Morgenist noch weit weg, aber ich mag gar nicht daran denken. Unser Besuch fährt weg. Mein Lieblingskumpel Hermann fliegt auch wieder mit Herrchen zurück nach Hamburg. Ach, das wird uns morgen wirklich ein bisschen einsam hier vorkommen. Hoffentlich nimmt mich Leonie wenigstens mit zum Flughafen. Da kann man nämlich in der Nähe wunderbar am Strand spazieren gehen. Vielleicht bläst ein kleiner Strandspaziergang unsere trüben Gedanken hinweg.
Musik und Therapie von alten Hunden
GesternAbend waren wir aus und haben eine ganz tolle Band angeschaut. Die nennen sich „Old dogs – New tricks“ und spielen eine wilde Mucke. Leonie und unser Besuch waren gestern so begeistert, dass sie sogar zu der Hundemusik getanzt haben. Warum sich die Menschen allerdings „alte Hunde“ nennen, erschließt sich mir überhaupt nicht. „Alte Menschen – Neue Tricks“ würde doch viel besser passen.
Und übrigens, wann ist ein Hund überhaupt alt? Ist das etwas Gutes? Ich tendiere eigentlich mehr dazu, im Hier und Jetzt zu leben und denke nicht zu viel über das Alter nach. Was ist überhaupt Alter?
Neulich hörte ich Leonie sagen, dass ich nun bald 5 Jahre alt werde und dass ich auch nicht mehr der Jüngste sei. Was soll das nun wieder heißen? Ich bin noch lange nicht wie Leonie im zweistelligen Bereich und irgendeine 5 hat sie auch in ihrem numerischen Alter. Also – was soll das Gerede mit dem Alter und der 5? Natürlich bin ich kein Welpe mehr, aber dafür bin ich doch ein ausgewachsener toller prächtiger Bursche. „I feel good“, wie die Old Dogs sangen. Leonie erklärte mir, dass die Sängerin der Gruppe sehr gerne Hunde mag und selber vier Vierbeiner hat. Wenn wir an der Bar vorbei gehen, in der diese alten Hunde abends häufig auftreten, kommt die hübsche Sängerin meistens von der Bühne gesprungen, um mich zu streicheln. Und das macht sie während sie singt. Man, die muss mich wirklich mögen. Gut, dass ich kein Welpe mehr bin. Da würde sie mich sicher im Gewühl übersehen.
Heutescheint die Sonne. Leonie scheint manchmal Angst zu haben, dass ich zu schnell alt werde. Vielleicht kann sie sich auch einfach nicht vorstellen, dass ich eines morgens nicht mehr bei ihr bin. Sie scheint mich wirklich zu mögen. Wie ich darauf komme? Nicht nur, weil sie mich füttert. Unseren Besuch und selbst ihre allerliebsten Zweibeiner Familienmenschen setzt sie einfach so am Flughafen ab und lässt sie wegfliegen. Das macht sie mit mir nicht. Ich darf immer wieder zu ihr ins Auto springen und mit ihr nach Hause fahren. Das ist wahre Liebe.
Wenn sie zu traurig ist, weil wieder geliebte Menschen weggefahren sind, wie heute, dann freut sie sich anscheinend sehr, dass ich da bin und sie trösten kann. Ja, stellt Euch vor: manchmal bin ich ein richtiger Therapiehund. Und dafür bin ich noch lange nicht zu alt.
Morgenist für die gesamte Insel Teneriffa ein schwerer Sturm angekündigt. Nicht nur, dass Leonie graue Gedanken im Kopf hat, weil kein Besuch mehr da ist, der uns Knochen schenkt. Nein, vom Atlantik rauscht ein richtig großer Sturm auf die Insel zu. Der Himmel ist grau. Es stürmt. Sämtliche Boote sind aus dem Hafen mit einem großen Kran auf Lastwagen geladen worden und auf einen Berg gebracht in Sicherheit gebracht worden.
Und auch ich darf leider nicht mehr ins Wasser. Leonie hat Kerzen und eine Taschenlampe bereit gelegt. Denn wenn die Elektrizität weggehen sollte, kann sie leider nicht so gut wie ich im Dunklen sehen. Ich sollte ihr mal besseres Schnüffeln und richtiges Riechen beibringen. Aber dafür scheint Leonie nicht so richtig ausgelegt zu sein.
Stürmischer Donnerstag
Gesternerlebten Leonie und ich eine richtige Sturmnacht. Der Wind heulte und wirbelte viele Dinge durch die Luft. Draußen war es dunkel und richtig unheimlich. Unheimlich natürlich nicht für mich tapferen Labrador, sondern nur für mein ängstliches Frauchen. Allerdings war es ein Wetter, bei dem nicht einmal ein Labrador vor die Tür gehen will. Ich musste auch nicht raus und lag auf dem Sofa und träumte von riesigen Lammknochen und Tennisbällen.
Wenn ich ab und zu die Augen öffnete, sah ich Leonie auf dem Balkon schrubben. Sie musste die halbe Nacht Wasser vom Balkon wischen, damit das viele Wasser nicht in die Wohnung lief. Ich hätte das ja ganz witzig gefunden. Ein See mitten in der Wohnung. Wer hat das schon? Leonie schien von der Idee nicht so angetan und zog es vor, das Wasser weg zu schrubben. Der Sturm heulte draußen und es blies in alle Ritzen unserer Wohnung. Ich kuschelte mich auf mein Sofa immer tiefer hinein und zog mir schließlich noch ein Kissen über meine Ohren. Denn auch wenn ich tapfer bin, ich muss den Donner ja nicht unbedingt so laut hören.
Ob ihr es glaubt oder nicht, plötzlich wehte ein Ball durch die Luft auf unseren Balkon. Genauso einen Ball hatte ich mir schon sehr lange gewünscht. Ich liebe Bälle. Und alle von Leonie auf die Insel mitgebrachten Tennisbälle sind längst von mir unter Teneriffas Vulkanerde gebracht worden. Nun habe ich einen so großen Ball, der nicht so schnell im Atlantik verschwinden wird. Den habe ich mir gleich auf meinem Sofa gesichert. Er eignet sich auch als Labrador Kopfablage für meinen schweren Denkerkopf. Ein Geschenk des Universums nur für mich. Da könnt Ihr mal sehen, wofür ein Sturm gut sein kann.
Heutewaren wir nach der heftigen Sturmnacht gleich am Morgen spazieren. Überall flogen noch Dinge durch die Luft. Wir mussten richtig aufpassen, dass uns keine großen Palmenblätter auf den Kopf flogen. Einen zweiten Ball habe ich nicht gefunden, aber am Strand haben wir eine Menschenzeichnung gefunden. Ein in den Sand gezeichnetes Herz. So drücken einige Zweibeiner ihre Liebe aus. Ich mache das etwas anders. Wie ich Liebe ausdrücke, das erzähle ich Euch besser ein anderes Mal.
Doch auch wenn ich in den Sand male, sieht das ein bisschen anders aus. Von Herzchen halte ich nicht so viel. Ich scharre lieber ganz gerade, tiefe und parallele Linien. Da weiß dann doch gleich jeder Hund, wer hier am Werk war. Ich – Lasko der Labrador, der Beherrscher des Gebiets. Na ja, jedenfalls partiell. Und wenn ich mich nicht künstlerisch durch Scharren ausdrücke, dann markiere ich einfach. Das geht weitaus schneller als so eine aufwändige Menschenzeichnung. Das könnt Ihr mir glauben.
Lange war das Herz auch für uns nicht zu sehen, denn die Wellen waren riesig hoch und spülten es schnell wieder fort. „Alles kommt und geht“, sinnierte Leonie. Klar, dachte ich, gut, dass sie das auch schon mitbekommen hat.
Morgenwerde ich ganz genau Ausschau halten, ob der Sturm nicht doch noch ein paar tolle Sachen für mich an den Strand angetrieben hat.
Stürmische Werte
Gesternstürmte es den ganzen Tag auf Teneriffa weiter. Dazu regnete es Hunde und Katzen (so sagte jedenfalls der Nummer 18 Mann zu der Nummer 18 Frau, als wir die Beiden unglücklicherweise vor der Haustür trafen). Leonie kurbelte den ganzen Tag die großen schweren Markisen vor dem Balkon herauf und herunter. Warum? Wenn es regnet, wird durch die schweren Markisen ein wenig Nässe vom Balkon fern gehalten. Ich spreche hier bewusst von ein bisschen Nässe, denn es reichte immer noch für ein kleines Labradorbad auf dem Balkon.
Allerdings meinte Leonie, dass es zum Abtrocknen des Balkons zwischen den Regenschauern besser sei, die Markisen hoch zu kurbeln, um ein wenig Wind auf den Balkon zu lassen. Also musste Leonie die schweren Dinger immer wieder hoch- und herunterkurbeln. So war sie mit kurbeln und wischen gut beschäftigt. Ich badete auf dem Balkon und da ich anschließend durch die ganze Wohnung lief, konnte Leonie drinnen auch gleich mitwischen. Nun haben wir endlich wieder eine saubere Wohnung.
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