DIE
ELEMENTE
DES
ZEN
IN DER
KAMPFKUNST
HAGEN SEIBERT
1. Auflage 1996
2. korrigierte Auflage 1998
3. erweiterte Auflage 2015
Verlag:
H. Seibert, Erbsenreute 24, D-79312 Emmendingen
info-zenaiki@web.de
© Hagen Seibert
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Inhaltsverzeichnis
Erstes Buch: Die Elemente des Zen im Budô
Vorwort
Chogen - Die Verbindung von Zen und Budô
Zuihô-in - Im Zuihô Tempel in Kyôto
Sennen - Konzentration
Kokyu - Atemkraft
Shisei - Haltung
Chôryoku - Spannung
Mushotoku - Handeln ohne Absicht
Sutemi - Den Körper vergessen
Shinakatta - Ich war´s nicht ...
Zanshin - Hier und Jetzt
Mushin - Der leere Geist
Hishiryo - Nicht haften
Shoshin - Anfänger-Geist
Jukutatsu - Meisterschaft
Zweites Buch: Zen-Philosophie und Kampfkunst
Vorwort zum Zweiten Buch
Münsterschwarzach - Seminar im Kloster
Seisei - Bedingtes Entstehen
Henkyô de - An der Grenze
Genjitsu - Wirklichkeit
Shôsei - Ich
Kurushimi - Leiden
Ware o wasureru - Sein Ich aufgeben
Kû - Leere
Bôryoku - Gewalt
Katatsumuri no henshi - Tod einer Schnecke
Setsunintô - Katsujinken - Todbringende Klinge – Lebensschenkendes Schwert
Jiyû - Unbeschränktheit
Tôitsu - Einheit
Kyômei - Mitgefühl
Teki - Der Feind
Shôtotsu - Konflikt
Funsô - Streit
Tegoro na tebiki - Praktische Anleitung
Aikidô - Die Entstehung von Aikidô
Yûshô - Sieg
Anhang
Yin und Yang - Die beiden Urkräfte
Gogyô - Die Fünf Wandlungen
Wuwei - Nicht Handeln
Ashi - Wie man die Füße setzt
Todome - Die 14. Form Aikidô Tôhô Iaidô
Dank
Quellenverzeichnis
Weitere Literatur
Erstes Buch: Die Elemente des Zen im Budô
1993 gründete ich zusammen mit meinem Freund Martin Geiß das Tendôryu-Aikidô-Dôjô in Regensburg. Wie es der Zufall wollte, waren unsere ersten Schüler lauter Psychologie-Studenten, und die wollten den theoretischen Hintergrund des Aikidô erst einmal ganz genau wissen, am liebsten in einem Buch nachlesen.
Ich wollte bestenfalls das „Aikido-Brevier" empfehlen, ein schmales Büchlein, in dem die grundlegenden Techniken dargestellt sind, mit ein paar Aufsätzen zu Geschichte und Idee, und ihnen gleichzeitig klarmachen, dass sich ihnen Aikidô nur im Training, auf der Matte, erschließen würde. Bücher können unmöglich eigene Erfahrungen ersetzen. Nicht umsonst bezeichneten Zen-Meister Bücher als „altes, verrottetes Papier".
Denen, die dennoch unbedingt etwas lesen wollten, konnte ich dann nur noch Taisen Deshimaru Rôshis „Zen in den Kampfkünsten Japans" nahelegen. Dabei handelt es sich allerdings eher um ein Buch über Zen als um ein Aikidô-Buch, obwohl ich es selber für einen Fortgeschrittenen als ungemein inspirierend empfunden habe. Ansonsten konnte ich nichts mehr empfehlen: weder die intellektuell abgehobenen „Aikido and the Dynamic Sphere", noch Andre Protins „Aikido", die eher verwirren als erhellen, und schon gar nicht die ganzen Bilderserien-Bücher von den unterschiedlichen Meistern unterschiedlichster Schulen. Nicht einmal Kamatas fundierte, aber eher akademische Ausführungen in „Zen and Aikido". Warum schaffte es keiner, in klaren, einfachen und lebendigen Worten, die Dinge auf den Punkt zu bringen?
Aikidô lässt sich nicht erklären, sondern nur durch Praxis erlernen. Vielleicht liegt darin das Problem. Im Vordergrund steht Waza, die Technik. Wenn man sich nur bemüht, die Techniken perfekt zu beherrschen, und alles , was für eine perfekte Ausführung der Technik notwendig ist, mit einbezieht, wird man automatisch auf den richtigen Weg gelangen. Aus der Technik folgt die Atmung und auch die richtige geistige Haltung. Jedoch wäre es für den Einzelnen enorm mühselig, müsste er für sich alles wieder neu erfinden.
Dieses Wissen existiert bereits. Doch wie sollen wir es unseren Schülern nahebringen? Die Techniken erklären und zum Rest schweigen und hoffen dass die Schüler von selber zum Ziel gelangen, das wäre sicher nicht das richtige Vorgehen. Ein Trainer muss immer wieder Hinweise geben, die dem Schüler den Weg nach der nächsten Biegung aufzeigen, so dass dieser, wenn er dorthin gelangt ist, auch für den weiteren Verlauf ein eigenes Gespür entwickelt hat. Um solche Hinweise geben zu können, musste ich den Sachverhalt zuerst einmal für mich selber klar herausarbeiten und formulieren. Das ist der Ursprung dieses Büchleins: Ich benötigte es als eine Grundlage für das Training, für den Trainingsaufbau, um Fragen beantworten zu können, und als Gedankenstütze.
Nun ist das Manuskript fertig. Was liegt näher, als es auch anderen zur Verfügung zu stellen, es offenzulegen und mitzuteilen. Dafür, denke ich, ist es legitim, auch neues, noch nicht gänzlich „verrottetes Papier“ zu produzieren. Das vorliegende Buch soll erste Neugierde befriedigen, erläutern, motivieren und neues Interesse wecken. Weder Zen noch Aikidô können umfassend erklärt werden, das geht nicht in einem Buch. Es geht lediglich darum, Zen-Geist beim Training praktisch erfahrbar und nachvollziehbar zu machen. Das Buch bezieht sich auf Aikidô, das Gesagte gilt im Prinzip gleichermaßen für jede andere Art von Budô.
Arco, 15.6.1995
Zur dritten Auflage sei angemerkt, dass es wiederum eine überarbeitete Fassung ist. Immer wieder fanden sich Stellen, wo sich treffender sagen ließ, was ich eigentlich ausdrücken wollte. Auf Seminaren zeigte sich, dass insbesondere der Gedanke „nicht ich mache, sondern es geschieht aus mir heraus” nicht so leicht verstanden wurde. Um dies besser zu erläutern, wurde ein ganzes Kapitel neu eingefügt. Hinzu kamen vier Kapitel, die tiefer die Grundlagen des Buddhismus erläutern, und weitere vier Kapitel, die sich in diesem Kontext mit der Frage der Anwendung von Gewalt befassen. Damit ließ sich das Buch in zwei Teile ordnen und neu strukturieren: Die erste Hälfte behandelt die eher praktischen Aspekte von Zen in der Kampfkunst, die zweite Hälfte Gedanken, die über den Kampf hinaus zu philosophischen Themen führen. Letztlich hat sich damit auch der Zweck des Buches erweitert: Es ist mir nicht mehr nur Grundlage für die Trainerarbeit und Gedankenstütze, sondern auch Zielformulierung für eigene Weiterbildung. Und schließlich hat sich in den Jahren auch der eigene kampfsportliche Horizont erweitert, von Aikidô um Iaidô und JuJitsu, so dass sich die Thesen in diesem Buch nicht mehr allein auf Aikidô beziehen, sondern auch auf andere Budô-Richtungen. Konsequenterweise wurde der Titel in „Die Elemente des Zen in der Kampfkunst“ geändert.
Berlin, 2.1.2011
Chogen - Die Verbindung von Zen und Budô
Wenn ich einmal das Fechten in Europa und seine Verbindung mit dem Christentum mit dem Fechten in Japan und seiner Verbindung zum Zen-Buddhismus vergleiche, gibt es da einen Unterschied? Das Fechten hat in beiden Kulturen eine lange Tradition. In Europa gab es mit den Ritterorden eine institutionalisierte Verbindung von Ritterstand und religiöser Spiritualität. Das Christentum gab den Ordensrittern Anleitung, wofür sie ihr Schwert einsetzen sollten. Für die Frage, wie sie ihr Schwert handhaben sollten, konnten die Ritter nicht aus dem Christentum schöpfen. Die hohe Kunst des Fechtens – erst mit dem Langschwert, später mit dem Degen – entwickelte sich bar jeder Spiritualität. Heute lebt diese Kunst im Fechtsport weiter, in einer olympischen Disziplin, die auf Wettkampf ausgerichtet ist. In Japan gab es ebenfalls einen Ritterstand, die Samurai. Es gab keine mit Johannitern oder Templern vergleichbaren Orden. Trotzdem entstand eine spirituelle Verbindung, aus der gestalterischen Kraft der Idee des Zen, die den Samurai Rat gab wie sie mit ihrem Schwert umgehen sollten. Der Einfluss des Zen reichte bis in die praktische Handhabung des Schwertes. Heute sind uns die Budô-Künste erhalten geblieben, in denen die Kampfkunst als Weg der persönlichen Entwicklung begriffen wird, und Wettkämpfe nicht im Vordergrund stehen (Bu=Krieg, Kampf; Dô=Weg 1).
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