„Morgen, mein Sohn. Danke, war schön und entspannend, wir waren am Clearwater Beach spazieren und danach schön romantisch essen“, sagte er und sah seinen Sohn fragend an.
„Sag mal, was hast du denn angestellt oder was willst du denn von mir?“ Mason sah ihn überrascht an und tat so, als wüsste er nicht, was er damit meinte.
„Nichts. Was soll ich denn angestellt haben? Ich werde doch wohl meinen Vater noch fragen dürfen, wie sein Wochenende war. Oder etwa nicht?“
„Doch, doch, aber deine Tonlage verriet mir etwas anderes und ich glaube, ich brauche gar nicht lange überlegen, um was es geht. Es geht um Frau Bennett, deswegen bist du heute Morgen sofort zu mir ins Büro gekommen. Stimmt´s?“, fragte er Mason, der zu Boden sah.
„Ja. Ja, es geht um Frau Bennett. Ich möchte ihr gerne hier bei uns eine Chance geben, auch wenn du nicht wirklich begeistert von ihr bist“, erklärte er und wartete auf eine Antwort von seinem Vater Michael.
„Ich weiß, dieses junge, hübsche Fräulein hat es dir angetan. Es fällt mir schwer, dir diese Entscheidung mitzuteilen, doch ich habe auch mit deiner Mutter darüber gesprochen und wir finden, dass sie nicht zu unserem Team passt. So schüchtern und tollpatschig, dann hat sie vor kurzem ihre Mutter verloren, sie ist vielleicht noch nicht ganz bei der Sache mit ihrem Kopf, das können wir nicht riskieren. Ich werde Frau Bennett heute noch anrufen und ihr absagen müssen. Es tut mir leid, Mason“, gab er seinem Sohn zur Antwort. Mason erhob sich vom Stuhl und sah Michael mit wütendem Blick an.
„Toll. Nur weil sie schüchtern ist und auch leider ihre Mutter hat beerdigen müssen, geben wir ihr keine Chance? Ich hätte gedacht, wir sind ein Familienbetrieb und helfen Menschen auch, wenn es ihnen mal nicht so gut geht“, erläuterte er böse und verließ das Büro.
Michael legte seinen Kopf in die Hände.
„Das ist mein Sohn. Irgendwie hat er Recht damit.“
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Die ersten Stunden vergingen für Abigail wie im Flug. Im Supermarkt angekommen, kam gleich eine Kollegin auf sie zu und zeigte ihr bei dem hinteren Regal, wie was funktionierte und wo sie etwas einräumen musste.
Nun, fünf Stunden später, freute sie sich auf ihre Mittagspause. Abi holte sich von der Wursttheke eine Jause und begab sich dann in den Pausenraum, um ihr Mittagessen zu genießen.
Leider dauerte die Erholungsphase in ihrer Pause nicht lange an, da ihr Telefon klingelte und sie ein ungutes Gefühl hatte.
„Hallo, Bennett.“ Es entstand ein kurzes Schweigen, bis sich jemand am anderen Ende der Leitung meldete.
„Guten Tag, Frau Bennett, Baker am Apparat. Ich hoffe, ich störe Sie nicht?“, fragte er höflich.
„Nein, Sie stören nicht. Bitte?“
„Ja, weshalb ich anrufe, ich wollte Ihnen kurz persönlich mitteilen, dass ich Ihnen für die Stelle als Sekretärin leider absagen muss“, erklärte er leise und fügte rasch noch hinzu:
„Aber es könnte bald sein, dass wir in einigen Wochen noch jemanden im Büro benötigen, dann würde ich gerne nochmal auf Sie zurückkommen. Also, wenn das für Sie in Ordnung wäre?“ Abigail war enttäuscht und gleichzeitig froh, sich doch für den Supermarkt entschieden zu haben.
„Sehr gerne können Sie sich melden. Vielen Dank, dass sie extra angerufen haben“, sagte Abigail freundlich und verabschiedete sich von Herrn Baker.
Sie saß regungslos im Pausenraum und musste die Tränen der Enttäuschung zurückhalten.
„Am besten ist, ich mache mich gleich wieder an die Arbeit, um auf andere Gedanken zu kommen.“
Vor Wut, die sich in ihr aufbaute, ging sie schnellen Schrittes zur Tür, drücke den Türknopf nicht weit genug nach unten und rannte mit voller Wucht dagegen.
„Aua!“, schrie sie und fasste sich an die Stirn.
„Toll, jetzt werde ich auch noch eine Beule bekommen.“ Abi ging zu dem Regal, wo sie vor der Pause aufgehört hatte einzuräumen und hoffte nur, dass die letzten Arbeitsstunden schnell vorübergehen würden.
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Als Michael Baker das Gespräch beendet hatte, lehnte er sich in seinen Ledersessel zurück und atmete tief ein.
„Verdammt, ich glaube, ich habe doch die falsche Entscheidung getroffen, diese Frau Bennett war sehr sympathisch und wirkte sehr traurig am Telefon“, redete er mit sich selber und schwieg.
Es dauerte nicht lange, schon klopfte es an seiner Tür und sein Sohn trat ein.
„Vater, hast du es dir denn nicht doch nochmal anders überlegt und wir geben Frau Bennett doch eine Chance?“ fragte er und fügte noch hinzu:
„Denn die letzten zwei Damen, die sich heute vorgestellt haben, finde ich sehr unpassend für unsere Firma.“ Michael sah Mason an und stand auf.
„Da hast du Recht. Doch ich habe soeben mit Frau Bennett telefoniert und ihr gesagt, dass wir sie für diese Stelle leider nicht in Betracht ziehen können“, sagte er und Mason konnte nur den Kopf schütteln. Mason wusste nicht mehr, was er darauf sagen sollte, deswegen drehte er sich um und verließ das Büro.
„Ach, gleich so eingeschnappt sein, dass er sich nicht mal anhört, was ich ihm noch sagen wollte. Das hat er von seiner Mutter.“
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Mit brennenden und schmerzenden Füßen kam Abigail am Abend von ihrem ersten Arbeitstag nach Hause. Sie war kaputt und konnte sich kaum rühren, da sie es auch nicht gewohnt war, den ganzen Tag auf den Füßen zu stehen. Denn ihre frühere Arbeit bestand darin, den ganzen Tag vorm PC zu sitzen und Büroarbeit zu machen.
Abi nahm sich vor, nie mehr wieder mit dem Rauchen zu beginnen, aber heute war so ein Tag, an dem nichts daraus wurde. Sie rannte hinauf in ihr Zimmer und holte sich aus ihrem Versteck eine Zigarette. Als sie wenig später im Garten saß, zog sie genussvoll daran und stieß eine Rauchwolke aus.
Penelope traute ihren Augen nicht.
„Na, was soll denn das? Ich dachte, du hattest mit dieser Plage aufgehört?“ Abi schreckte zusammen, da sie von ihrer Tante beim Rauchen erwischt worden war und zuckte mit den Schultern.
„Das dachte ich mir auch, im Prinzip habe ich es auch. Doch diese eine brauche ich jetzt zur Beruhigung, damit ich etwas runterkomme“, versuchte sie sich rauszureden.
„Aha, immer diese Ausreden, aber erzähl doch mal. Warum zur Beruhigung, was ist denn passiert?“
Abigail lehnte sich in ihren Sessel zurück und atmete tief durch, bevor sie ihrer Tante von dem Telefonat heute Mittag erzählte. Man merkte ihr an, dass sie total traurig darüber war und Penelope wollte versuchen, ihre Nichte etwas aufzumuntern.
„Das tut mir leid Abi, doch deswegen geht die Welt auch nicht unter. Herr Baker sagte ja zu dir, wenn er in absehbarer Zeit doch noch jemanden benötigt, meldet er sich eventuell wieder bei dir. Denke positiv und mache das Beste daraus, wer weiß, wofür es gut ist, dass es so gekommen ist“, sagte sie fürsorglich und Abigail zog kurz die Augenbrauen hoch.
„Danke, ich weiß, es ist lieb gemeint von dir, doch Herr Baker wird sich nicht nochmal bei mir melden. Aber nun zu was anderem, wie sieht es denn mit einem leckeren Abendessen aus?“, fragte sie ihre Tante, die sich nun von ihrem Stuhl erhob.
„Ist schon fertig. Es gibt Lasagne al Forno, das ist doch von dir und Hope das Lieblingsgericht, oder?“
„Oh ja, hundert Punkte.“ Die zwei Frauen begaben sich in die Küche, um den Tisch zu decken und alles fertig zu machen, als wenig später Hope nach Hause kam und von dem Flur aus rief:
„Mmh, das duftet aber lecker nach Lasagne. Hab ich recht?“ Abigail und Penelope sahen sich an und konnten sich ein Lachen nicht mehr verkneifen.
„Typisch meine Schwester.“ Hope kam in die Küche, gab zuerst ihrer Tante ein Küsschen auf die Wange und dann auch ihrer Schwester, die sie gleich fragte:
„Erzähl doch mal, wie war dein erster Arbeitstag im Supermarkt?“
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