Nur Mut! Sollten Sie liebe Leser in Ihrem Beruf über Personalverantwortung verfügen, probieren Sie es aus!
Mein drittes Beispiel hat auch mit mir und meiner langjährigen Leitungsverantwortung zu tun.
Wir hatten unser Kundencenter neu möbliert und diese Abteilung auch personell neu strukturiert. Der neue Bereichsleiter wirkte anfangs sehr engagiert, aber er schien mir auch sehr streng, um nicht zu sagen mitunter rücksichtslos, als ich erfahren musste, wie er mit einzelnen Mitarbeitern umging. Auf eine nicht mehr ganz so junge Mitarbeiterin hatte er es offenbar besonders abgesehen.
Diese Dame – nennen wir sie hier Frau A. - war nicht nur bei unseren Kunden wegen Ihrer besonders zugewandten Art äußerst beliebt und anerkannt, auch ihr Fleiß war besonders ausgeprägt. Andererseits tat sie sich etwas schwerer mit den technischen Veränderungen, die mit der Einführung unserer neuen Struktur notwendig wurden. Ich erfuhr zufällig von dem Spannungsfeld zwischen der neuen Bereichsleitung und der von mir sehr geschätzten Mitarbeiterin. Ich hatte damals wenig Zeit und suchte das Gespräch an ihrem Arbeitsplatz. Ich wollte wenig Zeit für das Gespräch investieren und sie gleichzeitig mit einer Anerkennung bestätigen, ihr einfach Mut zusprechen.
Aus der Erinnerung klangen meine Sätze etwa so: „Sind Sie zufrieden? Macht Ihnen Ihre neue Aufgabe Freude? Kommen Sie gut zurecht? Liebe Frau A., unsere Kunden sind mit Ihnen sehr zufrieden und ich auch. Sollten einmal Fehler passieren? Fehler machen wir doch alle einmal.“ Ende meines Erinnerungszitats.
Für mich kam die Überraschung einige Tage später, als meine Sekretärin mich fragte, was ich denn mit Frau A. angestellt hätte. Sie fühle sich schlecht, weil ich Kritik ausgesprochen hätte; sie leide sehr darunter, weil sie nicht wüsste, was sie denn wirklich falsch gemacht hätte. Nun lag es an mir, möglichst rasch mit Frau A. ein klärendes Gespräch zu suchen, war meine Absicht doch eine ganz andere: Ich wollte ihr zeigen, dass ich zu ihr stehe, auch wenn ihr unmittelbarer Vorgesetzte, das möglicherweise anders sah. Mein Problem schien eher der neue Bereichsleiter zu sein. Ich war dankbar, dass mir meine Sekretärin durch ihren Hinweis die Möglichkeit eröffnete, meine Botschaft klarer zu fassen und auch Frau A. war wieder zufrieden. Der Bereichsleiter selbst blieb nicht lange bei uns. Er spürte wohl selbst am besten, dass er mit seiner Art Menschen zu führen bei uns nicht zurechtkam.
Ich persönlich habe aus dem Ereignis viel gelernt: Ich hatte mir danach angewöhnt, nach jedem Gesprächsabschluss nachzufragen, wie das Gespräch vom Gesprächspartner wahrgenommen wurde und dass ich es möglichst vermeiden sollte, „ zwischen Tür und Angel “ Mitarbeitergespräche zu führen. Ich hatte unterschätzt, dass die Wahrnehmung einzelner Gesprächsinhalte von der räumlichen Umgebung und von der jeweiligen Rolle des Gesprächspartners beeinflusst wird. Die Mitarbeiterin hatte doch tatsächlich die Anerkennung nur als höfliche Vorstufe zur eigentlichen Kritik wahrgenommen.
Also bleiben Sie achtsam, wenn Sie es gewohnt sind, vor einer Kritik Lob auszusprechen. Nicht immer wird das Lob gehört. Auch hier spielten Glaubenssätze eine wesentliche Rolle.
Es gibt nie den einzigen Weg zum Ziel, zum persönlichen Ziel und zu den beruflichen Erfolgen; prüfen Sie, ob der Weg, den Sie derzeit gehen, wirklich der beste und der für alle Beteiligten fruchtbarste Weg ist, oder ob er sich möglicherweise nur aus alten Glaubenssätzen speist.
Überprüfen Sie stets Ihre Wahrnehmung mit der von anderen Zeitgenossen empfundenen Realität. Was ist wirklich richtig? Was ist wirklich falsch? Hören Sie aufmerksam zu! Fragen Sie nach! Suchen Sie während des Gesprächsabschlusses nochmals nach möglichen Missverständnissen!
Wie sagte es doch der große Philosoph Sokrates: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“
Glück als Nährstoff unseres Lebens
„Ich muss wohl zwei oder drei Raupen aushalten, wenn ich die Schmetterlinge kennenlernen will.“ …sagte die Blume
aus der Kleine Prinz
(Antoine de Saint-Exupery)
Sokrates, der Urvater der abendländischen Philosophie, hatte es bereits vor fast 2.500 Jahren erkannt. Wir kommen nicht an uns selbst vorbei, wenn wir nach dem Glück suchen. Ist daher Glück tatsächlich nur der Moment tiefster Übereinstimmung mit mir selbst? Die Antwort darauf wirft viele Fragen auf. In diesem Abschnitt nähern wir uns einigen Antworten. Ich denke sie werden danach nachdenklicher sein können und Ihre ganz persönliche Glückserwartung differenzierter betrachten.
Wenn ich mich in einem späteren Kapitel mit der Zeit und unseren Zielen auseinandersetze, so kommen wir auch dort an den Fragen zum Glück nicht vorbei. Mihaly Csikszentmihalyi hat in seinem Bestseller „Das Geheimnis des Glücks“ viel zu diesem Thema veröffentlicht.
„ Glück “ taucht zusammen mit vielen anderen Begriffen auf. Hier eine kleine und unvollständige Auswahl: Lust, Bewusstsein, Gerechtigkeit, Gleichheit, Zufriedenheit, Strebsamkeit, Gelingen, Leid, Schmerz u.v.a.
Wie reagieren Sie persönlich auf die direkte Frage: Was macht Sie glücklich?
Wahrscheinlich werden Sie antworten wie viele unserer Zeitgenossen: Gesundheit, Familie, Liebe, Freundschaften, Arbeit, Wohlstand, Freiheit, Glaube. Viele Antworten betreffen direkt oder indirekt unsere menschlichen Beziehungen und am Anfang steht unsere Gesundheit. Auch die Gesundheit unserer Liebsten.
Es klingt uns immer wieder in den Ohren: „Ohne Gesundheit für mich und meine Liebsten ist alles Nichts.“ Dann aber kommt schon der herausragende Einfluss unserer sozialen Beziehungen auf unser Glücksempfinden.
Viele Menschen sind davon überzeugt, dass zu ihrem persönlichen Glück die gefühlte Freiheit mehr beiträgt als es ein ansehnlicher Wohlstand. Dass unser Glück nicht vom Wohlstand, also nicht vom verfügbaren Vermögen abhängt, haben Sozialwissenschaftler schon in vielen Studien belegt. Geld macht nur bis zu einer bestimmten Summe glücklich. Dabei ist das relative Einkommen wichtiger, als das absolute. Die Einschätzung, ob wir mit unserem Vermögen oder Einkommen glücklich sein können, hängt dagegen von einer Vergleichsgruppe ab mit der wir uns gerne auseinandersetzen. Wir messen uns eben nicht mit den Reichsten dieser Welt, zumindest wenn wir nicht dazu gehören.
Suchen Sie sich also eine Vergleichsgruppe aus, die deutlich weniger verdient als sie selbst und ihr Glücksgefühl wird – zumindest für kurze Zeit – zunehmen.
Tatsächlich neigen die allermeisten Menschen dazu, sich zu vergleichen. Der Kranke fühlt sich ein wenig besser, wenn er in der Klinik auf Menschen trifft, die es noch schwerer haben. Dagegen wird der „kleine“ Millionär leicht depressiv, wenn er seine eigene Wertschätzung von den Superreichen dieser Welt abhängig macht.
Das zunächst großartige Glücksgefühl von Lotto-Millionären sinkt übrigens bereits nach schlappen sechs Monaten. Das Gleiche gilt auch für die Freude über eine Lohnerhöhung. Dieses Glücksgefühl vergeht rasch und ziemlich sicher, spätestens ebenfalls nach 6 Monaten.
Manchmal dürfte der Wunsch nach einer Lohnerhöhung auch nur ein Ausgleich für miese Arbeitsbedingungen sein. Ich würde die Gehaltserhöhung dann lieber Schmerzensgeld nennen.
Ich arbeitete viele Jahre ehrenamtlich in der Behindertenhilfe und konnte feststellen, dass der Grad einer körperlichen Einschränkung offenbar keinerlei Einfluss auf das individuelle Glücksempfinden hatte. Ich sah keine Abweichungen zu den gelegentlichen Stimmungsschwankungen, wie wir sie alle von uns selbst kennen dürften.
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