Dann folgte der, des Trauer ernstlich klagte,
Als die gefangne Bundeslade wild
Sein Bild zermalmte, Haupt und Hände selbst
Im eignen Tempel ihm am Fußgesims
Abschlug, daß rasch es auf den Boden stürzte
Zur Schande der Verehrer, – dies war Dagon,
Ein Ungeheuer des Meers, halb Fisch, halb Mensch,
Doch hat er seinen Tempel hoch erbaut
Zu Azot, längs dem Strande Palästina's,
Gefürchtet auch, in Gad und Askalon,
In Akkaron bis an die Grenzen Gaza's.
Ihm folgte Rimmon, dessen Lieblingsort
Damaskus war, an dem fruchtbaren Strand
Abbana's, Pharphars, der kristallnen Ströme.
Auch er war gegen Gottes Tempel frech,
Verlor einst einen Kranken und gewann
Dort einen König Abas, jenen Narren,
Den keck er zwang, des Herrn Altar zu schänden,
Und einen syrischen dafür zu baun,
Auf dem man die verhassten Opfer brannte,
Und Götter ehrte, die er überwunden.
Dann naht ein Zug mit Namen alten Rufs
Osiris, Isis, Orus und ihr Tross.
Mit Zauberei'n und rätselhaften Bildern
Betrogen sie Ägypten samt den Priestern,
Daß das fanatische Volk in Tiergestalt
Anstatt in Menschenform die Götter suchte.
Auch Israel entging nicht dieser Pest,
Als ihr geborgtes Gold das Kalb erschuf
Am Horeb, und der wildempörte König
Die Sünd' in Bethel und in Dan verdoppelt',
Als er den Schöpfer gleich dem Stiere formte,
Jehovahn, der in einer Nacht zugleich,
Als an Ägypten er vorüberzog,
Die Erstgebornen samt den blöckenden
Abgöttern schlug. – Zuletzt kam Belial,
Gemeinrer Geist fiel von dem Himmel nie,
Der nur das Laster um das Laster liebte;
Ihm stand kein Tempel, rauchte kein Altar,
Doch wer ist mehr in beiden wohl als er,
Wenn selbst der Priester Gottesleugner wird,
Wie Eli's Söhne, die mit Wollust einst
Und mit Gewalttat Gottes Haus beschimpften?
An Höfen und Palästen herrscht er auch,
In üppigen Städten, wo des Schwelgens Jubel
Und Schuld sich über ihre höchsten Türme
Erhebt. Wenn Nacht die Straßen dunkel hüllt,
Dann wanken Belials Söhne wild heraus
Von Wein und frechem Übermut erfüllt.
Die Straßen Sodoms waren Zeugen des,
Und jene Nacht in Gibeah, wo ein Weib
Gastfrei man preisgab, Ärgres zu verhüten.
Die Ersten waren dies an Rang und Macht,
Die Übrigen zu nennen wär' zu lang.
Wenn auch die Namen weit und breit berühmt,
Ioniens Götter, von dem Stamme Javan's
Verehrt als Götter, doch nach eigner Beichte
Weit spätern Ursprungs als wie Erd und Himmel,
Die hohen Eltern; Titan, Erstgeborner
Des Himmels mit der ganzen Riesenbrut,
Dem von dem jüngern Bruder, vom Saturn
Das Recht der Erstgeburt entrissen ward.
Saturn empfing von seinem Sohn mit Rhea,
Vom Jupiter dafür ein gleiches Los;
So herrschte Jupiter! Zuerst bekannt
War diese Schar in Kreta und auf Ida,
Beherrschte dann auf des Olympus Schnee
Die Mittelluft, als ihren höchsten Himmel,
Auch auf der Klippe Delphis, zu Dodona,
Entlang die Grenzen all des Dorerlands;
Dann jene, welche mit Saturn entflohn
Hesperien zu, hin über Adria,
Der Kelten fernstes Inselmeer durchstreifend.
Sie all' und Andre kamen scharenweis
Doch mit gesenktem und betrübtem Blick,
Worin ein schwacher Freudestrahl nur glänzte,
Daß sie verzweifelt nicht ihr Haupt gefunden
Und im Verlust sich selber nicht verloren.
Zweideutige Röte färbte sein Gesicht,
Doch schnell den alten Stolz zusammennehmend
Erhob er schmeichelnd ihren schwachen Mut
Mit hohen Worten, die nach Würde klangen
Ob sie gehaltlos auch, und bannte so
Der Seinen Furcht. Sogleich befahl er dann,
Daß unter lautem, kriegerischen Klang
Der Zinken und Trompeten sein Panier
Erhoben werde; dieser Ehre wert
Hielt Azazel, ein stolzer Cherub, sich,
Der unverweilt am glanz'gen Stabesschaft
Die königliche Fahn' entrollt, die frei
Ein Meteor im Windeszuge blitzte,
Mit goldnem Prunk und Gemmen reich besetzt,
Den Waffen und Trophän der Seraphim.
Nun schallt aus lauterklingendem Metall
Der kriegerische Ton, drin allgemein
Der Krieger Schrei sich mischt, daß die Gewölbe
Der Hölle dröhnen, und das Reich des Chaos,
Die alte Nacht von außen selbst erschüttert.
Im Nu sah man zehntausend Banner wehn,
Durch's Dunkel in den hellsten Farben flatternd,
Ein Wald von Speeren hob sich hoch empor,
Es drängten Helme sich, geschlossne Schilde
In dichten Reihn aus unermessner Tiefe.
In regelrechtem Phalanx schritten sie,
Nach dorischen Flöten und Schalmeienklängen,
Die vor der Schlacht des Altertumes Helden
Dereinst zum edelsten Gefühl erhob,
Wut ward gemildert zur Besonnenheit,
Daß unbewegt sie Flucht und Rückzug mehr
Als Sterben fürchteten; auch war's die Macht
Der Töne den verstörten Sinn zu stillen,
Und Zweifel, Furcht und Angst und Schmerz zu bannen
Aus menschlichen und göttlichen Gemütern.
So rückten sie, vereinte Stärke hauchend,
Mit festem Sinne, schweigend, unter sanftem
Getön der Flöten an, das ihre Pein
Beim Schreiten auf dem Glutgrund linderte.
Jetzt hielten sie, als näher sie gerückt,
In einer Schreckensfronte grauser Länge,
Mit blendenden Waffen, wie sie Krieger tragen,
Die lang bei Schild und Speer ergraut, erwartend,
Was ihres mächtigen Oberhaupts Befehl.
Rundum schweift sein erfahrnes Auge jetzt,
Durchfliegt gewandt die ganze Kriegerschar,
Die Ordnung und ihr Äußeres, wie Götter;
Dann überzählt er sie, und Stolz erfüllt
Sein Herz, und pocht verhärtet auf die Stärke.
Denn nie, seitdem der Mensch erschaffen, ward
Ein großes Heer gesehn, das im Vergleich
Mit diesem nicht ein kleines Völkchen wär',
Von Kranichen bekriegt, und wenn sich auch
Mit ihm vereint die Riesenbrut von Pflegra,
Die Helden, die bei Ilion und Theben
Gefochten unter Götterschutz und Schirm,
Ob auch mit ihm vereint die Ritterschaft
Britaniens und Armorica's, die einst
Mit Artus kämpfte, wie Romanzen melden,
Samt allen Gläub'gen und Ungläubigen,
Die in Asparamont und Montalban,
Damaskus und Marocco, Trapezunt
Seitdem gefochten, oder samt den Truppen,
Die einst Biserta sandt' aus Afrika,
Als Karl der Große mit den Palatinen
Bei Fontarabia fiel. – So weit dies Heer
Auch den Vergleich mit Menschen übertraf,
So fügt es doch dem Führer sich, der Alle
An Wuchs und Haltung, einem Turme gleich
Stolz überragte, denn noch hatte seine
Gestalt nicht all den frühern Glanz verloren.
Er sah wie ein gestürzter hoher Engel,
Des Glanzes Übermaß nur war verdunkelt;
Wie wenn die eben aufgegangne Sonne
Durch nebelhafte Luft des Horizonts,
Beraubt der hellen Strahlen, schimmert, oder
In düsterer Verdunklung hinterm Mond
Ein Zwielicht wirft auf unsrer Erde Hälfte,
Mit Furcht vor Wechsel Könige bedrohend:
Also verdunkelt, doch vor Allen strahlend
Stand Satan, auf der Stirne zwar die Narben
Des Donners, und auf seiner welken Wange
Das Mal des Kummers, aber wilder Mut
Und Stolz lag in den Augenbrauen, die
Auf Rache harrten; grimmig blickt das Auge,
Doch reuig auch und schmerzlich, wenn es jetzt
Die Mitgenossen seiner Schuld erblickt
– Wie anders waren sie im Heil zu schaun –
Verdammt zu gleichem, ewigen Los der Pein;
Millionen Geister, die durch seine Schuld
Vom Himmel ausgestoßen, und dem ew'gen Licht
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