„Spatzl, ich freu mich schon auf die Wanderung“, lachte Jacob und nahm seine Magdalena in die Arme.
„Ich auch. Mal sehen, was dieser Sepp für einer ist und ob der uns auch über so eine alte Schmugglerroute führt. Ich fände das spannend“, lachte Magdalena und sprang mit einem Kopfsprung direkt ins Wasser.
„Aber Schatz, bergsteigen werden wir nicht“, rief Jacob seiner Frau zu, als diese wieder aufgetaucht war.
Am nächsten Morgen, Jacob und Magdalena saßen noch gemütlich beim Frühstück, kam der Concierge mit einem älteren Mann an ihren Tisch.
„Herr Countz, Frau Countz. Ich möchte ihnen gerne Sepp Haderer aus Obergern vorstellen. Er wird sie auf Ihrer Wandertour führen“, erklärte der Concierge freundlich lächelnd.
Sepp Haderer entsprach dem Klischee eines typischen alpenländischen Urbayern. Er hatte einen dichten Vollbart, war etwa einmeterundsiebzig groß und trug eine kurze Lederhose mit einem rot-weiß karierten Hemd. Auf dem Kopf hatte er einen Hut mit einem großen Gamsbart. Jacob und Magdalena reichten dem alten Mann die Hand.
„Frühstücken sie aber bitte erst noch zu Ende. Sepp wird sie in unserem kleinen Besprechungsraum, gleich neben der Rezeption erwarten. Sie können dort in Ruhe über die Einzelheiten ihrer Tour sprechen“, sagte der Concierge, „wir wünschen ihnen noch einen guten Appetit. Ich hoffe es ist alles in Ordnung?“
„Ja, danke. Wir werden gleich bei Ihnen sein“, lächelte Jacob freundlich.
Als der Concierge und der Wanderführer weg waren, sagte Magdalena lachend: „Der sieht aber urig aus. Ein kleiner Alpöhi.“
„Hauptsache, er kennt sich hier aus“, grinste Jacob.
Nur 15 Minuten später gingen Jacob und Magdalena zu ihrem Wanderführer Sepp Haderer, der in dem kleinen Besprechungszimmer bereits einige Karten ausgebreitet hatte.
„Also, I bin dr Sepp“, sagte Sepp Haderer lachend.
„Magdalena meine Frau und ich bin Jacob“, stellte Jacob sich und seine Frau freundlich vor.
„Guat, setz ma uns“, erklärte Sepp Haderer, „I muaß sie zerscht was frogn. Giabts an bsondern Grund, warum ihr grad Morgn und Üwermorgn üwern Unterschberg wollts?“
„Ja den gibt es tatsächlich Sepp. Wir werden nächste Woche abreisen und da wollen wir zuerst noch eine schöne große Wanderung machen. Später geht es nicht, weil wir uns auch noch für die Rückfahrt und unsere Jobs ausruhen und erholen wollen“, erwiderte Magdalena.
„Guat, die Tour hot nocher nix mit die Gschichten ztun, die üwern Unterschberg erzählt werdn?“ fragte der alte Mann.
„Was für Geschichten meinen sie“, fragte Jacob.
„Er meint bestimmt das, was ich in dem Reiseführer gelesen hab, als wir hergefahren sind. Nein Sepp, wir wollen nur eine Wanderung mit dem Ziel Hallein machen, sonst nix“, lachte Magdalena fröhlich.
Sepp schaute skeptisch seine neuen Kunden an.
„Ihr habts übern Unterschberg was glesen, awer mit die Gschichten nix am Huat? Wanns anders wär, dat i net mitgehn. Awer guat, wann’s so is, i glaubs eich, gemma nocher jetzat an die Planung. Ihr lügts mi wirkli net an?“ fragte Sepp Haberer nachdenklich.
„Nein Sepp. Wir sind realistisch denkende Menschen, wie heißt es so schön analytisch logisch strukturiert, und definitiv keine Esoteriker, Mystiker oder so. Dennoch würden wir gerne eine Route gehen wollen, die früher von Schmugglern oder Wilddieben benutzt worden ist. Wir denken, dass das bestimmt anspruchsvolle Routen sind“, erwiderte Jacob lachend.
„Jo, do host scho recht. Die san früher scho gfährliche Weg gangen. Do mist ihr eich awer ah auf klettern einstelln. Wollst ihr dös wirkli?“ gab Sepp Haberer zu bedenken.
„Klettern? Ich glaub das ist eher weniger das was wir machen wollen. Anspruchsvoll darf oder soll die Route schon sein, aber Bergsteigen möchten wir eigentlich nicht. Es soll ein Erlebnis werden, an das wir noch lange denken werden“, warf Magdalena bestimmt ein.
„Das sehe ich genau so“, erklärte Jacob.
„Guat, ihr wollts 2 oder 3 Tag unterwegs sein. Wollts ihr im Zelt übernachten oder in einer Pension“, erkundigte sich Sepp Haderer, der Wanderführer.
„Im Prinzip hätte ich nichts gegen eine Zeltübernachtung, aber wir haben kein Zelt mit dabei. Das spricht für die Übernachtung in einer Pension“, entgegnete Jacob.
„Tuats an Heuschober a?“ wollte Sepp Haderer wissen.
„Ist das so etwas wie eine Scheune, in der Heu gelagert ist? Das wäre auch in Ordnung. Ist bestimmt lustig“, antwortete Magdalena grinsend.
„Guat. Vorschlag. Ich suche eine Route aus, anspruchsvoll, ohne klettern und ein oder zwei Übernachtungen in einer Pension, aner Hüttn oder oam Heuschober. Rucksäcke habts ihr aber dabei? Für Proviant und so?“ sagte der erfahrene Wanderführer. Magdalena und Jacob nickten.
„Guat. Morgen in der Frua. Um 8 Uhr Abmarsch, hier in der Hotelhalle“, bestimmte Sepp Haderer und verabschiedete sich eilig.
„Also, ich freu mich auf die Wanderung mein Schatz“, lächelte Jacob fröhlich, „und dieser Sepp ist bestimmt genau der Richtige. Der Concierge hat schon recht, ein richtiges Original.“
„Denk ich auch. Aber was der immer mit den Geschichten über diesen komischen Berg hatte. Wir sollten mal den Concierge fragen, was es mit diesen Geschichten auf sich hat“, überlegte Magdalena.
„Ach diese Märchen interessieren mich eigentlich nicht, aber wenn du magst, kannst du ja mal fragen. Die Antwort kenn ich aber schon“, grinste Jacob frech.
„Das mach ich und zwar sofort. Kommst du mit?“ erklärte Magdalena und war auch schon auf dem Weg zur Tür und zum Arbeitsplatz des Concierge.
Jacob hatte gar keine Chance auszuweichen. Es war ihm sichtlich unangenehm und es interessierte ihn auch überhaupt nicht, ob Geschichten und Gerüchte über den Berg existieren. Anders Magdalena, in ihr wurde irgendwie der Forscherdrang geweckt. Sie wollte jetzt unbedingt wissen, was an den Geschichten, die im Reiseführer standen, dran ist. Magdalena steuerte schnurstracks auf den Concierge zu, der mit den Vorbereitungen auf den kurz bevorstehenden Papstbesuch beschäftigt war.
„Sagen sie mal, ich habe da in meinem Reiseführer von unerklärlichen Phänomenen über unser Wandergebiet, diesen Untersberg, gelesen. Was ist an den Geschichten dran?“ wollte Magdalena neugierig wissen.
Der Concierge erschrak kurz, wohl wegen der forschen Art Magdalenas, hatte sich aber sofort wieder gefangen.
„Ja da gibt es wohl die eine oder andere Geschichte, oder besser ausgedrückt, das eine oder andere Märchen, Frau Countz“, erklärte der Concierge lächelnd.
„Sepp hat auch schon so komische Andeutungen gemacht und in mir die Neugierde geweckt. Auch mit dem morgigen Tag, Maria Himmelfahrt, dem 15. August, hat es wohl irgendetwas auf sich“, bohrte Magdalena nach.
„Also an Maria Himmelfahrt ist in Bayern und Österreich ein hoher kirchlicher Feiertag, deswegen kommt ja auch der emeritierte Papst zu uns, ein großer Anhänger der Gottesmutter Maria. Das Fest besteht soweit ich weiß seit dem 7. Jahrhundert und an dem Tag ist auch die Kräuterweihe“, erzählte der Concierge, der Jacobs Unbehagen sah, „dann gibt es da noch eine Sage, nach der sich jedes Jahr an diesem Tag an einer geheimen Stelle ein Zeitloch öffnen soll. Es soll in eine Spiegelwelt führen, in der Kaiser Karl der Große über ein Volk aus Bauern, Rittern, Zwergen und Adeligen herrschen soll. Aber das ist nur eine Sage, ein Märchen. Bisher hat noch niemand dieses Zeitloch gefunden.“
„Diesen Blödsinn hab ich in meinem Reiseführer auch gelesen. Da stand aber auch, dass der Dalai Lama diesen Berg als Herz-Chakra Europas bezeichnet und in eine Reihe mit Stonehenge, dem Bermudas Dreieck und auch dem Himalaja in Nepal stellt. Der Dalai Lama sagt diese Kraftorte seien alle miteinander verbunden. So und ich denke nicht, dass der Dalai Lama Quatsch erzählt“, wollte Magdalena aufgeregt wissen.
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