Alfons
Ich stand vorm Fenster und wartete auf Adolf. Der hatte noch warten müssen, bis sie aus der Parkgarage kam, um sich die Autonummer zu notieren. Ich hatte einen Bekannten bei der Polizei. Der musste sie suchen und nachsehen, ob das alles stimmte. Seit einigen Fehlschlägen war ich sehr misstrauisch den Frauen gegenüber geworden.
„Und?“, fragte ich nur, als Adolf reinkam. Ich drehte mich gar nicht erst um.
„Es stimmt alles, was sie erzählt hat. Jetzt weiß ich auch ihre richtige Adresse.“
„Gut, behalte sie für dich. Falls wir sie zur Not brauchen.“
Adolf konnte gehen.
Adolf
Ich wusste es jetzt schon: Alfons war diese Frau nicht egal. Sie war etwas Besonderes. Auch mich erinnerte sie an jemanden. An meine Mutter, von früher. Sie hatte ähnliches Haar und ihr Wesen glich ihr auch. Mir war Annabell auch nicht egal. Ich würde sie beschützen, sollte ihr jemand wehtun. Auch wenn es Alfons sein sollte. Ich würde für sie kämpfen. Zur Not gegen meinen Chef.
Alfons
Ich nahm mein Handy zur Hand. Sollte ich ihr schon eine Nachricht schicken? Würde so gerne ein Foto von ihr haben. Damit ich sie immer ansehen konnte. Aber ich musste sie das mal verdauen lassen, ihr Zeit lassen. Für mich ging es normal weiter. Bei ihr sicher auch. Am Montag war Agnes wieder erreichbar. Sie lachte, als ich sie anrief.
„Ich weiß schon, was du willst. Ja, ich habe sie getestet und ihr nur die Hälfte gesagt. Wenn sie die Richtige ist, findet ihr trotz Widrigkeiten auch zusammen. Sie wird alles meistern. Und wie war sie?“
„Großartig! Fabelhaft! Kann ich nur sagen. Nur das mit der Frisörin war etwas zu viel. Meinst du nicht?“
„Wieso? Was ist mit Sabine?“
„Nichts! Denn sie war gar nicht dort. Eine Französin hatte sie geschickt, die sich überhaupt gar nicht auskannte.“
„Das tut mir leid. Da war ich nicht schuld. Ich werde sie sofort anrufen und danach fragen, was los war. Und behältst du sie gleich? Oder soll ich sie noch anmelden?“
„Nein das kannst du dir sparen. Ich habe schon ihre Nummer.“
„Ich wusste doch, du fährst auf sie ab. Sie ist das Mädchen, das du schon immer gesucht und nie gefunden hast. Oder besser gesagt: sie ist dir entwischt, oder?“
„Ja, du hast wieder mal recht. Ihre Sachen, die noch im Zimmer sind, wird Adolf demnächst abholen. Und … Danke für alles.“
„Nein. Ich habe zu danken. Ohne dich würde es die Firma nicht mehr geben. Ohne deine finanzielle Hilfe wäre sie am Ende gewesen. Jetzt geht sie wieder gut. Danke noch einmal. So habe ich dir auch helfen können.“
„Ja. Eine Hand wäscht die andere. Bis bald!“
„Bis bald!“
Agnes
Agnes rief gleich Sabine an, was da passiert war. Auch wenn es noch gut ausgegangen war, konnte sie es sich trotzdem nicht leisten, dass etwas schiefläuft. Ja, das mit dem Essen, Shrimps, Scampi und dergleichen, war ein Test. Er mochte sie auch nicht gerne und aß nur immer etwas, wenn es nötig war. Und sie hatte den Test bestanden. Wenn die beiden jetzt nicht zusammenkommen, dann wusste sie auch keinen Rat mehr.
Sabine entschuldigte sich vielmals. Sie hatte ja selbst vorbeikommen wollen, doch sie hatte Durchfall bekommen. Und eigentlich hatte sie Silvia schicken wollen, und nicht Francine. Doch bei den beiden musste etwas schiefgelaufen sein. Sabine würde Agnes auch nichts dafür berechnen. Das war das wenigste, was sie tun konnte. Und den beiden Mädchen würde sie morgen die Leviten lesen!
Alfons
Agnes schickte mir eine kurze SMS: „Sabine Durchfall, Silvia und Francine haben die Arbeit vertauscht, hier nicht meine Schuld!“
Ich lachte nur darüber. Das war wohl eine Prüfung des Schicksals. Ja, ich mochte sie so, wie sie war, mit ihren Locken, ihrem Lachen und ihrer netten, einfachen und unkomplizierten Art. Über überkandidelte Frauen könnte ich schon ein Buch schreiben. Die machten, taten und aßen alles, um nur in die High Society aufgenommen zu werden. Aber nicht mit mir!
Donnerstags hielt ich es nicht mehr aus und schrieb Annabell eine SMS. Ich wollte sie nicht überfallen, darum wollte ich sie schon rechtzeitig anfunken. Sie hatte ja auch ein privates Leben.
‚Hallo Annabell! Wie wäre es mit einem Ausflug am Wochenende? Hast du Zeit? Hast du Lust, mit so einem alten Knacker auf Reisen zu gehen?‘
Ich wartete ungeduldig auf die Antwort und wurde auf eine harte Probe gestellt. So sehnsüchtig hatte ich noch nie auf eine Antwort gewartet. Bei den anderen war es mir egal gewesen, ob sie Zeit hatten, dann fragte ich eben eine andere, oder ließ mir von Agnes jemanden organisieren.
Adolf
So nervös hatte ich meinen Chef noch nie gesehen. Auch ich hatte Annabells Nummer bekommen. Damit ich mich mit ihr zusammenrufen konnte, wenn ich sie abholen sollte, damit nicht wieder so ein Chaos rauskam, wie beim ersten Mal. Alfons hasste unpünktliche Leute. Und sie war trotz allem immer pünktlich.
Frankfurt, eine Reise wert
Annabell
‚Gerne mache ich einen Ausflug mit Herrn von Behringer, dem alten Knacker. Aber mit Alfons, dem netten Herrn, würde ich viel lieber einen Ausflug machen. Annabell.‘ schrieb ich ihm am späten Abend zurück.
Jetzt hatte ich auch seine Nummer. Wie hätte ich ihn denn erreichen sollen? Er hatte von mir die Nummer verlangt und seine nicht hergegeben. Ich sah ständig auf mein Handy. Doch es kam nichts. Bei jedem Piepser sah ich sofort nach. Doch donnerstags war der pure Stress in der Firma. Ich kam tagsüber gar nicht dazu, auf mein Handy zu sehen, erst am Abend. Und dann sah ich, dass er es schon am Morgen abgeschickt hatte. Oh Mein Gott! Was wird er sich jetzt von mir denken? Ich wollte ihm keine lange Erklärung schicken. Vielleicht rief er dann doch noch an. Mit persönlichen Worten konnte man das besser sagen.
Also wartete ich jetzt auf Antwort. Meine Gedanken schweiften ab. Zurück auf Sonntagabend, bzw. schon Nacht. Michi war so neugierig. Sie wartete schon vor meiner Haustür. Ich musste ihr alles haarklein erzählen. Da ich sehr müde war, wollte ich eigentlich schon ins Bett. Doch ich konnte meine Freundin nicht vor den Kopf stoßen. Um 23 Uhr brachte ich sie endlich raus, nachdem ich bald trotz ihres Geplappers eingeschlafen wäre. Ein Piepsen holte mich zurück. Ja, er hatte mir sofort geantwortet.
‚Könnte ich dich anrufen? Diese Schreiberei geht mir auf den Nerv!‘
Mir ging das Tippen auch auf den Nerv. Lieber sprach ich mit demjenigen. Das sah er anscheinend auch so. Man konnte so alles besser erzählen. Ich freute mich schon auf seine Stimme. Wie würde sie klingen? Nervös? Genervt? … Böse?
‚Bitte ruf an‘ , schrieb ich zurück,
Ich war ja allein, aber ob er jetzt telefonieren konnte und allein war, wusste ich nicht. Er sollte entscheiden. Und schon klingelte das Telefon. So als hätte er nur darauf gewartet.
„Hallo, mein Schatz!“, begrüßte er mich sofort.
Seine Stimme klang sehr erfreut und glücklich.
„Hallo, Alfons!“, antwortete ich ihm.
Ich fand, mit „Schatz“ zu antworten wäre etwas zu viel gewesen.
„Bist du gut nach Hause gekommen?“
„Ja, danke der Nachfrage. Nur meine Freundin hielt mich noch lange wach. Sie wollte natürlich alles wissen. Um 23 Uhr komplimentierte ich sie dann höflich raus. Sie fragt mich jeden Tag, wann ich wieder mit dir ausgehe und ob du nicht einen Freund für sie hast?“
War das jetzt zu viel erzählt? Er lachte sofort. Also nahm er es mit Humor.
„Nein, leider. Aber so ein alter Knacker wartet auf dich und will mit dir einen Ausflug machen. Hättest du dieses Wochenende Zeit? Ich könnte dir gar nicht böse sein, wenn nicht. Du hast ja Familie und Freunde. Und falls du schon etwas vorhast, müssten wir es verschieben.“
„Spricht jetzt der alte Knacker mit mir oder Alfons?“, fragte ich nach.
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