Der Beamte weiß, dass ihm jetzt wirklich nicht mehr viel Zeit bleibt, um einigermaßen ungeschoren aus der Sache auszusteigen. Jeglicher Widerstand wäre sinnlos, würde nur nackte Gewalt hervorrufen. Kraftlos sinken seine Arme nach unten, seine straffe Haltung sackt in sich zusammen. Zögernd macht er einen Schritt rückwärts. Er hat aufgegeben. Das sieht man jetzt ganz deutlich.
Dinh genießt seine Überlegenheit und beginnt zu grinsen: „Dann sieh zu, dass du von hier fortkommst! Sicher wirst du woanders wesentlich dringender gebraucht!"
„Ist schon gut!", beeilt sich der demoralisierte Polizist zu sagen, greift sich mit einer linkisch anmutenden Bewegung an seine Uniformkappe und macht die ersten Schritte rückwärts, bevor er sich umdreht und rasch das Weite sucht.
Die Bande beginnt zu lachen, triumphierend, höhnisch. Tay steht zögernd da und blickt den Anführer fragend an. Dinh geht auf den Jungen zu und donnert ihm seine Rechte mit voller Wucht auf den Rücken, dass Tay in die Knie geht.
„Da hast du aber mächtig viel Glück gehabt, würde ich sagen. Wenn wir nicht zufällig vorbeigekommen wären ..."
„Ja, das stimmt!”, murmelt Tay ziemlich kleinlaut. „Ich bin euch wirklich dankbar ..."
„Ach, was!", wischt der Anführer den Satz zur Seite, da er keine Gefühle aufkommen lassen will. „Leute wie wir müssen zusammenhalten. Sonst gehen sie unter und werden zertreten. Wenn du willst, kannst du bei uns mitmachen! Dann wird dir so eine Situation mit Sicherheit nicht mehr passieren. Gegen uns kommt keiner an! Wir sind die Größten!", prahlt der Anführer und wirft sich stolz in Positur, dass die schäbige Army-Jacke weit auseinanderklafft und den Blick auf ein blutverkrustetes T-Shirt freigibt. „Bei uns wird es dir nicht schlecht gehen. Das Betteln auf den Straßen ist ein für alle Mal vorbei. Wir holen uns einfach, was wir brauchen, und wir bekommen immer, was wir wollen. Stimmt's, Jungs?", wendet sich Dinh an seine Freunde, und diese stimmen johlend zu, heben die Fäuste und bekunden auf diese Weise ihr Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Sag uns doch deinen Namen!", verlangt der Anführer, und der Junge gibt kleinlaut Antwort.
„Ab heute gehörst du also zu uns, Tay!", verkündet Dinh und verabreicht dem Jungen einen neuerlichen Schlag auf den Rücken, um damit die Aufnahme in seine Bande zu besiegeln.
„Ich erwarte von dir, dass du aufs Wort gehorchst! Ist das klar? Aufmucken gibt es bei uns nicht. Was ich anordne, wird gemacht. Widerspruchslos! Hast du mich verstanden?"
Tay nickt, zerrt nervös an seinem T-Shirt. „Ich - ich werde mir Mühe geben ..."
„Das glaube ich dir!", lacht Dinh und fährt dem Jungen durch die schmutzigen, verfilzten Haare. Jetzt erst sieht Tay, dass dem Anführer der kleine Finger fehlt. Die Wunde ist noch nicht alt und schaut dementsprechend furchtbar aus. Erschrocken zuckt er zusammen, doch Dinh lacht laut und polternd, zieht den Jungen mit einem Ruck zu sich heran und beugt sich zu ihm hinunter: „Du stehst in unserer Schuld, Tay! Das darfst du niemals in deinem Leben vergessen - nie! Hast du mich verstanden?"
Tay zögert, sucht nach den passenden Worten. Ungeduldig drückt Dinh den Jungen zu sich heran und zischt: „Deine Schüchternheit musst du als Erstes ablegen, Kleiner! Wir können nur ganze Männer gebrauchen, Männer, die ihren Mund aufmachen, wenn es etwas zu sagen gibt. Also, was ist jetzt? Kriege ich von dir eine vernünftige Antwort oder nicht?"
Tay räuspert sich, seine hagere Gestalt streckt sich, und mit fester Stimme sagt der Junge: „Ich werde nie vergessen, dass du mir das Leben gerettet hast, Dinh! Das schwöre ich dir!"
„Bravo!", ruft der Anführer und gibt den Jungen frei. „Genau das wollte ich hören, Tay! Du gehörst zu uns, mit Haut und Haaren.“
Die übrigen Bandenmitglieder johlen zustimmend. Dinh gibt den Befehl zum Rückzug. Stiefel poltern über den Asphalt. Die Gruppe setzt sich in Bewegung. Tay läuft nebenher - einem ungewissen Schicksal entgegen.
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