Lilian Morgenroth - Aus dem Leben der Leana O.

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Aus dem Leben der Leana O.: краткое содержание, описание и аннотация

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Die Stimme eines Lesers:
"Ich habe sie gefressen, deine Texte!!! Sie sind depressiv, spannend, unheimlich, lustig, menschlich und man findet sich oft genug selbst darin wieder. Sie sind so beeindruckend, dass du sie unbedingt mit der Welt teilen solltest. Du wirst garantiert gelesen werden, da du super spannend schreibst!!! Sehr, sehr intelligent, so ehrlich und gnadenlos!!! Das liebe ich. Das liebt jeder, der gerne liest!"
Die Protagonistin Leana O. erzählt in kurzen, sprachlich eindringlich gestalteten Texten und Gedichten aus den subjektiven Innenwelten ihres Lebens.
Leana O. ist eine typische Studentin aus dem Bildungsbürgertum, mitte zwanzig und mit dem ein oder anderen psychischen Abgrund ausgestattet. Der Text ist eine psychologisch feingestrickte Milieustudie, dessen gnadenloser Seelenstriptease zu berühren vermag.
Das Buch besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil setzt sich aus verschiedenen Texten und Gedichten zusammen, ohne dass diese zusammen einen Plot ergeben. Dennoch zeichnet sich darin Leanas Leben ab, in dem verschiedene Facetten der Protagonistin sichtbar werden. Es geht um Leistungsdruck, psychische Krankheiten (Skin Picking), Erwachsenwerden, Beziehung, Gesellschaftskritik und Stolzlippen.
In Teil II wird in chronologischer Reihenfolge über Leanas Liebesgeschichte erzählt. Dies erfolgt, indem sie Briefe an ihre Freundinnen und ihren Freund Johann schreibt. Obwohl nicht immer alles explizit erklärt wird, werden nach und nach alle wichtigen Informationen für den Plot geliefert. Johann ist verwitwet als er Leana kennenlernt. Seine Frau ist mit 33 Jahren an Krebs verstorben. Die Briefe erzählen von der anfänglichen Liebe der beiden und Leanas Kampf mit dem Tod dieser Frau innerhalb ihrer Beziehung umzugehen. Eindrücklich wird die Beziehungsdynamik der beiden in den Briefen deutlich.

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All das versuchte ich Johann zu erklären. Meine Gefühle, meine Bedürfnisse, meine Wünsche. Aber irgendwie war die Kommunikation misslungen. Aus dem Ruder gelaufen.

„Sag mal, was schiebst du eigentlich für nen Film? Werd mal erwachsen!“

Boom! Schlag ins Gesicht. Danke Johann. Und auf Wiedersehen.

Ich lief zum Hermannplatz. Dieses Gefühl nirgends hinzugehören. Überall ein bisschen, aber nirgends wirklich. Nicht mehr an den Bodensee, gerade auch nicht nach Freiburg (die Wohnung war untervermietet), nicht nach Berlin.

Was mach ich jetzt nur? Jetzt häng ich hier in dieser Stadt. Weit weg vom Bodensee. Ich bin müde, aber ich kann nicht nach Hause. Weil da Johann ist und ich nicht bei ihm sein will. Und weil „nach Hause“ nicht mein Zuhause ist. Daheim wäre ich gern. Aber ich weiß nicht, wo daheim ist .

Ich setzte mich in eines der hübschen hipster Kaffees. Wollte etwas für die Uni arbeiten. Telefonierte mit einer Freundin und weinte. Allein unter Menschen. Was für ein vertraut-beschissenes Gefühl.

Nach vier Stunden bekam ich Hunger. Ich setzte mich ins Fenster bei meinem lieblings Vietnamesen und aß eine Pho. Ich sah die Menschen an, die vorbeiliefen. Ich weinte und meine salzigen Tränen topften in die Suppe, bis etwaige Sojasoßen überflüssig wurden.

Wenn ich könnte, würde ich abhauen.

Zu Hause erwartete mich ein fröhlicher Johann, mit nacktem Oberkörper, wippend auf seiner neusten Errungenschaft. Ein roter Gymnastikball, der ihm jetzt als Schreibtischstuhl diente und auf dem er zu lauten Beats an seinen Masterprüfungen arbeitete.

Er sprang mir entgegen: „Versöhnen wir uns jetzt wieder?“

Aber ich konnte nicht und zog mich in Jakobs Zimmer zurück. Da war Chaos und es war kalt. Jakob wollte erst in vier Wochen wieder kommen und wir nutzten es solange als Wäsche- und Abstellzimmer. Ich schaufelte das Bett frei, drehte die Heizung an und wollte nur noch schlafen.

Johann klopfte. „Was ist denn los? Rede doch wenigstens mit mir.“

Wir redeten. Diesmal gelang die Kommunikation auf beiden Seiten. Ich schluchzte so laut und regnete ihm das gesamte T-Shirt voll. Er hielt mich und beschloss mir ein Arbeitszimmer in Jakobs Zimmer einzurichten, solange er nicht da war.

Später.

Wir liegen auf seinem Bett. Ich auf ihm.

„Mach mal die Beine zusammen“, sagt er und schiebt seine auseinander.

„Aha, so fühlt sich das also an als Frau. Und jetzt tu mal so, als würdest du mich vögeln.“

Wir lachen und probieren es aus. Alle Stellungen. Ich bin der Mann und er die Frau. Es ist lustig und irgendwie erschreckend für mich. Johann spielt seine Frauenrolle überzeugend und ich erkenne mich in ihm wider. Es ist mir unendlich peinlich. Ich will keinen Spiegel vorgehalten bekommen. Manchmal, wenn wir miteinander schlafen, da berühre ich mich bei einigen Stellungen zusätzlich selbst. Er tut so, als würde er das jetzt auch machen.

Wir ziehen uns nackt aus und ich ziehe ihm meinen BH an. Ich bin der Mann und er die Frau. Ihm scheint es zu gefallen und ich sehe förmlich, dass er sich in seiner Frauenrolle wohl fühlt. Ich lache die meiste Zeit und finde mich nicht so recht in meine Rolle ein. Im Gegenteil, es verunsichert mich. Dann sage ich irgendwann Stopp.

Ich bin erschrocken. Mein Selbstbild über mich ist, dass ich Männer- und Frauenrollen offen und bewusst gegenüber stehe. Und oft gelingt das. Doch war mir bis zu diesem Experiment nicht klar gewesen, wie stark meine Sexualität den klassischen Genderrollenbildern entspricht. Nicht, dass nicht auch ich oben bin und mir nehme, was ich will. Aber doch seltener. Und es ist dieser gesamte Habitus. Wie „man“ „als Frau“ stöhnt, sich räkelt, bewegt. Und wie „man“ es „als Mann“ tut. Wo habe ich das nur gelernt? In Pornos? In Bilderbüchern? Ich vermutete, an jedem einzelnen verfickten Tag in dieser Zivilisation.

Ich leide nicht darunter. Im Gegenteil. Ich bin so damit identifiziert, dass es mich geil macht, wenn wir miteinander schlafen und er mir seine körperliche Dominanz verdeutlicht. Aber ich scheine keine Wahl zu haben. Im Gegensatz zu Johann habe ich mich in der gegengeschlechtlichen Rolle nicht wohl gefühlt. Da ist sogar Angst, er könnte mich nicht mehr attraktiv finden, nach dem er mich „so“ gesehen hat. Johann scheint da freier zu sein. Er streichelt sich über seine Fakebrüste und stöhnt leise vor sich hin. Natürlich sei es Schauspiel, sagte er. Aber immerhin keine Scham. Offenheit es auszuprobieren.

Und dann fange ich doch plötzlich an in die Männerrolle zu schlüpfen. Allerdings stelle ich mir nicht vor ein Mann zu sein. Wir sind wieder Johann und Leana. Aber ich bin dominant. Ich binde meine Haare zurück, weil er es mag, wenn er sehen kann, wie ich ihm einen blase. Dann setze ich mich auf ihn und bringe ihn innerhalb ein paar Minuten zum Orgasmus. Er warnt mich vor, aber ich will gar nicht mehr kommen. Ich will nur, dass er kommt - weil ich es jetzt so bestimme.

Danach liegen wir nebeneinander und sehen uns an. Wir lachen, da ich jetzt ungeflutet und unbefriedigt bin.

„Verachtest du mich jetzt?“ fragt Johann scherzhaft.

Und dann ist er plötzlich da. Der Moment. Nach über einem Jahr. So oft, wollte ich es sagen, habe mich aber nie getraut. Jetzt ist es ruhig und intim zwischen uns. Seine schwarzen Augen. Leise sage ich, „Nein, ich verachte dich nicht. Ich achte dich. Und ich liebe dich.“

Er sagt nichts. Er sieht mich an. Ich bilde mir ein den Adrenalinschub durch seinen Körper fühlen zu können. Vielleicht irre ich mich auch. Wir küssen uns und genießen den Augenblick.

Ich habe nie erwartet, dass er es erwidern würde. Aber ich habe mich jetzt endlich getraut. Weil es wahr ist.

Wir stehen auf und richten mein neues Arbeitszimmer ein. Es ist schön das Leben mit Johann.

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