Schwer behinderte Unfallopfer berichten sogar darüber, dass sich trotz dauerhafter Folgen ihres Unfalls nach ca. einem halben Jahr wieder ein ähnliches Glücksempfinden einstellt, wie vor dem Unfall.
„Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus“
M. v. Ebner-Eschenbach
Vielleicht können Sie diese einleitenden Gedanken nachvollziehen, und doch erleben wir im täglichen Verhalten vieler Zeitgenossen genau das Gegenteil.
Ist nicht der Konsum heute zu unserer wahren Religion geworden?
Shoppen führt tatsächlich zu einem kurzzeitigen Hochgefühl. Etwas erwerben, anschaffen, neue Technik bestellen, befriedigt in der Tat viele Zeitgenossen. Der Besitz, als Folge des Erwerbs, wird dagegen relativ schnell zu einer Normalität. „Jeder Wunsch, wenn er erfüllt, kriegt augenblicklich Junge“, wusste schon Wilhelm Busch.
Wenn wir schon beim Shopping sind: Wussten Sie eigentlich, dass viel Auswahl, und nicht nur bei der Programmvielfalt des TV, unglücklich macht? Wissenschaftler haben es nachgewiesen. Aber trösten Sie sich, die Vorfreude auf einen schönen Fernsehabend macht die meisten richtig glücklich. Das ist doch schon was, oder nicht? Ich denke, Sie bleiben auch während des romantischen Filmes glücklich, wenn Sie Ihre Liebste oder Ihren Liebsten auf dem Sofa neben sich fühlen. Dann greift das Glück in Form der Liebe und der Zuwendung ein! ☺ Das Streben nach Liebe und Zuwendung, nach persönlicher Wertschätzung ist in uns allen angelegt. Die Zunahme der Single-Haushalte in den Großstädten sollte nicht dagegensprechen.
Und dann gibt es die andere Seite des Glücks. Es ist das Glück, das mit „glücken“, mit gelingen, zu tun hat und mit dem Sinn unseres Lebens.
Es ist das Glück das mehr ist, als profane Lustbefriedigung.
Wir alle kennen die Geschichte: Das Glück gleicht einem Schmetterling. Wenn wir ihn nachjagen, entwischt er uns. Ich sitze also da und genieße die Stille der Natur und der Schmetterling setzt sich sogar auf meinen Handrücken.
Halten wir nochmals kurz fest: Wir sind gut beraten, wenn wir kurze Momente des Glücks hinterfragen, ob da nicht nur eine Befriedung unserer vordergründigen Lust oder gar die Vermeidung von Frust eine Rolle gespielt hat. Wir sollten Glück nicht mit Lusterfüllung verwechseln. Lust verschafft uns lediglich die Befriedigung unserer Bedürfnisse. Natürlich, wir empfinden es durchaus als glücklichen Moment, wenn wir an einem heißen Tag voller Durst endlich ein frisches Wasser zu uns nehmen können. Wir sind glücklich, endlich in unser warmes Bett zu schlüpfen, wenn die Müdigkeit über uns fällt. In beiden Fällen erleben wir aber nur den Ausgleich eines Mangels.
Welchen Mangel vertreiben Sie, wenn Sie den Eindruck verspüren, heute macht mich nur noch eine Shoppingtour so richtig glücklich?
Dann wäre auch noch eine andere Variante der Lust zu nennen. Es ist die Variante des Nervenkitzels, die Wirkung unserer Hormone auf unsere Emotion. Sehnsucht, Verlangen und die anschließende Befriedigung motivieren uns alle zum Handeln. Taktgeber ist das neuronale Belohnungssystem im Gehirn. Die Signale richten sich an unser limbisches System. Ein wichtiger Mitspieler in diesem Konstrukt ist das Dopamin. Es generiert unser Verlangen und ist damit ein kraftvoller Motivator.
Ich war lange Jahre selbst leidenschaftlicher Motorradfahrer und erinnere mich noch sehr gut daran, welchen Kick mir die Geschwindigkeit gab und welches Glücksgefühl in mir wachgerufen wurde, wenn ich eine kurvenreiche Strecke mit schöner Schräglage hinter mich gebracht hatte. Pure Lustbefriedigung! Ich fühlte mich wunderbar frei! Es hatte sich aber nur mein Belohnungssystem in Form der Droge Dopamin in meiner Großhirnrinde zu Wort gemeldet.
Ich möchte Sie einladen, diesen Begriff der Freiheit individuell und höchst persönlich zu hinterfragen und auch daran erinnern, dass wir im Kontext der globalen Freiheit auch das Bedürfnisses nach Sicherheit gerne berühren möchten. Manche Menschen fühlen sich nur glücklich in einer sicheren Umgebung.
Wenn wir zur Vermeidung unserer Langeweile das Glück suchen, aber nur den Weg der Lustbefriedigung gehen, werden wir keine dauerhafte Erfüllung finden können.
Wer möchte nicht gerne sein Glück einfangen und dauerhaft festhalten?
Streben wir im tiefsten unseres Herzens nicht nach dem echten Lebensglück, als eigentliches Ziel unseres Daseins? Ich denke schon, dass unser wahres Glück nur in uns selbst eine Erfüllung finden kann. Manche Dinge, die wir scheinbar für unser Glück benötigen, sind nur Mittel zum Zweck. Denken Sie dabei nur an die tieferliegenden Motive für das Streben nach Geld, Macht und Besitz.
Es ist hilfreich sich zu fragen: Warum will ich das, was ich möchte?
Im Rahmen meiner Führungsseminare hatte ich den Teilnehmern eine Aufgabe gestellt: Wer sollte die letzten Worte über mich sprechen? Welche Eigenschaften sollten im Falle des eigenen Ablebens gewürdigt werden?
Diese einfachen Fragen können uns helfen, zu erkennen, was uns wirklich wichtig ist. Hinter dieser verborgenen Wand dürften Sie auch Ihr persönliches Lebensziel und damit Ihre tiefe Sehnsucht nach wahrem Lebensglück entdecken. Wir sollten Klarheit darüber haben, dass wir auch über den Tod hinaus wertgeschätzt werden möchten. Oder ist es Ihnen egal, was nach Ihrem Tod in den Erinnerungen Ihrer Wegbegleiter übrigbleibt? Auch wenn Epikur meinte, der Tod gehe uns nichts an, da wir, sobald er eintritt, nicht mehr da sind. Gleichsam suchen wir doch unser Glück in der Unerschütterlichkeit unserer Seele, und das sogar über den Tod hinaus.
Damit stehen wir – wie ich meine – vor einer entscheidenden Feststellung. Während die Pessimisten behaupten, Glück wäre nichts anderes als die Abwesenheit von Schmerz, möchte ich sagen, dass wahres Glück mit meinem ganzheitlich gelungenen Leben zu tun hat. Es ist der Flow, wenn ich ganz in meiner geliebten Arbeit aufgehe und dabei gar nicht bemerke, wie die Zeit vergeht. Besonders zufrieden mit unserem Leben sind wir dann, wenn wir unsere Talente leben.
Wir empfinden eine tiefe Zufriedenheit mit uns selbst, wenn wir den Sinn in unserem Tun, in unserem Dasein gefunden haben.
Liegt nun ein geglücktes Leben nur in unserer eigenen Hand? Gehören nicht die seelischen Ränder des Schmerzes und der Trauer auch zum Leben, obwohl wir sie ja nicht willkommen heißen?
Eines dürfte sich klar abzeichnen. Wir streben nach Harmonie in unseren Beziehungen, wir streben danach, unsere Persönlichkeit zu entwickeln und wir möchten in unserem Leben etwas bewirken. An unseren Kindern können wir sehr gut erkennen, wie früh sie nach ihrer Selbstwirksamkeit streben. Sie möchten erleben was passiert, wenn sie gerade diesen Knopf drücken oder jenen Hebel kraftvoll bewegen.
Und was ist Ihnen wirklich wichtig? Was möchten Sie in Ihrem Leben bewirken? Was sollen Menschen nach Ihrem Tod über Sie sprechen? Was genau steckt hinter Ihren vordergründig sichtbaren Motiven? Fragen Sie, wie es unsere Kinder gerne tun: Fragen Sie nach dem Warum?
Suchen Sie Ihre ganz persönlichen Nährstoffe. Wandern Sie nicht in den Fußstapfen anderer. Sehen Sie genau hin, erspüren Sie es: Welcher Weg ist meiner.
Nun möchte ich Ihnen noch einige Gedanken schenken, welche Nährstoffe für Ihre persönliche Entfaltung beitragen können:
Folge der Spielregel von Ursache und Wirkung. Nur was Du säst, kannst Du ernten.
Die Natur kennt keinen Stillstand. Achte auf Dein Wachstum. Entfaltung wirst Du auch als Zunahme von Freiheit erleben.
Nutze die Kraft des Unbewussten. So werden Zufälle zu Glücksmomenten.
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