Norman Dark
Im Schatten der Hexe
Witchcraft
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Inhaltsverzeichnis
Titel Norman Dark Im Schatten der Hexe Witchcraft Dieses ebook wurde erstellt bei
PROLOG PROLOG Das Verlies war dunkel und feucht. Ein Ort, an dem man jegliches Gefühl für Raum und Zeit verlor. Es war unmöglich festzustellen, ob es Nacht oder Tag war. Die gemarterte Frau konnte nur noch ein Wimmern von sich geben. Zum Schreien hatte sie weder Kraft noch Stimme. Außerdem wusste sie, dass sie ohnehin nicht erhört werden würde. Ängstlich lauschte sie nach jedem Geräusch, denn Schritte und das Öffnen der Tür bedeuteten noch mehr Pein und keine Hilfe. Kam da jemand? Nein, das waren nur die Ratten, die mit trippelnden Schritten umherliefen, gierig darauf bedacht, bei jeder erneuten Ohnmacht mit ihren kleinen spitzen Zähnen Fleisch aus den Wunden zu reißen. Durst, dachte sie, ich habe solchen Durst. Man gab ihr nichts zu trinken und zu essen, höchstens schimmliges Brot und fauliges Wasser. Beides verschlimmerte ihren Zustand, denn es verursachte Rumoren in den Därmen und dass sie sich noch mehr beschmutzte. Unter Qualen versuchte sie, den Kopf zu drehen, um etwas Wasser von den rauen Steinen zu lecken. Es gelang ihr schließlich, aber sie hatte nicht bedacht, dass ihre Zunge nur noch ein rohes Stück Fleisch war, das bei jeder Berührung schmerzte. Ihr ganzer Körper war eine einzige offene Wunde. Sie konnte ihre Arme nicht mehr bewegen und nicht mehr laufen. Man musste sie halb tragen, halb schleifen, wobei Arme und Beine wie nutzlos gewordene Anhängsel an ihr hingen. Aber beinahe schlimmer als die körperliche Qual war die seelische. Warum tut man mir das an? Warum sind alle so abgrundtief böse und grausam zu mir? fragte sie sich immer wieder in den Momenten, in denen sie bei Bewusstsein war. Ich habe doch niemandem etwas angetan. Man hat Rat und Hilfe bei mir gesucht, und ich habe geholfen, wo ich konnte. Und das soll jetzt der Dank sein? Wenn sie an ihr Kind dachte, fuhr es ihr wie ein glühender Stachel ins Hirn. Mein armer, kleiner Junge. Wenn sie ihn doch wenigstens verschonen würden. Er hat doch noch gar nicht richtig gelebt und hat noch alles vor sich. Aber eine immer wiederkehrende Stimme in ihrem Innern sagte, dass sie auch an ihm ihre grenzenlose Wut und ihren Hass auslassen würden. Morgen ist alles vorbei. Morgen lässt man mich endlich sterben – mein einziger Trost. Nur denkt nicht, dass ihr schadlos davonkommen werdet. Ich kann meine Kräfte auch zum Negativen wenden. Bevor ihr mich am Hals aufhängt, werde ich euch und eure Nachkommen verfluchen. Ihr glaubt, dass ihr euer schändliches Werk vollendet habt, wenn ich im Feuer brenne, aber ihr und euresgleichen werdet keine Ruhe finden, niemals mehr. Dieser Gedanke gab ihr für einen Moment Kraft, bis sie wieder eine gnädige Ohnmacht erlöste.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
EPILOG
Impressum neobooks
Das Verlies war dunkel und feucht. Ein Ort, an dem man jegliches Gefühl für Raum und Zeit verlor. Es war unmöglich festzustellen, ob es Nacht oder Tag war.
Die gemarterte Frau konnte nur noch ein Wimmern von sich geben. Zum Schreien hatte sie weder Kraft noch Stimme. Außerdem wusste sie, dass sie ohnehin nicht erhört werden würde. Ängstlich lauschte sie nach jedem Geräusch, denn Schritte und das Öffnen der Tür bedeuteten noch mehr Pein und keine Hilfe. Kam da jemand? Nein, das waren nur die Ratten, die mit trippelnden Schritten umherliefen, gierig darauf bedacht, bei jeder erneuten Ohnmacht mit ihren kleinen spitzen Zähnen Fleisch aus den Wunden zu reißen.
Durst, dachte sie, ich habe solchen Durst. Man gab ihr nichts zu trinken und zu essen, höchstens schimmliges Brot und fauliges Wasser. Beides verschlimmerte ihren Zustand, denn es verursachte Rumoren in den Därmen und dass sie sich noch mehr beschmutzte.
Unter Qualen versuchte sie, den Kopf zu drehen, um etwas Wasser von den rauen Steinen zu lecken. Es gelang ihr schließlich, aber sie hatte nicht bedacht, dass ihre Zunge nur noch ein rohes Stück Fleisch war, das bei jeder Berührung schmerzte.
Ihr ganzer Körper war eine einzige offene Wunde. Sie konnte ihre Arme nicht mehr bewegen und nicht mehr laufen. Man musste sie halb tragen, halb schleifen, wobei Arme und Beine wie nutzlos gewordene Anhängsel an ihr hingen.
Aber beinahe schlimmer als die körperliche Qual war die seelische. Warum tut man mir das an? Warum sind alle so abgrundtief böse und grausam zu mir? fragte sie sich immer wieder in den Momenten, in denen sie bei Bewusstsein war. Ich habe doch niemandem etwas angetan. Man hat Rat und Hilfe bei mir gesucht, und ich habe geholfen, wo ich konnte. Und das soll jetzt der Dank sein?
Wenn sie an ihr Kind dachte, fuhr es ihr wie ein glühender Stachel ins Hirn. Mein armer, kleiner Junge. Wenn sie ihn doch wenigstens verschonen würden. Er hat doch noch gar nicht richtig gelebt und hat noch alles vor sich. Aber eine immer wiederkehrende Stimme in ihrem Innern sagte, dass sie auch an ihm ihre grenzenlose Wut und ihren Hass auslassen würden.
Morgen ist alles vorbei. Morgen lässt man mich endlich sterben – mein einziger Trost. Nur denkt nicht, dass ihr schadlos davonkommen werdet. Ich kann meine Kräfte auch zum Negativen wenden. Bevor ihr mich am Hals aufhängt, werde ich euch und eure Nachkommen verfluchen. Ihr glaubt, dass ihr euer schändliches Werk vollendet habt, wenn ich im Feuer brenne, aber ihr und euresgleichen werdet keine Ruhe finden, niemals mehr. Dieser Gedanke gab ihr für einen Moment Kraft, bis sie wieder eine gnädige Ohnmacht erlöste.
Janet Cameron saß am Bett ihres achtjährigen Sohnes Mitchel und las ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vor. Dabei fiel ihr Blick auf die bandagierten Arme des Kleinen. Oben, am Ende der Bandage, schaute jeweils eine rötlich entzündete Stelle ohne Schorf heraus.
»Ach, Mitch, du hast wieder gekratzt«, sagte Janet liebevoll tadelnd.
»Wenn es doch so juckt … Warum muss gerade ich diese blöde Krankheit haben?«
»Schatz, das haben wir doch schon so oft besprochen. In der heutigen Zeit, wo die Menschen verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, reagieren manche allergisch. Es gibt leider viele Kinder, außer dir, die an Neurodermitis leiden. Die Ursachen sind noch nicht restlos erforscht.«
»Das ist auch kein Trost für mich.«
»Komm, wir tun noch etwas Salbe drauf, und dann hört das Jucken bald auf.«
»Die hilft überhaupt nicht. Der Doktor hier hat eben keine Ahnung.«
»Jetzt sei nicht ungerecht. Er gibt sich viel Mühe und hat es gut gemeint, aber wenn du glaubst, dass die alte Salbe, die du vorher bekommen hast, besser war, werde ich ihn bitten, die wieder zu verschreiben.«
»Ja, die Frau Doktor in Dumfries hat mir viel besser gefallen. Um nach Kinross zu kommen, müssen wir auch das Auto nehmen, da können wir gleich weiter bis nach Dumfries fahren.«
Janet schüttelte lächelnd den Kopf. »Mein lieber Schatz, bis nach Dumfries sind es über einhundertsechzig Kilometer. Hin und zurück wären wir den halben Tag unterwegs. Aber wir können versuchen, in Edinburgh einen anderen Arzt zu finden, vielleicht sogar eine Frau Doktor. Bis dahin ist es wenigstens nur eine knappe Stunde.«
»Hm«, machte Mitchel, was Janet als Zustimmung deutete.
Später, als Mitch eingeschlafen war, saß sie mit einem Glas Wein vor dem Kamin, und ohne dass sie es merkte, liefen ihr die Tränen herunter. Sie wusste nur zu genau, wann es mit Mitchs Krankheit begonnen hatte. Kurz nach Alecs Tod. Der Kummer über den Verlust seines geliebten Daddys hatte sich wie ein Klumpen im Körper des Jungen verdichtet und brach sich jetzt über die Haut bahn, dem empfindlichsten Organ, den manche auch den Spiegel der Seele nannten. So oder ähnlich hatte es die Hautärztin ausgedrückt. Aber das wusste Janet alles selber. Was sollte sie denn machen? Sie hatte ja noch immer nicht restlos den Schock über Alecs plötzlichen Tod überwunden. Ein Mann in den besten Jahren, der zuvor nie ernsthaft krank gewesen war.
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