Sie dachten darüber nach, warum sie hier waren, warum sie spielen wollten und spielten. Sie fragten sich, welche Bedeutung ihr Trieb zum Spielen für ihr Leben hat, welchen Wert es in ihrem Leben hat. War es nur ein einmaliger oder gelegentlicher Spaß für sie wenige Minuten oder eine Stunde zu spielen, um herauszufinden, was dabei herauskommt?
Oder glaubten sie daran, dass ihre Chance auf Gewinn um so größer wurde, je länger sie spielten, je mehr Geld sie einsetzten? Würden sie nicht sofort gewinnen, wenn es das Schicksal für sie bestimmt hätte? Wenn dem so wäre, warum sollten sie länger hier sitzen, wenn das Schicksal nicht wollte, dass sie gewinnen? Warum sollten sie mit vom Schicksal nicht unterstützten Gewinnchancen durch ihre Geldverluste die Spielcasinos reich machen? Viele dieser nachdenklichen Menschen verließen die Spielcasinos, als schließlich wieder der Strom floss und die Lichter angingen.
Alle Gäste in Restaurants saßen weitgehend im Dunkeln. Wenigstens gab die auf jedem Tisch angezündete Kerze etwas Licht. Die Küchen funktionierten jedoch nicht mehr. Wer ins Restaurant gekommen war, um etwas zu essen oder ein warmes Getränk zu sich zu nehmen, musste warten und hoffen, dass es bald wieder Strom geben würde.
Es war eine gespenstische Situation. Auch alle Straßen waren dunkel. Alle Verkehrsampeln waren ausgefallen.
Dennoch hatten alle Krankenhäuser Strom, ohne dass Notstromaggregate eingeschaltet werden mussten.
Die Ingenieure des örtlichen Kraftwerks sahen plötzlich Las Vegas in Dunkelheit versinken. Sie eilten zu ihren Anzeigetafeln, um herauszufinden, warum der Strom ausgefallen war. Aber die Überprüfung bewies, dass die Generatoren des Kraftwerks Strom erzeugten. Alle Anzeigen bewiesen, dass die Stromerzeugung einwandfrei funktionierte und bereitgestellt wurde.
Der Strom wurde von den Verbrauchern nicht abgenommen, mit Ausnahme von den Krankenhäusern. Die Techniker überprüften auch die Stromverteiler. Auch hier war kein Ausfall zu erkennen. Es war für die Techniker nicht erkennbar, warum ihr Strom von den Verbrauchern nicht abgenommen wurde.
Erstaunlicherweise waren die Telefonverbindungen weder vom Festnetz noch vom Mobilfunk ausgefallen. Die Störungsstelle des Kraftwerks wurde von empörten Anrufern bedrängt, sofort wieder Strom zur Verfügung zu stellen. Keiner der Anrufer glaubte, dass das Kraftwerk nicht der Verursacher des Stromausfalls sei, sondern die Ursache für den Stromausfall in der Technik der Verbraucher liegen müsse.
Um 6 p.m. gingen glücklicherweise wieder alle Lichter an und tauchten die Stadt in das gewohnte Lichtermeer. Für die meisten war der kurze Stromausfall ein kleines Abenteuer, mal kurze Zeit im Dunkeln zu sein. Unangenehm war es nur für die Menschen, die beim Stromausfall gerade auf der Toilette waren und nicht sehen konnten, was sie notwendigerweise tun mussten, um sich zu reinigen.
Für die Spielcasinos und Hotels war fast kein finanzieller Schaden durch den Stromausfall entstanden. Der Umsatzausfall für eine Stunde war kompensiert worden durch die geringere Stromrechnung. Die Spieler hatten weit überwiegend weniger Geld verloren.
Am nächsten Tag setzte der Bürgermeister eine Kommission von Ingenieuren und Physikern ein, welche die Ursache und Verantwortlichkeit für den Stromausfall aufklären sollte. Die Betreiber der Spielcasinos und Hotels hatten sich beim Bürgermeister heftig beschwert. Eine Untersuchung zur Klärung der Ursache des merkwürdigen Stromausfalls lag im Interesse aller. Die Stadt lebte im Wesentlichen von den Steuereinnahmen aus den Umsätzen der Casinos und Hotels.
Nach zwei Tagen lag der Bericht der Kommission vor. Darin wurde festgestellt, dass das Kraftwerk nicht der Verursacher des Stromausfalls war. Die Ingenieure und Physiker hatten keine Erklärung dafür gefunden, warum für exakt die Stunde von 5 p.m. bis 6 p.m. die Spielcasinos und Hotels und Wohngebäude keinen Strom hatten und warum die Notstromaggregate nicht angesprungen waren.
Es gab keine Erklärung dafür, warum die Lifte noch bis ins Erdgeschoss fuhren und warum sogar nach oben fahrende Lifte trotz Stromausfall noch umkehrten, um ins Erdgeschoss zu fahren. Das stellte die Natur- und Ingenieurwissenschaften auf den Kopf. Ebenso konnte nicht erklärt werden, warum die Krankenhäuser von dem Stromausfall nicht betroffen waren. Der Stromausfall für eine Stunde blieb für alle ein ungeklärtes Ereignis, ein Rätsel.
Wenige Tage später berichteten der örtliche Fernsehsender und die örtliche Zeitung, dass eine christliche Gemeinde in Louisiana behauptet habe, diesen Stromausfall in Las Vegas mit ihren Gebeten herbeigeführt zu haben. Mit ihren Gebeten wollten sie ein Zeichen gegen das ihrer Meinung nach sündhafte Leben in Las Vegas setzen.
Auf Drängen der Betreiber der Spielcasinos und Hotels ließ der Bürgermeister prüfen, ob die Stadt und die vom Stromausfall Betroffenen Schadenersatzansprüche gegen diese christliche Gemeinde geltend machen könnten. Die Prüfung ergab, dass es hierfür keine Rechtsgrundlage gab, weil nicht nachzuweisen war, dass mit Gebeten die Materie verändert werden kann.
Nach Meinung aller Verantwortlichen könne es sich bei der Behauptung der christlichen Gemeinde nur um Wichtigtuerei von Spinnern einer fundamentalen christlichen Gemeinde handeln. Mit diesem Ergebnis gaben sich schließlich alle zufrieden. Nach wenigen Wochen war dieser seltsame Stromausfall in Vergessenheit geraten.
Es war die Nacht vom Donnerstag zum Freitag des 11. Januar in 2019. Jeff Finner schlief in dieser Nacht unruhig. Er hatte sich am Abend zuvor mit zu vielen Gedanken beschäftigt, was am nächsten Tag alles zu tun sei. Er wachte auf, weil er ein Geräusch hörte. Sein Schlafraum war mit sanftem Licht erhellt und eine Stimme sprach zu ihm: "Jeff Finner, zu dir spricht Bruder Christomanus, der Beauftragte der geistigen Welt in den göttlichen Himmeln.
Du und deine Gemeinde wurden auserwählt für eine besondere Aufgabe. Ein Diener der geistigen Welt wird dich besuchen und dir einen Vorschlag machen. Deine Gemeinde ist überzeugt von der Kraft des Gebets. Der Diener der göttlichen Himmel gibt dir eine besondere Möglichkeit, die Kraft des Gebets zu erproben und zu beweisen. Lass mit einigen deiner frommen Beterinnen den Sündenpfuhl Las Vegas für eine Stunde lang dunkel werden.“ Die Stimme verklang, das sanfte Licht ging aus.
Jeff Finner lag einen Moment still in seinem Bett. Er war sich nicht im Klaren, ob die Stimme und das Licht Wirklichkeit waren oder ob er nur geträumt hatte. Wie sollte das gehen, Las Vegas für eine Stunde lang dunkel werden lassen? Sollten sie mit ihrem Gebet den Strom abschalten? So etwas hatte es noch nie gegeben. Es war offenbar ein Traum. Träume sind fast immer unrealistisch. Er maß deshalb dem Traum weiter keine Bedeutung bei und schlief weiter.
Als Jeff am Morgen erwacht war, kam ihm dieser Traum in Erinnerung. Er lächelte bei dem Gedanken daran und sagte sich, es sei ein schöner Traum gewesen. Jeff war Reverend einer sehr gottgläubigen Gemeinde der Methodisten in Lordsplace in Louisiana. Lordsplace liegt in der Nähe von Alexandria, einer mittelgroßen Stadt mit etwa 45.000 Einwohnern.
Die Gemeinde Lordsplace hat 2.100 Einwohner, von denen 60 Prozent Afroamerikaner waren. Von den Gemeindemitgliedern waren etwa 90 besonders gottgläubig, die bestrebt waren, Gottes Willen zu erfüllen. Sie waren Christen der Tat. Sie waren das Herz dieser strenggläubigen Methodisten-Gemeinde. Die meisten Einwohner von Louisiana waren dagegen Katholiken. Die Einwohner von Lordsplace lebten weit überwiegend von dem Anbau von Sojabohnen, Süßkartoffeln, Gemüse und Reis. Sie lehnten aus religiösen Gründen das Töten von Tieren ab. Deshalb betrieben sie auch keine Viehwirtschaft.
Читать дальше