Renate Stadlmaier - Heinrich die Suche

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Wien im 13. Jahrhundert.
Heinrich der Verwalter der Burg Falkenstein trägt seit vielen Jahren ein Geheimnis mit sich was nun droht aufgedeckt zu werden.
Edgar von Kamp, ein von Wahnsinn und Hass geprägter Päderast, lässt die Burg brennen und Heinrich's kleine Tochter entführen. Mit Hilfe des vermeindlichen Magiers Bartimähus, hofft er durch eine Reliquie und dem Blut des Mädchens Unsterblichkeit zu erlangen.
Zur gleichen Zeit bringt Bertram, der Sohn des Grafen Falkenstein einen heiligen Schatz von Böhmen nach Wien.
Edgar von Kamp besiegt Bertrams Truppen in einem furchtbaren Gemetzel, nimmt den jungen Grafen gefangen und das Heiligtum an sich.
In dieser gefährlichen, brutalen Zeit begeben sich Heinrich und sein Sohn Conrad auf eine spannende Suche nach ihren geliebten Menschen....

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Renate Stadlmaier

HEINRICH

DIE SUCHE

Mittelalterroman

Mit historischem Hintergrund

1.Auflage

Copyright © 2015 von Renate Stadlmaier

Umschlaggestaltung: Michael Ebner, A-Langenzersdorf

ISBN 978-3-7375-9076-1

Danksagung

Ich bedanke mich bei meinem Mann Oliver, bei meinem Sohn Michael, bei meiner Tochter Marlene und bei meiner lieben Freundin Irene, die alle tatkräftig mitgeholfen haben.

Sprüche

„Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden.“

Jimi Hendrix

„Wer das Leben nicht schätzt der verdient es nicht.“

Leonardo da Vinci

RACHE

Im Morgengrauen begaben sich zwanzig mysteriöse Gestalten in ein Schloss und folgten in einer langen Reihe einem dunklen unterirdischen Gang, der nur durch den flackernden Schein ihrer Fackeln matt erleuchtet wurde. Feucht-modriger Geruch stieg in ihre Nasen und ihren Weg säumten schauderhaft viele Totenschädel mit leeren Augenhöhlen und eine Vielzahl an Gebeinen.

Am Ende des Ganges blieb die Gruppe wie auf ein Kommando stehen. Unheimliche Stille breitete sich aus, die nur durch ein leises Pfeifen und Rascheln im Dunkeln unterbrochen wurde. Der Erste, ein großer, hagerer, schwarz gekleideter Mann, trat zu einer Nische in der Wand vor, griff mit der dünnen, knorrigen Hand hinein und zog an einem verborgenen Hebel. Sogleich ertönte ein dumpfes Knirschen und die Wand begann sich zu drehen. Sie gab eine dunkle Öffnung frei und im Schein der Fackeln wurden in den Stein gehauene, feuchte Stufen sichtbar. Langsam und vorsichtig stiegen die zwanzig Männer die Treppe hinunter und gelangten schließlich in einen Raum mit einem steinernen Altar. Wieder trat der schwarz gekleidete Mann vor und entzündete die Kerzen auf einem dreiarmigen Kerzenständer, der in der Mitte des Altars stand. An der Wand dahinter hing ein umgedrehtes Kreuz. Links und rechts an den Wänden waren Pentagramme aufgemalt, jene fünfzackigen Sterne, deren untersten Spitzen in Richtung Hölle zeigen. Die beiden seitlichen Spitzen sollen die Hörner des Teufels symbolisieren. Der Mann stellte sechs kleine, silberne Schatullen auf den Altar und öffnete sie. Danach ging er zu einem Kohlebecken an der hinteren Wand, senkte den Kopf und verschränkte die Arme in den weiten Ärmeln seiner Kutte. Leise begann er eine Beschwörungsformel zu murmeln. Ein anderer, ein wahrer Riese, löste sich aus der Gruppe, trat ein paar Schritte vor, zog ein zappelndes Huhn aus einem Lederbeutel, den er unter seinem schwarzen Umhang trug, und schnitt ihm kurzerhand den Kopf ab. Das Blut spritzte und besudelte den Mann, der den Kopf zurück warf und schallend lachte.

„Ich rufe dich, Luzifer!“, ertönte seine dunkle Stimme.

„Ich rufe Luzifer, den gefallenen Engel, der sich einst gegen Gott auflehnte.

Nimm mein Opfer und höre meine Bitte!“

Die anderen achtzehn Männer standen in einem Halbkreis hinter ihm und stimmten einen monotonen Singsang an, der immer mehr anschwoll, bis er sich zu einem schrillen, ohrenbetäubenden Geschrei steigerte.

„Gebt meiner schwachen Seele Kraft! Dämonen der Dunkelheit, lasst mich euer Diener sein!“, brüllte er und riss die Arme hoch.

Plötzlich stieg schwarzer Rauch aus den sechs Schatullen auf und umhüllte den Mann in der Mitte des Raumes, der mit erhobenen Armen, blutverschmiertem Gesicht und gespreizten Beinen dastand. Er legte den Kopf in den Nacken, öffnete den Mund und atmete in tiefen Zügen den schwarzen Rauch ein. Tief seufzend, ließ er die Arme wieder sinken.

Mit einem Schlag verstummte das Geschrei und Totenstille breitete sich aus. Die Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit, dann drehte sich der schwarz gekleidete Hüne langsam um. In der Hand hielt er noch immer das geköpfte Huhn und schweigend sah er jeden seiner Männer an. Dabei wandte er nicht den Kopf, nur seine blutunterlaufenen Augen bewegten sich und sein Gesicht verzog sich zu einem bösen Grinsen.

„Es ist vollbracht!“, krächzte er mit heiserer Stimme.

„Die heilige Reliquie wird ihr Ziel nicht erreichen und im Feuer brennen. Das Blut der Jungfrau, die zum Julfest geboren wurde, wird ihre Asche tränken und der Herr der dunklen Tiefen wird durch mich zu neuem Leben erweckt!

Er gab ein lautes, heiseres Lachen von sich.

„Zudem verfluche ich dich, Graf Falkenstein, da du König Ottokar geholfen hast, meinen Vater zu ermorden. Ich werde dir deine Lebensgeister nehmen. Stück für Stück. Langsam sollst du dahinsiechen und höllische Qualen durchleiden. So soll dich meine Rache treffen! IM NAMEN LUZIFERS!“

Der Schein der Kerzen warf tanzende Schatten an die Wände und wieder schallte dieses kalte, krankhafte Gelächter durch den Raum. Das Böse war spürbar nahe und ließ alle Umstehenden erschaudern.

Die achtzehn Männer warfen sich ehrfürchtig auf den lehmigen Boden, denn in diesem Moment hatten die dunklen Mächte ein Wesen geschaffen, das imstande war bedenkenlos zu töten. Ein Wesen, teuflisch, skrupellos und von Hass verzehrt.

DER TRAUM

Die Sonne versank langsam hinter der Spitze des Kahlenberges und beleuchtete den Abendhimmel tiefrot. Auf der gegenüberliegenden Seite der Donau stand nördlich von Wien, oben am Bisamberg die Burg Falkenstein. Das letzte Licht des Tages tauchte die Burg in dumpfe Farben. Die vielen Menschen, die hier wohnten, beendeten ihr Tagwerk und begaben sich anschließend zum gemeinsamen Abendessen in den Rittersaal. Die Zugbrücke wurde hochgezogen und das laute Rasseln und Poltern übertönte die letzten vereinzelten Stimmen im Burghof. Binsenlichter wurden angezündet, Türen schlugen ins Schloss und mit einem Male war alles menschenleer.

Dann brach die Nacht herein.

Silbriger Mondschein floss über die Dächer, während die letzten Lichter in den Gemächern verloschen. Eine Katze saß auf einem Mauersims, sprang plötzlich auf und tauchte blitzschnell in die Finsternis ein. Danach lag die Burg im Dunkeln, still und verschwiegen.

In dieser Nacht schlief Heinrich schlecht. Der Verwalter des Grafen Falkenstein, bewohnte mit seiner Frau Franziska, seinem Sohn Conrad und seiner Tochter Sybilla innerhalb der Burgmauer ein kleines Fachwerkhaus. Unruhig warf Heinrich sich herum. Im Traum hörte er eine sanfte Frauenstimme, die ihn rief.

„Heinrich! Hilf uns!“

Er öffnete die Augen und fand sich in einem Wald wieder.

Vor ihm lag ein kleiner See. Frühnebel hing wie schwerer Rauch zwischen den Bäumen und kroch langsam übers Wasser. Es war kühl und die Luft roch frisch und gut. Er sah zum Waldrand hinüber und durch die Nebelschwaden nahm er eine Gestalt wahr, die auf ihn zukam.

„Heinrich! Du musst sehr wachsam sein! Das Kind ist in Gefahr“, hörte er die Stimme wieder rufen.

Die Gestalt kam näher. Es war eine zarte, junge Frau mit langem, blondem Haar, das ihr über den Rücken fiel. Sie trug ein weißes, seidenes Gewand und war schön wie ein Engel. Heinrich spürte überwältigende Freude.

„Gertrud! Was machst du hier?“

Sie streckte die Arme nach ihm aus und als sie ihn erreichte, musste er erschrocken feststellen, dass sich ihre honigbraunen, freundlichen Augen rot färbten und ihr Gesicht sich zu einer widerlichen Fratze verzog. Vor Heinrich stand plötzlich ein Ritter in einer schwarzen, rostigen Rüstung.

„ Ich werde euch alle vernichten!“, donnerte die tiefe, furchterregende Stimme des Ritters.

Seine schrecklichen Augen blickten Heinrich zornig an und er versuchte, mit einem Dolch auf ihn einzustechen.

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