das die Möglichkeit bietet, die Sklavinnen an ein schmiedeeisernes Gestell festzubinden.
Ich erschaudere und mein Magen verkrampft sich erneut.
Ich sehe keine Fenster, nur zwei weitere Türen. Eine wird ins Badezimmer führen, die andere auf die Toilette. Ich weiß das, weil alle Vergnügungseinheiten gleich aufgebaut sind, nur die Einrichtung variiert. Es gibt Einheiten, die Folterkammern ähneln, je nachdem, was der Warrior für Vorlieben hat. Aber dieser Raum erinnert mich eher an das Hotelzimmer in New World City. Mein Exfreund Mark und ich haben vor zwei Jahren Urlaub in einer anderen Stadt gemacht. Es war das erste und einzige Mal, dass ich White City verlassen habe und mit einem Shuttle geflogen bin. Es war ein schöner Urlaub, wir hatten von unserem Zimmer einen Blick auf einen Erholungspark mit Ziegen und Kaninchen, die wir streicheln durften, und vielen Pflanzen.
Mark war der Einzige, der sich nach meiner Verhandlung von mir verabschiedet hat.
Tränen drängen nach draußen, hastig zwinkere ich sie weg. »Bitte, darf ich?«, frage ich erneut, weil Jax nicht reagiert. Der hockt sich aufs Bett und streckt die Füße aus.
Sofort zerre ich am Türgriff, aber sie ist verschlossen. Verdammt, war klar. Wie weit wäre ich auch gekommen? Bis zu den Wachmännern, die überall im Gebäude postiert sind?
»Du kommst hier nicht raus«, sagt Jax bedrohlich leise.
Ich wirbele zu ihm herum. Es ist das erste Mal, dass er heute vor mir spricht.
»Zieh mir die Stiefel aus«, befiehlt er, wobei er mich scharf anschaut. Seine blauen Augen funkeln. Wegen des Bartschattens wirkt ihre Farbe intensiver, fast so blau wie der künstliche Himmel der Kuppel.
»Bitte, ich muss wirklich dringend!« Die Tränen brennen wie Säure in meinen Augen. Ich kneife die Schenkel zusammen, um mir nicht in die Hose zu machen. Meine Blase schmerzt und fühlt sich an, als würde sie gleich platzen.
»Widersprichst du mir?«, brüllt er durch den Raum.
Ich zucke stark, und obwohl ich innerlich vor Angst erstarrt bin, setzen sich meine Beine in Bewegung, als ob Jax und ich Magneten wären. Dieser Mann würde mich anziehen, wäre er nicht mein Todesurteil. Besser, ich mache, was er sagt, vielleicht bleibe ich länger am Leben.
Ich knie mich vor ihn und löse mit zitternden Fingern die Verschlüsse der Stiefel, dann ziehe ich daran, doch sie sitzen wie festgeklebt. Oh Gott, ich schaffe es nicht! So viel Kraft habe ich nicht.
»Bist du zu nichts zu gebrauchen?«, knurrt er, schubst mich an der Schulter weg und zerrt sich die Stiefel herunter.
Bebend sitze ich am Boden und schaue zu ihm auf. Er stellt sich hin, öffnet die Hose und zieht sie sich über die muskulösen Schenkel. Sie sind leicht behaart und wie der Rest seines Körpers voller Narben. Mit meinem vierköpfigen OP-Team und einem Medibot habe ich diesen Kerl stundenlang zusammengeflickt, diese Tötungsmaschine wiedergeboren.
Er trägt nur noch einen eng anliegenden schwarzen Slip, der deutlich zeigt, wie gut er darunter bestückt ist, auch wenn er nicht erregt ist.
Demonstrativ hält er mir die Hand hin. »Steh auf.«
Erst zögere ich, bis etwas in seinen Augen aufblitzt. Ich kann es nicht beschreiben, aber es macht mir keine Angst, es fühlt sich warm an. Vertraut. Es ist derselbe Blick wie damals im Krankenhaus.
Ich strecke ihm den Arm hin und unsere Hände greifen ineinander. Seine Finger sind rau, lang und schlank und doch voller Kraft. Mit einem Ruck zieht er mich auf die Beine, sodass ich taumle und gegen seine Brust falle. Reflexartig stütze ich mich an seinem Bauch ab, rieche seinen Männerschweiß, spüre für den Bruchteil einer Sekunde die harten Muskeln und ziehe rasch den Arm zurück.
»Tut mir leid«, wispere ich, ohne ihn anzusehen. Da ich ihm ohnehin nur bis zur Brust reiche, muss ich nicht einmal den Kopf senken.
Als er mir plötzlich das Brustband abreißt, schreie ich überrascht auf. Fast nässe ich mich ein, kann es gerade noch aufhalten.
Ich schaue Jax an, aber er starrt nur auf meine Brüste. Weil ich so dringend auf die Toilette muss, habe ich eine Gänsehaut und meine Nippel ziehen sich zusammen. Er fasst sie an, streicht mit den Daumen darüber und wiegt meine großen Hälften in seinen Händen.
Wie ein Blitz schießt das zarte Gefühl in meinen Unterleib und verstärkt das Pochen in meiner Blase.
»Bitte … Ich muss so dringend. Bitte!«, flehe ich unter Tränen. Wird er es tun? Nimmt er mich jetzt mit Gewalt? Erneut wage ich einen Blick in sein Gesicht und erschrecke: Seine Augen scheinen zu glühen, Löcher in meine Haut zu brennen. Ich weiß genau, was dieser Ausdruck bedeutet, und schnappe panisch nach Luft.
Mit einem weiteren Ruck entfernt er mir den Stringtanga.
»Bitte, ich halte es nicht mehr aus.« Ich lasse den Tränen freien Lauf, scheiß auf meine Würde. Den letzten Rest habe ich ohnehin gerade verloren.
Ich presse die Hand auf mein Geschlecht, nicht nur, weil ich so dringend muss, sondern weil ich höre, wie die Kameras, die in jeder Zimmerecke und über uns angebracht sind, heranzoomen. Die ganze Stadt kann mich sehen, der Sender überträgt die Show sogar auf Großbildschirme an öffentlichen Plätzen. Ich bin nackt, völlig entblößt. Zitternd schluchze ich auf und schaue auf den Boden, damit die Haare über mein Gesicht fallen und es verdecken. Ich komme mir zutiefst erniedrigt vor.
»Jetzt kannst du gehen«, sagt er heiser.
Ich laufe los, reiße die schmalere der beiden Türen auf und befinde mich in einem winzigen Raum, in dem es nur eine Toilette, ein Waschbecken und ein Wandschränkchen gibt. Sofort möchte ich die Tür hinter mir schließen, aber Jax’ Arm schießt hervor und hält sie auf. »Nichts da, ich werde dir zusehen.«
»Was?« Ich schlucke hart.
»Na los, meine Geduld ist begrenzt! Ich hatte ein paar verdammt beschissene Tage und kann so eine Zicke wie dich wirklich nicht gebrauchen.«
»Dann lass mich gehen«, flehe ich und presse meinen Rücken gegen die kühle Wand.
»Jetzt setz dich!« Er packt meine Schultern und drückt mich einfach auf die Toilettenschüssel. Dann bleibt er mit vor der Brust verschränkten Armen neben mir stehen.
Großer Gott, wenn ich mir zuvor erniedrigt vorkam, habe ich für das hier keinen Ausdruck mehr.
Wie soll ich mich denn entspannen, wenn er so dicht bei mir steht? Er wird mich hören, er kann sogar alles erkennen! Erneut presse ich die Beine zusammen und starre auf den Boden. Dass ich seine Zehen sehe, macht die Sache allerdings nicht besser. Lieber würde ich die winzigen Fliesen zählen, die den Boden zieren. Das mache ich immer, wenn ich mich nicht entspannen kann, das ist eine alte Angewohnheit.
Obwohl mein Unterleib bereits schmerzt, dauert es bestimmt drei Minuten, bis ich mich endlich erleichtern kann. Stöhnend schließe ich die Augen und atme auf, versuche seine Anwesenheit und die aller Menschen in der Stadt zu ignorieren.
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