B. Andersen
Toni Taubenheimer
und das Geheimnis hinter der Mauer
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Inhaltsverzeichnis
Titel B. Andersen Toni Taubenheimer und das Geheimnis hinter der Mauer Dieses eBook wurde erstellt bei
Mira landet. Mira landet. Violette Nachtluft strich über Miras gedrungenen, rundlichen Körper, während ihre Schwingen sie kraftvoll unter dem bleichen Mond dahintrieben. Ihre kleinen hellen Augen orientierten sich an dem glitzernden Band des breiten Flusses, dem sie schon seit Stunden folgte, auf der Suche nach dem kleinen Berg, auf dessen Spitze wie ein fauler Zahn eine Burgruine aufragen sollte. Müdigkeit und Kälte durchdrangen ihr dünnes Fell, als sie endlich den waldbedeckten Berg entdeckte, der sich in einer weit ausholenden Biegung des Flusses erhob. Der Berg war klein, viel kleiner, als sie ihn von den Erzählungen her kannte, aber der in den nächtlichen Himmel ragende faule Zahn war unverkennbar. Mira grunzte erleichtert, legte ihren Körper schief und beschrieb einen weiten Bogen, der sie über die kleine Stadt führte. Sie fand nicht sofort, was sie suchte, und sie beschloss, einen weiteren Bogen über der Stadt zu ziehen. Doch noch ehe dieser sich zu einem Kreis schließen konnte, entdeckte sie schon, wovon die Erzählungen flüsterten: Ein seltsames Viereck aus hunderten winzigen Leuchtpünktchen, das in einem Gewirr dunkler Gassen aufleuchtete. Mira legte sich schräg in die Luft, schwang hektisch ihre Flügel und steuerte auf einer geraden Bahn, die sie zugleich immer tiefer führte, die Mauer an, die diese seltsamen Lichter umschloss. Steinchen knirschten, als ihre gespaltenen Hufe auf der Mauer aufsetzten, während ihre Flügel sich auf dem Rücken zusammenfalteten. Sie betrachtete das Viereck innerhalb der Mauer und machte große Augen: Die Pünktchen befanden sich anscheinend auf jedem Strauch und jedem Halm, der in diesem Viereck wuchs. Nur eine kreisrunde Stelle am Boden war unbeleuchtet. Dort musste der Eingang sein. Mira atmete Mut und streckte rasch - zu rasch, wie sie später bemerkte - ihre Flügel aus und glitt im Gleitflug auf das Loch im Boden zu. Noch einige Stunden leuchteten die Lichter, doch kein anderes Wesen floh in dieser Nacht in die Andere Welt. Als die Morgendämmerung über Fluss und Land kroch, blieb nur ein verlassenes Grundstück zurück, von wilden Brombeeren und mannshohem Gras bewachsen, eingekeilt zwischen zwei Häusern, deren Seitenwände keine Fenster besaßen, und von der engen Straße durch eine hohe Mauer getrennt. Der einzige Eingang bestand aus einer schweren Eisentür, die in die Mauer eingelassen war und unter deren Türspalt sich bleiche Pflanzenstängel wanden. Blasse Morgensonnenstrahlen tanzten auf der Mauer und auf den zitternden Blättern der Sträucher und kleinen Bäume, und zwischen den Brennnesseln und Flechten überzogenen Stämmen wölbte sich eine kahle Bodenmulde, die sicherlich niemandem auffallen würde, der nicht danach suchte.
Grün.
Eine Botschaft für Toni.
Hinter der Mauer.
Mira.
Lloma.
Tilia.
Rufin.
Mira holt Toni ab.
Toni erhält einen Auftrag.
Toni und Tilia schmieden einen Plan.
Zu Besuch bei Frau Badewasser.
Toni lernt Tippi kennen.
Toni findet das Kinderbuch und lernt Izabel kennen.
Izabel.
Mutter und Tochter.
Graue Raben.
Auf der anderen Seite des Berges.
Lindlingen.
Wyllhelds Geschichte.
Aufbruch zur Höhle.
Der Schatz der Erinnerungen.
Wyllheld.
Wyllheld erzählt, was der Graue Rabe bewirkt.
Tippi hat eine Idee.
Der Ort der Wissenden Bücher.
Die Geschichte von Genter und Emilie.
Aufbruch zum See des Lebens.
Das Land der Sieben Ströme – 1. Versuch.
Die Schlucht der Erinnerungen.
Nebel-Jurten.
Kein Weg zurück.
Zurück.
Trennung.
Am Fuße des Säulenberges.
Aufstieg.
Eiskante.
Wind.
Zuhause.
Danksagung
Impressum
Mira landet.
Violette Nachtluft strich über Miras gedrungenen, rundlichen Körper, während ihre Schwingen sie kraftvoll unter dem bleichen Mond dahintrieben. Ihre kleinen hellen Augen orientierten sich an dem glitzernden Band des breiten Flusses, dem sie schon seit Stunden folgte, auf der Suche nach dem kleinen Berg, auf dessen Spitze wie ein fauler Zahn eine Burgruine aufragen sollte.
Müdigkeit und Kälte durchdrangen ihr dünnes Fell, als sie endlich den waldbedeckten Berg entdeckte, der sich in einer weit ausholenden Biegung des Flusses erhob. Der Berg war klein, viel kleiner, als sie ihn von den Erzählungen her kannte, aber der in den nächtlichen Himmel ragende faule Zahn war unverkennbar.
Mira grunzte erleichtert, legte ihren Körper schief und beschrieb einen weiten Bogen, der sie über die kleine Stadt führte. Sie fand nicht sofort, was sie suchte, und sie beschloss, einen weiteren Bogen über der Stadt zu ziehen. Doch noch ehe dieser sich zu einem Kreis schließen konnte, entdeckte sie schon, wovon die Erzählungen flüsterten: Ein seltsames Viereck aus hunderten winzigen Leuchtpünktchen, das in einem Gewirr dunkler Gassen aufleuchtete.
Mira legte sich schräg in die Luft, schwang hektisch ihre Flügel und steuerte auf einer geraden Bahn, die sie zugleich immer tiefer führte, die Mauer an, die diese seltsamen Lichter umschloss. Steinchen knirschten, als ihre gespaltenen Hufe auf der Mauer aufsetzten, während ihre Flügel sich auf dem Rücken zusammenfalteten. Sie betrachtete das Viereck innerhalb der Mauer und machte große Augen: Die Pünktchen befanden sich anscheinend auf jedem Strauch und jedem Halm, der in diesem Viereck wuchs. Nur eine kreisrunde Stelle am Boden war unbeleuchtet. Dort musste der Eingang sein.
Mira atmete Mut und streckte rasch - zu rasch, wie sie später bemerkte - ihre Flügel aus und glitt im Gleitflug auf das Loch im Boden zu. Noch einige Stunden leuchteten die Lichter, doch kein anderes Wesen floh in dieser Nacht in die Andere Welt.
Als die Morgendämmerung über Fluss und Land kroch, blieb nur ein verlassenes Grundstück zurück, von wilden Brombeeren und mannshohem Gras bewachsen, eingekeilt zwischen zwei Häusern, deren Seitenwände keine Fenster besaßen, und von der engen Straße durch eine hohe Mauer getrennt. Der einzige Eingang bestand aus einer schweren Eisentür, die in die Mauer eingelassen war und unter deren Türspalt sich bleiche Pflanzenstängel wanden.
Blasse Morgensonnenstrahlen tanzten auf der Mauer und auf den zitternden Blättern der Sträucher und kleinen Bäume, und zwischen den Brennnesseln und Flechten überzogenen Stämmen wölbte sich eine kahle Bodenmulde, die sicherlich niemandem auffallen würde, der nicht danach suchte.
Grün.
Eine schwache Morgensonne schickte ihre schimmernden Strahlen in die kleine Stadt zwischen Fluss und Wald. Aus dem Fluss stieg wolkiger Nebel. Allmählich wichen die Schatten der Nacht zurück in Mauernischen und dunkle Hauseingänge. Ein blasser Sonnenstrahl fiel auf den Sims einer hohen Mauer, die ein verwildertes Grundstück von einer schmalen Straße trennte. Rechts und links standen Häuser, von deren fensterlosen Seiten wilde Ranken hingen.
Auf dem Sims der Mauer lag etwas Großes, Weiches, Flauschiges, das in der schwachen Brise des kühlen Sommermorgens wehte, sich schließlich löste und dann sanft zu Boden segelte. Ein Mädchen lief die Straße entlang, auf dem Rücken eine Ledertasche voller Bücher, und als das seltsame Ding vor ihr auf dem schwarzen Asphalt landete, bückte sie sich, um es aufzuheben.
Es war ganz weich und sah ein bisschen aus wie eine Feder, doch in der Mitte war es dünn und hart wie Draht. Und tatsächlich: Als sie die weichen feinen Fäden zur Seite schob, die das Ding so flauschig erscheinen ließen, entdeckte sie einen Draht, der im Morgenlicht golden glänzte. Doch Toni - denn so nannten alle das Mädchen - hatte keine Zeit, um darüber nachzudenken, was es war, denn sie war (wie immer) spät dran und beeilte sich (diesmal), pünktlich zur Schule zu kommen. Also packte sie das, was aussah wie eine Feder, und rannte weiter, dass die Bücher in ihrer Ledertasche heftig gegen ihren Rücken polterten.
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