Ähnliches gilt für einen Strom-Blackout. Hier funktionieren schon elektrische Garagentore nicht, sodass man Schwierigkeiten hat, mit dem Auto das Haus zu verlassen. Zunächst fällt das Telefon (Das Internet ist tot) und nach 2 bis 4 Stunden die Handymasten aus. Ausfallende Ampeln führen zu Unfallserien, aber der Krankenwagen kann nicht gerufen werden. Produktionsbänder stehen still und Maschinen während der Fertigung teurer Teile bleiben stehen. Melkmaschinen werden nicht mehr gehen, das Vieh wird sterben und Ölheizungen benötigen Strom, um Öl zu pumpen. Fällt der Strom länger aus, platzen Heizungen. Denn ein Blackout wird zunächst bei Kälte auftreten, da dann mehr Strom benötigt wird. Das war im Juni 2019 in Südamerika der Fall, denn dann ist dort Winter und viele heizen elektrisch. Krankenhäuser sind nur noch per Notstromaggregat handlungsfähig. Lifte und Seilbahnen bleiben mittig stehen. Die Rettungshubschrauber kann man aber nicht mehr betanken, da die Pumpen für das Kerosin elektrisch sind. Da der Funk ausfällt, dürfen sie ohnehin nicht mehr starten. Deshalb muss man davon ausgehen, dass Menschen indirekt ums Leben kommen werden.
„Spiegel Online Historie“ berichtet über den Stromausfall 1977 [41] in New York, bei dem Plünderer und Brandstifter durch die Stadt zogen. An sozialen Brennpunkten kann man dies erwarten.
Das stellt einige wenige Konsequenzen dar. Nicht, um Angst zu schüren, sondern um eine praktische Vorstellung der Folgen zu bekommen. Ein Risiko ist vorhanden und man sollte überlegen, ob man es eingehen will. Bei Atomunfällen macht man es (sinnvollerweise) selbstredend, bei einem Blackout (sinnloserweise) nicht.
Dieses Kapitel stellt dar, dass die Bewertung von Dingen völlig unabhängig davon ist, ob man sie sich vorstellen kann oder nicht. Denn man neigt dazu, Dinge als „falsch“ oder „nicht möglich“ zu bewerten, weil man sie sich nicht vorstellen kann. Von dieser Vorgehensweise sollte man sich trennen, denn damit ist keine neutrale Diskussion möglich.
Aus der Summe der „Kleinigkeiten“ in allen Bereichen kann man zu dem Schluss kommen, dass „die Sache“ gegen die Wand fährt.
Island hat eine Staatsinsolvenz durchgezogen, was relativ reibungsfrei ging. Denn Isländer haben durch ihre heißen Quellen keine Energieprobleme. Bei ihnen wachsen Bananen in Gewächshäusern.
Für diesen Fall des Zusammenbruchs der Energieversorgung fehlt ein Auffangsystem, da die Gesellschaft dafür nicht vorbereitet ist: Ähnlich wie bei der Zulieferung von Automobilfirmen „just in time“: Liefert ein kleiner Zulieferer eine einzige wichtige Schraube nicht, stehen alle Bänder. Dieser Fall ist im System nicht vorgesehen.
Bezüglich Energie handelt es sich in Deutschland also um ein vulnerables System, in Island nicht. Die Auswirkungen sind in Gänze deshalb schwierig vorherzusehen.
Physik, Technik und Mathematik
Alles, was um uns herum geschieht, tut dies nach „Naturgesetzen“, mit denen alles, was uns umgibt, beschrieben werden kann.
Dabei handelt es sich um physikalische Grenzen wie bspw. die Lichtgeschwindigkeit, die die maximale Geschwindigkeit darstellt, mit der sich Informationen bewegen können. Oder um den absoluten Nullpunkt. Nichts kann kälter werden als -273,15°Celsius.
Der Energiesatz ist ein Naturgesetz, der besagt, dass die Summe aller Energiearten immer und überall gleich bleibt. Ein weiterer Teil des Energiesatzes besagt, dass alle Prozesse in der Natur mit Verlusten behaftet sind. Diese Energie ist aber nicht verloren, sondern wird in Wärme umgewandelt. Beispielsweise wird jeder Motor warm.
Die Naturgesetze sind miteinander vernetzt und zu einem System verwoben. Die Physik hat diese in einer Weise systematisiert, dass man Dinge berechnen und somit bewerten kann. 4Menschen kennen viele dieser Naturgesetze, aber nicht alle. Naturgesetze, die noch gefunden werden, dürfen den heute gültigen nicht widersprechen. Alle Naturgesetze sind im gesamten Universum gleich.
Da man Naturgesetze nicht übertreten kann, wie es bei juristischen Gesetzen möglich ist, agieren sie als „Spielverderber“ von Visionären: Hiervon gibt es zwei Variationen:
Der erste ist es, zu versuchen, gegen Naturgesetze direkt zu verstoßen, also bspw. den Energiesatz zu ignorieren.
Der zweite ist es, physikalisch vorgegebene Wirkungsgrade, die meist deutlich kleiner als 100 % sind, zu ignorieren. Dieses Thema wird auf im Folgenden wieder aufgenommen.
Zunächst werden allgemeine Beispiele gewählt, um mit ihnen die Vielschichtigkeit technischer Probleme darzulegen. Diese haben zum Teil mit dem Inhalt des Buches wenig zu tun. Denn wenn sofort der Wirkungsgrad von Wasserstoffautos thematisiert würde, geht bei Wasserstoffbefürwortern das Gehirn in Streikposition. Der „Backfire-Effekt“ lässt grüßen (vgl. Ref. 131).
Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von dem, was hinten herauskommt zu dem, was hineingesteckt wird. Bei allen technischen Vorgängen ist der Wirkungsgrad kleiner als 100 %. 5Setzt bspw. ein Elektromotor 80 % der elektrischen Energie in Rotationsenergie um (Ref. 53), so hat er 80 % Wirkungsgrad. Die restlichen 20 % der elektrischen Energie sind „Verluste“. Diese sind gemäß dem Energiesatz nicht wirklich verloren, sondern werden in eine andere Energieform umgewandelt: (Verlust)-Wärme. Führt man diese nicht korrekt ab, geht der Motor kaputt.
Schaltet man mehrere technische Vorgänge hintereinander, so kann man den Gesamtwirkungsgrad leicht dadurch berechnen, indem man die Wirkungsgrade (nicht die Verluste!) der einzelnen Prozesse multipliziert. Beträgt bspw. der Wirkungsgrad eines Kohlekraftwerkes 40 %, also 0,4 (Im Mittelwert korrekt), der Wirkungsgrad des Elektromotors, der etwas antreiben soll, 80 % und der Wirkungsgrad des Stromnetzes 92 % (8 % Verluste), so rechnet man 0.4 × 0,8 × 0,92 = 0,294. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass 29,4 % der Verbrennungsenergie der Kohle in Rotationsenergie dieses Elektromotors umgesetzt werden.
Bei nur wenigen technischen Vorgängen ist der Wirkungsgrad nahe den 100 %. Das sind reine Verbrennungsvorgänge, elektrische Vorgänge und Vorgänge mit inkompressiblen Fluiden (Wasser).
Bei allen anderen technischen Prozessen (meist sog. „Kreisprozessen“), die mit Gasen zu tun haben oder bei denen mit Verbrennung ein mechanischer Antrieb verbunden ist (Gasturbine, Verbrennungsmotor), ist der Wirkungsgrad signifikant kleiner als 100 %, meist um die 60 %.
Dabei handelt es sich um eine physikalische und nicht um eine technische Grenze. Es besteht keine Verbesserungsmöglichkeit.
Die letzten Prozente – Reduzierung der Verluste
„Nach fest kommt ab!“, sagt der Schlosser, wenn er eine Schraube anzieht. Das bedeutet nichts anderes, als dass alles, was man übertreibt, nicht sinnvoll, sondern sogar kontraproduktiv ist.
Dies kann man wieder leicht anhand von Zahlen verdeutlichen: Geht man davon aus, dass ein großer Elektromotor eine Anschlussleistung von 100 kW hat (also aus dem elektrischen Netz braucht er 100 kW), aber die mechanische Leistung beträgt nur 50 kW, so hat er Verluste von 50 kW (die wie üblich als Wärme verloren gehen). Will man diesen Motor verbessern und erreichen, dass er 1 kW mehr mechanische Leistung bringt, so muss man die Verluste um 1 kW verringern. 1 kW besser bei 50 kW entsprechen 2 % Verbesserung. Die Verluste muss man dabei um 2 % reduzieren. Das erscheint einfach.
Heutzutage sind technische Geräte aber besser, die Wirkungsgrade sind dem maximal erreichbaren Wert viel näher. Nimmt man an, dass ein moderner Motor mit 100 kW Anschlussleistung 80 kW in mechanische Leistung umsetzt, so hat er 20 kW Verluste. Will man bei diesem Motor dann 1 kW besser werden, so entspricht dies einer Verbesserung um 1,25 %. Die Schwierigkeit hier: Dies bedeutet die Reduktion der Verluste um 1 kW von 20 kW auf 19 kW. Dies sind 5 %. Das ist viel.
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