R.J. Simon
Bis dass der Tod euch vereint
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Inhaltsverzeichnis
Titel R.J. Simon Bis dass der Tod euch vereint Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
Brigitte schlendert die Strandpromenade der wunderschönen Stadt Nizza entlang. Diese liegt an der französischen Riviera und wird oft auch als die Perle der Côte d´Azur bezeichnet. Mit Recht! Hier am türkisfarbenen Meer, wo die helle Sonne vom wolkenlosen tiefblauen Himmel aus die Erde innig küsst, scheint Brigitte die Welt heil zu sein. Die Menschen unten am Kiesstrand lassen sich von den warmen Strahlen der Sonne verwöhnen und zeigen Brigitte ein harmonisches Bild.
Alle sind guter Dinge, ausgelassen und genießen ihr Leben, das in der Urlaubszeit doch am schönsten ist. Jeder vergisst in einer solch aufmunternden und fröhlich stimmenden Umgebung, bei dieser hochsommerlichen Witterung den quälenden Alltagstrott. Die kleineren und großen Sorgen des Lebens, sowie der Stress der Arbeit sind weit entfernt und scheinen vorübergehend nicht zu existieren.
Wir befinden uns im Jahr 1988. Brigitte ist eine sehr attraktive, 41 jährige Frau, die in ihrem Auftreten wesentlich jünger wirkt. Man sieht ihr das reife Alter keineswegs an. Sie hat dichtes, rabenschwarzes gelocktes Haar, das in der grellen Sonne einen schwachen Blauschimmer erhält. Diese Pracht trägt Brigitte in der Mitte gescheitelt, rückenlang, in Wellen über die Schultern fallend. Ihr schönes Gesicht, mit den hohen Wangenknochen und den ebenfalls tiefschwarzen Brauen über den langen Wimpern und den großen Augen, wird von den nach hinten gerollten Haaren in einer besonderen Art eingerahmt. Durch diese jugendliche Frisur wirkt Brigitte unter anderem wohl zusätzlich mit Erfolg ihrem Alter entgegen.
Ein Lächeln von ihr strahlt heller als die Sonne an einem wolkenlosen Himmel. Die blutroten vollen Lippen zeigen bei einem Lachen die ebenmäßigen, wie Südseeperlen anmutenden Zähne, die ihren Mund zu einem sinnlichen Augenmagnet forcieren. Brigittes schlanke Figur, mit den wohlgeformten weiblichen Rundungen an den rechten Stellen, machen sie mit all den anderen Augenweiden ihrer Erscheinung zu einer außerordentlich hübschen und betörenden Frau. Auf der Straße sehen ihr deshalb oft auch Männer nach, die wesentlich jünger sind als sie selbst. Brigitte nimmt diese bewundernden Blicke gewöhnlich als Kompliment hin und freut sich darüber.
Im Moment kann Brigitte das bunte Treiben und die Unbekümmertheit der Menschen vor ihr am Strand allerdings nicht teilen. Sie sieht zu, wie sich die Leute, ihre Körper mit Sonnencremes oder Ölen beschmiert, in der Sonne räkeln, um die begehrte Bräune des Südens zu erlangen und das Leben genießen ohne das jedoch richtig zu registrieren.
Brigitte hat genügend an ihren eigenen Problemen zu tragen, die ihr momentan jegliche Lebensfreude nehmen, ihre Stimmung verfinstern und es ihr unmöglich machen, sich für andere Dinge zu öffnen und sich daran zu erfreuen. Ihre eigene Situation steht für Brigitte im Vordergrund und überfordert sie beinahe, so dass sie ihre Umwelt um sich herum fast nicht wahrnimmt.
Trotz des wunderbaren Wetters und des Klimas, welche die Unternehmungslust und Lebensfreude positiv beeinflussen, ist Brigitte niedergeschlagen, bedrückt und erschöpft. Überall um sie herum scheint die Sonne. Auf der ganzen Welt erstrahlt ihr wärmendes Licht, aber eiskalte stürmische Winde wehen durch Brigittes Gemüt. In ihrem Innern herrscht eine apokalyptische Untergangsstimmung, die alles andere überlagert und den kleinsten Anflug von Freude oder neuem Lebensmut sofort zunichte macht. Ihr fehlt die starke Schulter zum Anlehnen. Brigitte steht ganz alleine da. Sie fühlt sich zunehmend müde und ausgelaugt. Die Anspannungen der letzten Monate machen Brigitte sichtlich zu schaffen. Sie hat zu viel durchgemacht in der nahen Vergangenheit. Zu viel getan und erlebt, viel zu viel, als dass sie es einfach so wegstecken könnte.
Brigitte hat panische Angst davor heim in ihre vertraute Umgebung zu gehen, in das Haus, das ihr eigentlich gehören müsste. Aber nur eigentlich! Denn aus für sie noch unverständlichen Gründen ist es nicht ihr Eigentum geworden, sondern wurde ihr frevelhaft vorenthalten. Ihre letzten Kraftreserven wird Brigitte dafür einsetzen, um zu ihrem Recht zu kommen.
Dort in den Räumen, die viele schöne aber auch leider einige traurige Erinnerungen für sie bergen, wird Brigitte wieder die Stimme hören. Diese furchtbare, unheimliche Stimme ihres verstorbenen Mannes, die irgendwo in ihrem überreizten Gehirn entsteht und sie peinigt. Brigitte beginnt zu zittern, wird nervös und es befällt sie die reine Panik, wenn sie nur daran denkt.
Durch dieses Geflüster, das in dem Haus um sie herum ist und gegen das sich Brigitte nicht zu wehren vermag, wird sie immer wieder an den Mann erinnert, der so vieles für sie getan hatte. Doch ihr Verhalten ihm gegenüber war in den zurückliegenden Monaten nicht gerade das dankbarste und ehrenvollste gewesen. Diese Tatsache ist sicherlich verantwortlich dafür, dass ihr schlechtes Gewissen diese Stimme produziert, die stets Brigitte aus dem Anwesen fliehen lässt. Weil damit die überwiegend positiven Erinnerungen an ihren Mann geweckt werden, die Brigitte ihm nicht dankte, findet ihr Gewissen wohl keine Ruhe. Die Geborgenheit, die Brigitte all die Jahre in ihrem Zuhause empfand, wird durch die Stimme zerstört und jagt sie regelmäßig fort.
Dieser, ihr Ehemann, kam vor drei Wochen durch einen tragischen Autounfall ums Leben. Es war ein Unfall, wenn auch die Umstände mysteriös sind, und die definitive Unfallursache noch immer ungeklärt ist. Die Behörden glauben an ein Unglück! Das ist wichtig. Die Experten vermuten einen plötzlichen Herzanfall als Auslöser. Sicher ist aber bis heute noch nichts. Die Ermittlungen laufen noch.
Faktum ist bis heute lediglich: Das Auto brach mit seinem Fahrer auf gerader Strecke durch die Begrenzungspfosten und stürzte über die Klippen in die Tiefe, wo es völlig ausbrannte. Eine Beteiligung eines weiteren Fahrzeugs wird mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen. Es gibt keine Bremsspuren oder Zeichen eines Unfalls mit einem weiteren Verkehrsteilnehmer. Der Fahrer war in dem Wrack eingeschlossen gewesen und hatte keine Chance zu entkommen. Die Leiche konnte danach nicht mehr identifiziert werden. Nur anhand des Nummernschilds des Wagens war es möglich gewesen den Halter zu ermitteln, der mit dem Fahrzeug selbst unterwegs war. Der Eigentümer des Unglückswagens war Brigittes Ehemann.
Obwohl die Umstände des Unfallhergangs mit etlichen Fragen behaftet sind und es um einen beträchtlichen Nachlass geht, wurde Brigitte bis jetzt erst zwei Mal von der Polizei aufgesucht und dazu befragt. Das erste Mal am gleichen Abend des Unglücks, an dem die Beamten ihr vorrangig die Todesnachricht überbrachten. Die vorsichtigen und rücksichtsvollen Fragen der Polizisten zielten ausnahmslos darauf ab festzustellen, wer mit dem Auto unterwegs war, um jeden Irrtum auszuschließen. Ansonsten zeigten die Herren bei dieser unseligen Aufgabe viel Rücksicht und Anteilnahme, schonten Brigitte so gut es der Umstand erlaubte, und ließen ihr bald ihre Ruhe.
Ein weiteres Mal kamen dieselben Polizisten eine Woche später, um Brigitte dann lediglich mitzuteilen, dass die Untersuchungen bis dahin keine neuen Aspekte ergeben hätten. Wie so nebenbei fragten die Beamten zum Schluss nur noch, ob Brigitte etwas Erwähnenswertes wüsste, was ihr beim ersten Besuch nicht einfiel. Immerhin hätte es ja möglich sein können, dass Brigitte aus Verzweiflung oder aus Schock über die schreckliche Nachricht wichtige Dinge vergessen oder verdrängt hätte an diesem schicksalhaften Abend, meinten sie. Aber Brigitte konnte ihnen auch damals keine weiteren Angaben machen. Es stand unumstößlich fest, dass ihr Mann mit dem Auto unterwegs war. Mehr wollten die Polizeibeamten bis heute nicht von ihr wissen.
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