Anita Egger - Das schmutzige Mädchen

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Christine Mertens ist kein Mensch von Recht und Ordnung.
Sie nimmt gerne Drogen, macht lange Finger im Supermarkt und wird des Nachts in der Stadt volltrunken von der Polizei aufgegriffen. Ihre kleinkriminellen Aktionen und nymphomanen Tendenzen bringen ihr immer wieder Ärger ein.
Ausgerechnet diese junge Frau braucht Polizeischutz, deshalb hat sie mit dem Personenschutzbeauftragten Dieter Koffner zu tun.
Als sie erkannt hat, dass ihr Leben in höchster Gefahr ist, verlässt sie sich schließlich voll und ganz auf ihn. Doch bald wird ihr klar, dass sie Koffner nicht trauen kann, dass sie niemandem mehr trauen kann.
Christine wird zum Spielball in einem Krieg, dessen Sinn sie nicht kennt. In ihrem verzweifelten Kampf um Leben und Tod begeht sie einen schrecklichen Fehler; einen Fehler, der ihr einen Lebensweg pflastert, der aus Gefangenschaft, Folter und Erniedrigung besteht.
So sehr Koffner für ihre ganze Misere verantwortlich zu sein scheint, so stellt er doch die einzige Komponente im Puzzle ihres Daseins dar, die ihr Hoffnung vermittelt.
Dieter Koffner ist der Mann, den es im Grunde gar nicht gibt, dennoch ist er so real wie sonst nichts um sie herum.
Nach zwei Jahren schwerster Gefangenschaft, sieht Christine einen Weg in die Freiheit, doch der führt sie über Koffners Tod auf direktem Wege ins Rotlichtmilieu. Aus Christine Mertens wird Sandra Meier, sie verliert ihre Identität. Sie ist aber lieber Sandra Meier als der Mensch, der hinter ihr liegt, denn Christine Mertens ist ein Mörder, während Sandra Meier nur ein schmutziges Mädchen ist.

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Anita Egger

Das schmutzige Mädchen

Thriller

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Inhaltsverzeichnis Titel Anita Egger Das schmutzige Mädchen Thriller Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Anita Egger Das schmutzige Mädchen Thriller Dieses ebook wurde erstellt bei

Das schmutzige Mädchen

Der Täter

Karl Starke

Gefährliche Liebesspiele

Die große Rast

Dickes Blut

Der neue Mörder

Der Rekrut

Die Mitte der Nacht

Das neue Leben

Die Freiheit

Die Flucht

Impressum neobooks

Das schmutzige Mädchen

Das schmutzige Mädchen

Thriller

„Die Sonne ist nicht nur schön warm, sie verbrennt dich auch“.

Das sagte meine Großmutter bevor sie starb. Sie war nicht mehr ganz bei Sinnen, dennoch waren ihre letzten Worte mehr als nur klar zu verstehen.

Sicherlich hatte sie etwas gefühlt, das schrecklich war.

Es gibt so eine Art Wahrnehmung, die ein Gefühl mit sich bringt, das unerträglich ist. Immer dann, wenn plötzlich etwas passiert, was das Leben extrem verändert, so arg verändert, dass es sein kann, dass danach gar nichts mehr stimmt, dann kommt diese Wahrnehmung.

Ich hatte sie damals als ich von der Leiter fiel, auch bei dem Überfall der Jungs im Wald. Und ich hatte sie als das Flugzeug eine Notlandung machen musste.

Ich hatte sie aber auch als man mir sagte, mein rechter Arm müsse amputiert werden und ich hatte sie als ich meine Großmutter sterben sah.

Aber zum allerersten Mal als ich dieser Wahrnehmung begegnet bin, da war ich noch ein unschuldiges Kind. Ich war gerade mal sieben Jahre alt, als ich mit Einem feststellte, dass ich als Mensch allein bin. Ich hatte ein Leben vor mir, das gerade erst begonnen hat und ein Vielfaches des bisherigen Daseins andauern wird.

Hast du das schon mal gefühlt? Hast du gewusst, dass du im Grunde völlig allein bist, weil es komplett egal ist, was um dich her passiert?! In deiner inneren Armut, in der Qual der Erkenntnis, dass dein Leben etwas völlig Isoliertes und Unvorhersehbares ist, kann dir niemand helfen. All die anderen Menschen um dich her sind nichts weiter als eine Kulisse. Sie sind dein Spielfeld, auf dem du mit aller Kraft auf das Ziel zugehst, Jahre lang, ein Leben lang.

Doch was ist das Ziel?

Es gibt kein Ziel für das eigene Leben außer allein den Tod.

Weshalb fürchtet man eigentlich den Tod? Er ist das Ziel! Wollen wir nicht ans Ziel? Jeder will seine Ziele erreichen, nur das wichtigste Ziel nicht.

Irgendwie weiß ich heute, dass das nicht stimmt. Wir wollen durchaus zum Ziel. Es ist nur so, dass unser fieser Schöpfer, uns reingelegt hat, indem er uns diesen Überlebenswillen in unsere Existenz eingepflanzt hat wie eine Art Haupt-Direktive. Es ist quasi unmöglich, diese Haupt-Direktive zu umgehen, das schaffen wirklich nur einige Wenige.

Auch ich schaffe das nicht, denn immer wenn ich dem Tod näher komme, dann taucht diese Wahrnehmung wieder auf, welche das Gefühl hervorruft, das derart unangenehm ist, dass man alles lieber tut als dieses Gefühl zu fühlen.

Was bleibt dir also, wenn du so Einer bist wie ich, der sich immer und immer wieder, beinahe täglich daran erinnert, dass das eigene Leben etwas ist, das dich zum Dauer-Einzelkämpfer macht?

Antwort: Ablenkung.

Du musst die Kulisse, die dich auf dem Weg zum Ziel umgibt, so gestalten, dass du derart unnachgiebig mit ihr und ohne dich selbst beschäftigt bist, dass keine Zeit zum Fühlen bleibt. Die Kulisse, vor allem die Menschen um dich herum, müssen dazu gebracht werden, dich zu jagen, dich zu quälen, dich unter Druck zu setzen oder auch dich zu lieben, Sex mit dir zu haben, deine Eitelkeit zu befriedigen, deine Wünsche zu erfüllen, deine Zeit zum Abenteuer zu machen.

Das Leben muss etwas sein, das dich völlig ablenkt von dir selbst. Das hat ungefähr diesen Effekt, als dass du das Singen einer Mücke nicht mehr hörst, wenn der Fernseher nur laut genug ist. Deine isolierende Existenz-Wahrnehmung, welche dieses unerträgliche Gefühl mit sich bringt, muss übertönt werden durch das handgreifliche Einwirken der Biomasse um dich herum.

Die Krönung der Ablenkung ist es, die Menschen deiner Ablenkung es nicht merken zu lassen, weswegen sie dir derart nahe treten dürfen.

Sie sollen denken, du tust es aus Liebe, aus reiner Liebe.

Doch das ist es nicht. Nichts ist Liebe. Die gibt es gar nicht. Denn wenn es die gäbe, dann gäbe es diese Existenz-Wahrnehmung nicht, und auch das damit verbundene unerträgliche Gefühl gäbe es dann nicht.

Es ist völlig egal, dass die anderen Menschen an Liebe glauben. Es ist auch völlig egal, dass es für die Anderen die Liebe tatsächlich gibt. Diese Tatsache macht dich nur noch einsamer, noch isolierter als alles, alles andere.

Schon als Teenager verstand ich es gut, eine Kulisse um mich herum aufzubauen, die mir keine Möglichkeit mehr ließ, meine Existenz zu fühlen. Ich spürte nur noch die Umwelt, es blieb mir keine Gelegenheit, mich selbst wahrzunehmen. Ich war jede Nacht unterwegs in den Kneipen, Discos und Bars der schmutzigsten Viertel der Stadt.

Was anfing mit harmlosen Tanz-Veranstaltungen, endete in täglichen Besäufnissen, Drogen-Exzessen und Sex-Orgien. Mein Körper fühlte die Kulisse als etwas derart Dominantes, dass meine eigene Gefühlswelt, das Nicht-Körperliche, völlig auf der Strecke blieb.

Sogar Schmerz und Gewalt empfand ich als eine gewisse Genugtuung, vor allem dann, wenn meine Freunde eine Pause von mir brauchten, dann mussten eben meine Feinde her, um die Ablenkung aufrecht zu erhalten.

Alles hat seine Grenzen, sogar ich musste eines Tages meine Grenzen erkennen. Damit hatte ich nicht gerechnet, muss ich sagen.

Eines Abends nämlich hatte ich eine derart schmerzhafte Begegnung nachts auf der Straße mit drei Männern, die mich wahrhaftig an meine Grenzen brachte.

Dieser Überfall war so sehr lebensbedrohend, dass ich gezwungen war, mein Leben mit aller Kraft zu schützen.

Angst vor dem Tod, dies war es was ich nun fühlte, ob ich wollte oder nicht. Deshalb lief ich davon, lief und lief durch die kalte Nacht, durch den blutigen Schnee und sprang.

Danach hatte ich immer wieder denselben Traum, in dem ich nackt durch die eiskalte Nacht lief. Ich sprang nicht in den Tod, ich wollte nur weg sein, unerreichbar für meine Verfolger. Was sie mit mir gemacht hatten war schrecklich. Ich war zu allem bereit, um zu verhindern, dass sie mich einfingen. Sie lachten über meine Flucht, genossen es, dass ich lief. Es hatte ihnen Freude bereitet, mich zu jagen, so nackt wie ich war. Erst hatten sie mir die Kleider vom Leib gezogen, dann hatten sie mich laufen lassen. Sie spielten ein Spiel mit mir, das ich gewann. Es war eine Genugtuung zu wissen, wie sehr sie sich darüber grämten, dass ich entkommen war.

Der Traum war jetzt an dem Punkt, da ich von der Brücke sprang. Doch ich sprang nicht. Ich wusste, in diesem eisigen Fluss lauert der Tod auf mich. Vielleicht würde ich ja noch leben, wenn die Kerle fertig wären mit mir. Ich sprang nicht, lief einfach weiter. Meine nackten Füße wurden nicht kalt auf dem Schnee, der Kampf ums Überleben hielt mich warm. Doch dann hatten mich die Männer eingeholt, fielen lachend über mich her, drückten meinen nackten Körper in den Schnee. Ich starrte entsetzt in die Augen des Mannes, der nun meine Hände auf den eisigen Untergrund drückte.

„Nein!“, schrie ich, wünschte, ich wäre gesprungen.

„Es ist ja alles gut, Sie sind in Sicherheit“, sagte eine unbekannte Stimme.

Ich öffnete die Augen, schloss sie wieder. Hier war alles so hell.

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