So gestärkt holte ich meine Mutter aus der Klinik ab, wir aßen eine Kleinigkeit in der Pension, um dann auch frühzeitig schlafen zu gehen. Meine Mutter freute sich wie ein Kind darüber, dass es meinem Vater schon psychisch so viel besser ging. Auch die von mir ausgewählte Pension gefiel ihr ausnehmend gut. Der Wirtin erzählte sie etliches Intimes sehr ausführlich von ihrer und unserer gemeinsamen Lebensgeschichte. Aber solche Peinlichkeiten war ich gewohnt und ging mit einem freundlichen unverbindlichen Lächeln darüber hinweg.
Am nächsten Morgen nach unserem ausgiebigen leckeren Frühstück wartete mein Vater schon vollkommen angezogen auf uns. Er wollte mit uns durch den Klinikgang zur Wandelhalle im Kurpark! – Das war nun zum Glück wieder mein Vater, so wie ich ihn kannte. Nun wurde auch wieder über die in 5 Monaten geplante Australienreise gesprochen. Mein Vater war noch nicht wirklich zuversichtlich, meine Mutter wie immer eher negativ skeptisch.
Auf der Rückfahrt versuchte ich meine Mutter weiter positiv aufzubauen. Das war immer und in diesem Fall auch wieder ein schwieriges Unterfangen. Denn ihr Augenmerk richtete sich nun schon auf die kommenden Tage, an denen ich wegen meiner leider auch notwendigen Arbeitnehmertätigkeit weg war und sie allein im Haus sein sollte. Alles, was Depressionen verstärken konnte, wurde hervorgeholt, immer von mir mit positiven Argumenten relativiert. Tja, es heißt ja, je nach Sicht, ist das Glas entweder halb voll oder halb leer.
Zurück im Haus meiner Eltern wurde rasch Abendbrot gemacht, wie üblich der Tatort gesehen, der Frühstückstisch für den nächsten Morgen gedeckt und, nach einem kurzen Telefonat mit meinem Vater die Schlafenszeit eingeläutet. Das Licht wurde erst nach dem üblichen Gutenacht-Prozedere, nämlich der Reflexion des Tagesgeschehens aus Sicht meiner Mutter, einem lieben Dankeschön an mich als Tochter und zum Abschluss einem Streicheln der Wange, gelöscht.
Sehr früh am nächsten Morgen, meine Mutter war allerdings schon lange geschäftig in der Küche am Werkeln, hatte wie üblich mein Brötchen geschmiert und den Kaffee für mich eingegossen, leider war er deshalb auch eher kalt als warm, machte ich mich auf den langen Weg zur Arbeit, nicht ohne von meiner Mutter mit allen guten Wünschen, Dankesworten und „Fahr Vorsichtig“, „Ruf an, wenn du da bist“, verabschiedet worden zu sein. Im Rückspiegel erblickte ich noch bis zum Abbiegen ihre kleine schmale Gestalt in der beleuchteten Haustür, die immer noch winkte. – Sie wirkte so unendlich verloren und dabei doch kraftvoll.
Jeden Morgen und jeden Abend meldete ich mich in dieser Woche bei meiner Mutter. Und am Freitag nach der Arbeit ging es schnurstracks zu meinem Elternhaus, meine Mutter einpacken und weiter ab nach Bad Bevensen. – Meinem Vater ging es stetig besser, seine Hoffnung stieg, doch noch nach Australien und nach Neuseeland zu kommen mit jedem Besuchswochenende steil an. 4 Wochen ging das so. Kurz vor Weihnachten dann war es soweit. Nach der Arbeit holte ich meine inzwischen aus Australien zurück gekehrte Tochter ab. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg, meinen Vater aus Bad Bevensen abzuholen, um mit ihm gemeinsam weiter zu meinem Elternhaus zu fahren. Meine Mutter erwartete uns schon sehnsüchtig mit gedecktem Kaffeetisch, alles perfekt vorbereitet. Das war eine Freude! Es gab so viel zu erzählen. Mein Vater war voll guten Mutes, meine Mutter zwar immer noch skeptisch, was die große Reise anging, erst einmal aber doch froh, dass mein Vater wieder zu Hause war. Alles schien sich zum Guten zu wenden. Wir verabredeten, gemeinsam Heiligabend zu feiern. Ich wollte den Gänsebraten, den mein Vater so unendlich liebte, mitbringen, meine Tochter sollte auch mit dabei sein.
Natürlich wurde weiterhin jeden Abend telefoniert. Mit meinem Vater und seinen Gehkünsten ging es immer ein Stückchen mehr aufwärts. So glaubten wir alle letztendlich doch mit viel Vertrauen in die Zukunft, dass wir die geplante Australienreise im März antreten könnten. Erst einmal war ein wenig Entwarnung angesagt.
Weihnachten hatte sich der Zustand meines Vaters weiter gebessert. Er bekam einen weiteren Reiseführer für Neuseeland geschenkt. Meine Mutter, die wie immer wöchentlich längere Telefonate mit ihrer Freundin in Australien führte, sprach auch schon häufiger davon, dass es mit dem geplanten Besuch nun vielleicht doch klappen würde. Es wurden ihrerseits nun Befürchtungen geäußert, dass ihrer Freundin unser Besuch eher zuviel werden könnte. Aber es ginge natürlich auf keinen Fall, dass wir uns alle in ein Hotel am Ort einquartieren. Und ihre Freundin Asta zeigte sich auch sofort äußerst beleidigt, wenn meine Mutter Anspielungen dahingehend machte. Ich erwog allerdings zu diesem Zeitpunkt ernsthaft mir dort ein Hotelzimmer zu nehmen, einfach um wenigstens einige Tage mehr für mich zu haben.
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