Das ist der geistliche Trost, welchen der Herr seinen Jüngern gibt, daß er sie nicht allein des Hungers sterben lassen will, sondern sie setzen in das geistliche Regiment, und in die Welt schicken, unter den Königen und Fürsten das Evangelium rumoren lassen. Ob nun der Teufel darüber zornig ist und sich mit aller Macht dagegen setzt, das schadet nicht: dennoch soll das Wort, es zürne oder lache der Teufel, hindurch brechen und Frucht schaffen, daß viele an Gottes Sohn glauben, und so Vergebung der Sünden empfangen, gerecht, selig und Erben des ewigen Lebens werden. Als Zeichen hat uns der liebe Gott sein Wort, Taufe, Abendmahl, Absolution gegeben, welche seine Netze sind, damit er die Seinen aus der Welt, da der Teufel Fürst und Gott ist, versammelt, sie dadurch vor des Teufels List und der Welt Tyrannei bewahrt, im Glauben erhält und stärkt, daß sie mit der Welt nicht verdammt werden. Und ob sich noch gleich die Sünde in ihnen regt und der Glaube schwach ist, daß sie denken, sie sind des großen, herrlichen Schatzes nicht wert; so tröstet sie doch Christus in Lukas 12, wie gesagt, und spricht: Fürchtet euch nicht, sehet nicht dahin, ob ihr es wert oder unwert seid; sondern höret, was ich euch sage: Eures Vaters Wohlgefallen ist, euch das Reich zu geben. Ist dem also, so wird euch euer Vater nicht lassen in die Hölle fahren, obwohl ihr es gleich verdient habt. Darum halte euch nur an mich, kriecht in die Taufe, gehet zum heiligen Sakrament, lasset euch durch mein Evangelium ziehen und fangen, so soll es nicht Not haben.
Also haben wir neben dem Exempel, daß man Gottes Wort gern hören soll, diese zwei Stücke: das erste, obgleich Gott uns eine Zeitlang Mangel leiden und vergeblich arbeiten läßt, daß er dennoch zu rechter Zeit mit seinem Segen bei uns sein und uns helfen will; das andere, daß er auch wieder die Sünde uns helfen, und nicht verdammen will. Darum gibt er uns auch sein Wort und tröstet uns damit, daß wir gewiß sollen glauben, wir seien seine Kinder.
Solche Leute tun danach auch rechtschaffene gute Werke, wenn sie zuvor durch das Wort und den Glauben wissen, daß sie durch Christus einen gnädigen Gott und Vater im Himmel haben, dessen Fische sie sind, welche in seinem Wort, als in seinem Netz, wohl verwahrt sind vor allem Unglück. Die können auch in Mangel, Hunger und Kummer fröhlich und guter Dinge sein, und sagen: ob ich gleich hier Armut leide, schadet nicht; dennoch weiß ich, daß mich mein lieber Gott nicht wird immer Not leiden. Denn er hat mir Christus gegeben und alle Seligkeit in ihm: er wird mir also auch so viel zuwerfen, daß der Leib die kurze Zeit meines Lebens seine Notdurft haben wird.
So ist es nun dem Herrn am meisten darum zu tun, daß er unsere Herzen tröste und gewiß mache, daß wir fest glauben und ja nicht daran zweifeln sollen, wir haben einen gnädigen Gott in Himmel. Wer das also glaubt, der wird sich nicht wegen eines zeitlichen Mangels anfechten lassen, sondern auch nichts danach fragen, ob der Teufel und die Welt zürne: wenn nur Gott uns gnädig ist. Daß wir nun solches auch fest glauben, und in aller Anfechtung, leiblich und geistlich, uns also trösten mögen, daß verleihe uns unser von lieber Vater im Himmel, durch Jesum Christum, seinen Sohn und unseren lieben Herrn, Amen.
Am sechsten Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 5,20 - 26
denn ich sage euch: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser, denn der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen. Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha, der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig. Darum wenn du deine Gabe auf den Altar opferst und wirst allda eindenken, daß dein Bruder etwas wider dich habe; so laß allda vor dem Alter deine Gabe und gehe zuvor hin, und versöhne dich mit deinem Bruder; und alsdann komm und opfere deine Gabe. Sei willfährig deinem Widersacher bald, dieweil du noch bei ihm auf dem Wege bist, auf das dich der Widersacher nicht dermaleinst überantworte dem Richter, und der Richter überantworte dich dem Diener, und werdest in den Kerker geworfen. Ich sage dir: Wahrlich, du wirst von dannen heraus kommen, bis du auch den letzten Heller bezahlest.
In diesem Evangelium sehen wir, daß unser lieber Herr Christus seine Christen also will lehren, wenn sie glauben und getauft sind, und haben nun den Namen und die Herrlichkeit daß sie Christen heißen, und allerlei geistliche Güter und Gaben empfangen haben: daß sie denken, auch ein rechtschaffenes Leben untereinander zu führen, daß nicht falsch noch heuchlerisch sei. Denn er hat uns nicht eine falsche Gnade widerfahren lassen, die nur den Schein hätte; sondern gleichwie unsere Sünden rechte, große, verdammliche, und nicht gemalte Sünden sind: also ist es auch mit seiner Gnade eitel Ernst und ein rechtschaffen wahrhaftig Wesen. Darum sollen wir denken, daß wir nicht fälschlich gegen unserer nächsten Handeln, sondern treulich und wahrhaftig; wie Gott mit uns, unsere Sünden wegen, gehandelt hat.
Um dieser Ursache willen nimmt der Herr im heutigen Evangelium das fünfte Gebote vor sich, und stellt uns ein Beispiel vor, vor dem man sich hüten soll, und spricht: «Ich sage euch: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser, denn der Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.» Das ist ein kurzer Sinn: Wer in den Himmel will, der muß eine bessere Frömmigkeit haben, denn als die Pharisäer. Was ist nun der Pharisäer Frömmigkeit? Das war nicht unrecht, daß sie sich in einem feinen, züchtigen, ordentlichen Leben und Wandel hielten. Denn solches will Gott in allen Wegen von uns haben; wie sein Wort da steht: du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, nicht stehlen, nicht lügen. Wer in solchem Gehorsam sich hält, der tut recht. Aber das war Unrecht an den Pharisäern, daß sie sich um solcher äußerlichen Werke, Zucht und Ehrbarkeit willen brüsteten, fromm und gerecht vor Gott dadurch sein wollten, gingen fein sicher dahin, als hätte das Gesetz keine Anklage gegen sie, sie hätten es nun vollkommen erfüllt; so doch Gott nicht allein die Werke, sondern ein neues, reines Herz haben will.
Vor solcher Sicherheit will der Herr uns warnen. Ob wir gleich mit Werken niemand ärgern und vor jedermann sträflich sind, daß wir doch darum uns nicht lassen fromm dünken, als hätten wir Gott vollkommenen Gehorsam geleistet. Denn Christus spricht hier: Ob jemand gleich mit der Hand nicht totschlägt, kann er dennoch ein Mörder und Übertreter dieses Gebotes vor Gott sein. Ursache, Gott hat nicht allein den Totschlag, welcher mit der Hand geschieht, sondern auch den Zorn im Herzen, ein zornig Wort, einen zornigen Anblick in diesem Gebote verboten.
So ist nun die pharisäische Gerechtigkeit, äußerlich fromm seien, nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, und denken, wegen solcher Werke seien man fromm und heilig, und bedarf nichts mehr; das Gesetz habe keinen Anspruch mehr an uns, wir haben es völlig erfüllt, Gott sei wohl zufrieden und zürne nicht; obgleich das Herz inwendig voll Sünde und böser Lüste ist. Diese Gerechtigkeit, spricht Christus, gehört nicht in den Himmel, sondern in die Hölle. Denn Gottes Gebote lassen sich mit den bloßen Werken nicht erfüllen; es muß das Herz rein sein von allem Zorn, Haß und Neid, Unzucht und allerlei bösen Lüsten. Wer es dahin bringen kann, der mag sagen, er sei fromm. Weil aber im Herzen die Sünde und böse Lüste noch nicht alle tot sind, sondern regen sich, so hüte dich, daß du dich für fromm halte ist, oder in den Himmel zu kommen denkest. Es gehört eine höhere und bessere Gerechtigkeit dazu, spricht Christus; mit der Schriftgelehrten und Pharisäer Gerechtigkeit kommt ihr nicht in den Himmel.
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