birge, sondern Schlesien angehört, wie zu ersehen in
H e n e l i i a b H e n n e n f e l d Silesiographia
renov. c. 11 §. 13 und Ausführl. Beschreib. des Fichtelbergs,
Leipzig 1716 S. 59.
6 Zu beziehen von Kollmann in Augsburg.
7 Z i n g e r l e , Sagen aus Tirol S. III.
8 Vgl. U e b e r d e n e t h i s c h e n W e r t h d e r
d e u t s c h e n V o l k s s a g e n . Von L. Bechstein
1837. Etliche Hauptresultate dieser Schrift: D i e
K i n d h e i t s t e h t u n t e r E n g e l s c h u t z ;
d i e U n s c h u l d u n t e r G o t t e s H u t ; T u -
g e n d f i n d e t i h r e n L o h n , d a s L a s t e r
s t e t s s e i n e S t r a f e ; n i e m a l t d i e
e c h t e V o l k s s a g e d a s L a s t e r r e i -
z e n d ; R e u e v e r s ö h n t , b e d r ä n g t e U n -
s c h u l d w i r d g e r e t t e t u.s.w.
9 Wie wenig ist G r i m m ' s Wort verstanden und beachtet
worden. Kennt unsere » g e b i l d e t e « Jugend
die Sagen von Hellas und Rom nicht besser als die
des Vaterlandes? Und doch ist die deutsche Sage gegenüber
der antiken viel reiner und unschuldiger.
10 Vgl. eine Bemerkung von K. G ö d e k e Elf Bücher
deutscher Dichtung I.S. 259. – Meinem Zwecke
widersprach es nicht, ältere Volkslieder auch nach der
Erneuerung des W u n d e r h o r n s aufzunehmen, da
diese Sammlung kein Liedercodex zu sein beansprucht,
dessen erstes Erforderniß diplomatische
Treue.
11 Vgl. S c h a r d im Vorw. zu Aventins Chronik.
Frankfurt 1566, und A r e t i n s liter. Handb. I., 126.
12 So haben es die Herausgeber der trefflichen
Sammlung: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche:
K u h n und S c h w a r t z gehalten; vgl.
Vorw. S. XI.
1. Die Sage vom Untersberg.
Von A . A . L . F o l l e n . – Der U n t e r s b e r g bei
B e r c h t e s g a d e n auf B a y e r n s und
O e s t e r r e i c h s Grenzscheide, gleich dem
Kyffhäuser ein wahrer Königspalast der Sage. Vergl.
Frater F e l i z i a n ' s merkwürdige Reise zum Kaiser
Karl im Untersberg. Salzburg, 1787. Beschreibung vom
Untersberg. Brixen, 1850. H . F . M a ß m a n n der
Untersberg. München, 1831. L. B e c h s t e i n
Volkssagen Oesterr. I., 72. G r i m m deutsche Myth. II.,
190. L. S t e u b Aus dem bayerischen Hochlande, S.
161. ff. Wiederholungen der Sage in Gedichten von
E . v . S c h e n k , J . N . V o g l , T h .
C r e i z e n a c h , F . G . P o c c i , G . M ü h l
u . A .
Nun höret Wunder sagen
Vom tiefen Untersberg:
Ihn hat in Heidentagen
Gehöhlt ein wild Gezwerg;
Der Wölbung Breit' und Länge
Ist mächtig ausgespannt,
Und gehn zwölf Geistergänge
Hinauf in's deutsche Land.
Auf unterird'schen Matten
Dort athmet fremde Luft,
Wo nie getrübt sich gatten
Der Blumen Licht und Duft;
Dort stehn zwei reiche Bronnen
In Marmel wohlgethan,
Die treiben recht mit Wonnen
Thausprudel himmelan.
Zur Rechten draus und Linken
In tiefem Wiesengrün
Die Blumen sieht man trinken
Und mannigfach erblühn:
Bis beide Flüss' im Strome
Zum Marmelbecken gehn,
Und vor dem goldnen Dome
Als Silberspiegel stehn.
Dem Dom genüber spiegelt
Vier Riesen diese Fluth,
Die Arme sind versiegelt,
Ihr Stolz gelähmte Wuth;
Es ruht ihr demantsteinern
Arm-, Brust- und Nackenband
In eines viermal kleinern
Gekrönten Helden Hand.
Dringt unsre Sonne nimmer
In's unterird'sche Haus,
Doch geht ein Heil'genschimmer
Von Domes Kuppel aus;
Empor zwei Thürme schießen
Von buntem Edelstein,
Und ihre Blumen sprießen
Und sonnen sich im Schein.
Zwei Säulenbündel tragen
Die Heil'gen ob dem Thor,
Und stehn in's Kreuz geschlagen
Zwei Kreuzesschwerter vor;
Das ein' ist diamanten,
Das ander' ist Rubin,
Smaragd- und Saphirkanten
Die Griff' und Knäuf' umziehn.
Hoch donnernd und ergötzlich
Das Domgeläut' erschallt,
Und schafft lebendig plötzlich
Den Palm- und Eichenwald;
Dann ziehn viel reine Pfaffen
Voll Eifer nach dem Dom,
Und Volk in hellen Waffen,
Ein wogenvoller Strom.
Zweifach den Bart gespreitet
Auf goldnes Brustgewand,
Voran mit Krone schreitet
Ein Held, den Stab in Hand:
Das sind die Streiter Christes
Und die vom deutschen Reich,
Und Karl der Kaiser ist es,
Ein Hirt und Held zugleich.
Im Klang geweihter Harfen,
Im Waffenblitz und Licht,
Geht Karl mit einem scharfen,
Tiefsinnigen Gesicht;
In all' dem Volk wie einsam:
Ein heilig Herrscherbild,
Und doch so treu gemeinsam,
Mit Allen traut und mild.
Wie lang' die deutschen Helden
Dort unten halten Wacht:
Das muß die Zukunft melden
Und steht bei Gottes Macht;
Imgleichen was sie singen,
Und segnen leis und laut,
Ist von verborgnen Dingen
Und Gottes Herz vertraut.
Auch dämmert in der Nische
Dort Kaiser Friederich.
An einem Marmeltische
Bezaubert hält er sich;
Doch wann den Tisch zum dritten
Sein Funkelbart umreicht,
Dann kommt er vorgeschritten
Und Bann und Zauber weicht.
Dann fängt im Walserfelde
Der Baum zu grünen an, –
Und das ist sichre Melde:
»Bald wird die Schlacht gethan!«
Und wird er Früchte tragen
Am strotzenden Geäst:
»Dann wird die Schlacht geschlagen,
Dann kommt das Erntefest.«
Dann hebt es an zu raunen
Im Volk von Land zu Land,
Dann blasen Heerposaunen
Die Welt in Waffenbrand,
Drängt Alles zum erdorrten,
Ergrünten Baume schon:
Aus Unterberges Pforten
Steigt Karl zum hohen Thron.
Dann soll'n die Guten richten
Die Bösen allzumal,
Zerschlagen und zernichten
Bei Wals im Rachethal.
Dann strahlt in hehrem Feiern
Vom Baum der Welfenschild,
– Und Keiner kann entschleiern
Den Geist von diesem Bild.
2. Der Kaiser im Untersberg.
Histor. Schatzkästlein für Bayern. München, 1832. I., 7.
Noch waren zehn Jahre nicht vorüber, als Luther
seine Reformation begonnen. Da ging ein andächtiger
Bürger von Reichenhall eines Sonntags nach der
Frühmesse weit aus lustwandeln. Er kam an den Untersberg,
sah mit Erstaunen den Berg offen wie durch
ein Kapellenthörlein, darüber eine Inschrift mit silbernen
Buchstaben, einer Sprache, die kein Sterblicher
gehört. Ihm entgegen schritt ein eisgrauer, ehrwürdiger
Mönch mit einem mächtigen Schlüsselbund, ganz
in ein großes Buch vertieft. Eine ungeheure Pforte
flog klirrend und prasselnd auf und auf einer schönen
Wiese stand eine unendliche Kirche mit zweihundert
Altären und mehr als dreißig Orgeln. Zweimal dreihundert
Mönche sangen die Horen. Darauf schlug die
große Glocke markerschütternd und doch lieblich an,
und aus allen Winkeln kam zahlloses Volk zum
Hochamt. Nach dem Gottesdienst bewirthete der
Mönch den Reichenhaller Bürger köstlich und führte
ihn umher in den Wendungen des Berges. Da sah er
den Barbarossa, der einst in den Pabsthändeln Salzburg
mit Feuer und Schwert verwüstete, unter betäubendem
Kriegeslärm, Trommelwirbel und Tromme-
tengeschmetter und wehenden Fahnen, – dann wieder
in einsamer Majestät den großen Karl mit dem langen
Silberbart. Reicht der das zweite Mal die ganze lange
Tafel herum, so bricht der jüngste Tag herein. – Lustwandelnd
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