Reinhold Zobel
Notaph
Roman
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Inhaltsverzeichnis
Titel Reinhold Zobel Notaph Roman Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Kapitel 73
Kapitel 74
Kapitel 75
Kapitel 76
Kapitel 77
Kapitel 78
Kapitel 79
Kapitel 80
Kapitel 81
Kapitel 82
Kapitel 83
Kapitel 84
Kapitel 85
Kapitel 86
Kapitel 87
Kapitel 88
Kapitel 89
Kapitel 90
Kapitel 91
Kapitel 92
Kapitel 93
Kapitel 94
Kapitel 95
Kapitel 96
Kapitel 97
Kapitel 98
Kapitel 99
Kapitel 100
Kapitel 101
Kapitel 102
Impressum neobooks
Trübe Stunden liegen hinter ihm, Stunden wie Abführtee. Er wechselt die Beinstellung, im Fünf-Achtel-Takt. Seine Nase tropft. Er schnäuzt sich. Seit gut einer Stunde wartet er an dem Rastplatz. Und fühlt sich wie ein verirrter Dunkelelf.
Zunächst hat er sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Restaurants aufgehalten, weil dort die meisten Reisenden anlanden, um Wasser zu lassen, um zu essen, zu trinken oder jedes der drei Dinge zu tun. Später dann begab er sich hinüber zu den Zapfsäulen und versuchte dort wiederholte Male einzelne Autofahrer anzusprechen, während diese Treibstoff einfüllten. Ohne Erfolg.
Doch dann geschieht etwas, das seinen Umständen eine neue Richtung gibt. Eine Limousine taucht in den unterkühlt bläulichen Lichthof ein, der die Tankstelle aus der nächtlichen Finsternis heraushebt, eine Limousine, die auffällt. Sie fällt auch ihm auf. Marc ist kein Experte für Automarken, aber er kennt ein paar Bond -Filme und weiß, es ist ein britisches Fabrikat.
“ Nehmen Sie mich mit? ”
“ Wohin soll es gehen? ”
“ Nach S ü den, oder sagen wir, S üdosten.”
“ Steigen Sie ein. ”
Nick Mangold hat noch nie einen Anhalter mitgenommen, Marc Kilian ist noch nie in einen Aston Martin gestiegen. Ihre Blicke begegnen sich, als Marc fahrerseitig gegen die Scheibe klopft und Nick den elektrischen Fensterheber betätigt, um das Glas lautlos abwärts surren zu lassen. Sie treffen aufeinander, und in ihrem Schnittpunkt entzündet sich ein schmales bengalisches Feuer aus feinen neuronalen Salzen.
Marc lässt sich kurz darauf beifahrerseitig erleichtert in den Ledersitz fallen und den Rucksack zwischen seine Beine.
“ Sie k ö nnen Ihr Gep ä ck gern nach hinten in den Kofferraum verfr... ”
“ Nein, nein, es geht schon. Lassen Sie nur. Hatte bereits die Hoffnung fahren lassen, dass mich jemand mitnimmt, schon gar nicht in einem Gef ä hrt wie diesem. Ich denke, ich habe das Maximum erreicht... f ü r den Augenblick. ”
“ Ganz wie Sie meinen. ”
Nick lächelt versteckt bei den Worten seines frisch gebackenen Weggefährten, während er einige zarte Untertöne herausfiltert. Er hat der Anfrage, ohne lange zu überlegen, nachgegeben. Etwas an dem Jungen gefällt ihm. Er dreht den Zündschlüssel im Schloss, startet den Motor. Sie verlassen den Rastplatz und gleiten hinaus auf die nachtschwarze Autobahn.
“ Sie haben Glück. Eigentlich war vorgesehen, dass ich den Zug nehme. Aber dann kam mein Wagen, eher als erwartet, aus der Werkstatt frei... Danken Sie also der Vorsehung, dass sie sich anders entschieden hat.”
“ Okay, das tue ich hiermit. Darf man rauchen?”
“ Bitte. Ich rauche selber... wenn auch nicht während der Fahrt.”
Marc fingert eine Zigarette und Nick den Aschenbecher heraus. Sie sagen einander höflich ihre Namen. Vorübergehend schläft das Gespräch ein. Fahrer wie Fahrgast schweigen, jeder strickt an seinem eigenen Gedankenpullover.
Nach ein paar Kilometern kommt man doch noch ein wenig ins Plaudern. Nick erkundigt sich nach dem Reiseziel des jungen Mannes. Und erhält zur Antwort, das Reiseziel sei Wien . Danach Italien. Oder andersherum. Er habe einige Wunschziele, so der Junge, sie seien jedoch nicht unverrückbar. Er sei einfach unterwegs und wolle sich überraschen lassen von dem, was da komme.
Nick überlegt, wie es wäre, führe er heute statt nach Passau nach Wien ? Einfach so. Aber er ist nicht nur ein paar Minuten älter als sein Fahrgast - er ist gebunden.
“ Und was machen Sie beruflich?”
“ Raten Sie.”
“ Schauspieler?”
“ Treffer. Und Sie?”
“ Ich sorge dafür, dass wir alle sauberes Wasser haben.”
“ Der erste Schritt zu einem sauberen Leben, wie?”
Nick lacht streichholzschmal, während er das Tempo zurücknimmt. Im Licht der Scheinwerfer formieren sich kalte Sendboten der Knallgasreaktion. Es hat zu schneien begonnen.
Er macht sich auf den Weg zum Hausboot. Er trifft niemanden an. Unschlüssig schreitet er eine Weile am Grand Union Canal auf und ab, schaut einem Bootsbesitzer zu, der damit beschäftigt ist, sein schwimmendes Zuhause mit einem neuen Anstrich zu versehen, in den Farben Karmesinrot und Preußischblau, beobachtet zwei ältere Männer, die an einer freien Stelle von einem Holzsteg aus geduldig Angelruten in staubgraues Wasser halten. Ist es nicht viel zu kalt, um Fische zu fangen? Die Alten sehen allerdings so aus, als säßen sie immer an diesem Steg, zu jeder Jahreszeit – in einer Art Lebensstellung.
Auf einer grünen Wiese spielt eine Gruppe Jungen Fußball. Auf einer Bank schmust ein Liebespaar. Weil seit gestern mildere Temperaturen herrschen, singen die Vögel - vereinzelt, nicht scharenweise - in dem blassen Winterskelett der Bäume. Die Sonne, die hinter strichdünnen Wolken rudert, hat etwas Unfertiges, als habe sie versäumt, sich an diesem Morgen frisch zu machen. Nick fällt ein, dass er es in dem Pub versuchen könnte, wo er letztmalig mit Hänel gesessen hat. Wäre immerhin denkbar, dass der Mann dort anzutreffen ist…
Er hat Glück, wenn man es denn Glück nennen will. Der Poet sitzt allein in einer Ecke und brütet in sich hinein, vor sich ein Glas mit - wie Nick schon richtig vermutet hat - schottischem Gerstensaft. Er nähert sich dem Tisch und nimmt gegenüber Platz. Hänel blickt nicht einmal auf.
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