„Vielleicht waren das ja auch nur… Nachbarn oder so. Wir sind jetzt in Magic Spring, da ist es nicht mehr so extrem außergewöhnlich, einen Vampir als Nachbarn zu haben.“
„Und wieso ist er dann weggerannt?“
„Na, weil es ihm peinlich war. Niemand wird gerne dabei erwischt, wie man seine neuen Nachbarn stalkt.“
Skeptisch sah ich sie an, schloss dann aber wieder die Tür. Dann ging ich ohne ein weiteres Wort an Mayla vorbei in die Küche. Ich würde schon noch rausfinden, wer uns beobachtet hatte.
In der Küche setzte ich mich einfach irgendwo hin, um in die Luft zu starren. Zu essen hatten wir eh noch nichts und ich wollte einfach nur in Ruhe darüber nachdenken, wer das gerade eben gewesen sein könnte. Ob diese Person etwas Bestimmtes von uns gewollt hatte oder tatsächlich einfach nur neugierig war. Ob sie vor Angst weggerannt war oder eher wir uns vor ihr fürchten müssten.
Ich wurde jedoch aus meinen Gedanken gerissen, als Mayla mir nachkam und sich an die Küchentheke lehnte, um mich anzusehen. „Mach dir nicht immer so viele Gedanken, Phil. Wenn wir etwas zu befürchten hätten, wäre die Person nicht weggerannt. Und wenn sie doch etwas Wichtiges von uns wollte, wird sie schon wiederkommen.“
Ich wollte gerade etwas antworten, als plötzlich jemand an unsere Tür klopfte. Wie passend. Kurz tauschte ich einen Blick mit meiner Cousine, bevor wir beide losrannten, um als Erster die Tür öffnen zu können. Zum Glück gewann ich dieses kurze Rennen. Als ich unsere Tür langsam öffnete, um die Person davor zu sehen, stand Mayla schon längst hinter mir und sah mir neugierig über die Schulter.
Kurz darauf erblickte ich ein freundlich aussehendes Gesicht, das uns höflich anlächelte.
„Hey!“, rief die Frau vor uns fröhlich, auch wenn es meiner Meinung nach ein wenig aufgesetzt wirkte. Lächelnd hielt sie mir einen kleinen Blumenstrauß entgegen. „Willkommen in der Nachbarschaft!“
„Wir leben hier am Rande von Magic Spring, kein Haus in der direkten Nähe. Welche Nachbarschaft also?“, entgegnete ich skeptisch.
Dann spürte ich, wie Mayla mich zur Seite schubste und die Blumen der Frau lächelnd entgegennahm. „Entschuldigen Sie meinen Cousin, er ist manchmal einfach nur etwas schlecht drauf“, meinte sie und trat dann einen Schritt zur Seite. „Kommen Sie doch rein.“
Die brünette Frau ging an uns vorbei und ich sah Mayla entgeistert an.
„Was soll das werden?“, zischte ich ihr leise zu, während die Frau unsicher in der Eingangshalle stand. Sie sah nicht sonderlich überrascht aus von dem prunkvollen Aussehen, anscheinend war sie schon einmal hier gewesen.
„So etwas nennt man soziale Kontakte, Phil“, zischte sie ebenso leise zurück.
„Wieso vertraust du ihr?“
„Versuch doch mal, nicht so ein Arsch zu sein wie du sonst zu Fremden bist, ja? Für mich“, bat sie mich nur noch leise, bevor sie sich wieder mit einem Lächeln zu der Frau umdrehte und sie ins Wohnzimmer führte.
„Kommen Sie nur mit. Übrigens vielen Dank, Miss…?“
„Oh, ich habe ja ganz vergessen, mich vorzustellen. Nennt mich doch einfach Isabel.“
„Mayla. Und das gerade war Phil“, antwortete meine Cousine und schüttelte die Hand der fremden Frau.
Ich überlegte kurz, einfach nach oben zu gehen, aber ich wusste, dass ich Mayla niemals alleine mit irgendeiner Fremden lassen könnte, also folgte ich ihnen und ließ mich auf eines der Sofas fallen.
„Setz dich doch. Möchtest du etwas trinken?“, fragte Mayla gastfreundlich, während ich die Frau mit einem Blick ansah, der klar machte, dass sie lieber Nein sagen sollte.
„Nein, nein, ich möchte keine Umstände machen“, meinte Isabel daraufhin, während Mayla die Blumen weglegte und sich mit der Frau auf ein anderes Sofa setzte.
„Oh, okay. Aber trotzdem noch mal vielen Dank, dass du uns hier begrüßt, das ist wirklich sehr aufmerksam von dir.“
„Das ist doch selbstverständlich. Seit wann wohnt ihr denn eigentlich hier?“
„Seit gerade eben, wir sind erst vor ein paar Minuten angekommen“, antwortete Mayla lächelnd.
„Oh, dann tut es mir leid, dass ich so überraschend aufgetaucht bin. Aber mich interessiert eines: Wie seid ihr an dieses Haus gekommen? Ich meine, es gehört einer hier ziemlich bekannten Familie und ich dachte nicht, dass sie es verkaufen würden. Und dann auch bestimmt für keinen sehr geringen Preis.“
Sofort spannte ich mich etwas an. Ich wurde von meiner Mom in dem Wissen erzogen, dass unser Name sehr bedeutend war, und man ihn definitiv nicht jedem verraten sollte. Mayla jedoch hatte sich noch nie so verstecken müssen, sodass sie ohne weiter nachzudenken sagte: „Sie hat es auch nicht verkauft, wir wohnen schließlich noch hier. Ist gewissermaßen unser Familienerbe, auch wenn es nicht wirklich uns gehört.“
„Du meinst…?“
„Es gehört meinem Vater, aber er lässt uns hier drin wohnen, ja“, lächelte Mayla ohne den überraschten Blick von Isabel zu bemerken.
„Oh. Ich… ähm… Ich glaube, ich muss jetzt gehen…“, stammelte diese und ich hörte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als sie aufstand. Wieso reagierte sie so auf diese Information?
Sofort richtete ich mich ebenfalls auf und sah sie provozierend an. „Wieso? Hast du ein Problem mit unserem Nachnamen?“, fragte ich.
„Phil!“, zischte Mayla leise. „Jetzt lass sie doch.“
„Ich… Nein… Wieso sollte ich etwas gegen euren Namen haben?“, fragte Isabel und ging dabei langsam in Richtung Haustür, als wolle sie so schnell wie möglich von hier verschwinden.
„Du kennst unsere Familie“, stellte ich fest und folgte ihr zur Tür. „Was willst du wirklich hier?“
„Ich… Ich wollte euch nur begrüßen. Und sehen, wer hier eingezogen ist.“
„Was hattest du mit unserer Familie zu tun?“
„Phil!“, rief meine Cousine noch einmal, die uns gefolgt war.
„Bleib da stehen, Mayla“, meinte ich nur und sie tat ausnahmsweise sogar das, was ich verlangte. Sie würde mir aber schon bald folgen, wenn ich unseren Gast weiter hier festhalten würde, das war mir klar.
„Du solltest jetzt gehen, Isabel“, meinte ich also kalt und kurz darauf konnte ich dann auch schon die Tür hinter ihr schließen. Und trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass mir ihr Name irgendwie bekannt vorkam.
„Was sollte das?“, fragte Mayla mich vorwurfsvoll und verschränkte ihre Arme.
„Irgendetwas an ihr war merkwürdig. Das hast du doch gerade selber gesehen. Ihre Reaktion darauf, dass wir Johnsons sind, war doch nicht normal.“
„Vielleicht, ja… Aber es kann doch auch sein, dass sie einfach nur ein bisschen Stress mit unserer Familie hatte“, verteidigte sie sich.
„Ja. Genau das wird der Fall sein. Und du weißt selbst, wie ein bisschen Stress in unserer Familie aussieht. Irgendjemand kommt immer zu Schaden, meistens stirbt jemand“, konterte ich und sie sah mich erschrocken an.
„Du meinst… dass sie quasi eine Feindin von uns ist?“
„Es könnte sehr gut sein, dass sie jetzt ein Problem mit uns hat, ja.“
Ich sah, wie sie ihr Gespräch von gerade im Inneren noch einmal durchlebte, nur dieses Mal von meinem Standpunkt aus. Plötzlich weiteten sich ihre Augen und sie fuhr sich aufgeregt durch die Haare. Das klare Zeichen dafür, dass sie verstanden hatte, dass ich durchaus recht haben könnte und es möglich war, dass wir jetzt wegen dieser Frau ein ziemliches Problem hatten.
„Verdammt! Und das ist alles meine Schuld, nur weil ich so naiv war und meine Klappe nicht halten konnte. Nur wegen mir weiß sie jetzt, wer wir sind!“, machte meine Cousine sich Vorwürfe und ich ging langsam auf sie zu.
„Nein, Mayla, das stimmt nicht. Es ist ja noch gar nicht sicher, ob sie etwas gegen uns hat. Und selbst wenn, dann ist das nicht deine Schuld. Du hast ihr schließlich nicht unsere gesamte Lebensgeschichte erzählt, sondern nur unseren Nachnamen. Und den hätten wir vermutlich eh nicht lange geheim halten können, nicht wenn wir in der Johnson-Villa wohnen. Du hast nichts falsch gemacht“, beruhigte ich sie sofort und sie ging auf mich zu, um die Arme um mich zu legen.
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