„Wie bitte?“ Jade reißt perplex die Augen auf.
„Ich falle gerade mit der Tür ins Haus, das ist mir schon klar.“ Er greift sich etwas verlegen an den Kopf. „Aber ich dachte, ich versuch`s mal so rum, da ja meine bisherigen Versuche alle fehlgeschlagen sind.“
„Ich...äh...“ Sie räuspert sich kurz. „Also Jeff, ich denke, dass.....ich nicht zu dir passe.“
Seine Lippen verziehen sich zu einem breiten Grinsen. „Wow. So rum hab ich das noch nie zu hören bekommen.“ Er nimmt ihre Hand in seine. „Du bist echt süß,“ meint er. „Warum denkst du, dass wir nicht zusammen passen?“
„Ich weiß nicht,“ meint sie etwas hilflos. „Das ist ein Gefühl, Jeff!“
„Willst du mir nicht wenigstens eine klitzekleine Chance einräumen?“
„Ich halte das für keine so gute Idee.“
Jetzt grinst er frech. „Keine Antwort ist endgültig, Jade. Und ich werde nicht aufgeben. Du willst mich! Du weißt es nur noch nicht.“
Klasse! Ihr Blick schweift hilfesuchend zu Lillian, die gerade fröhlich auflacht.
„Möchtest du noch etwas trinken,“ fragt Jeff und weist auf ihr leeres Glas.
„Ja,“ sagt sie und steht auf. „Aber jetzt bin ich dran mit bezahlen.“
Er will protestieren, doch sie schüttelt entschlossen den Kopf.
„Keine Widerrede,“ sagt sie bestimmt.
Er hält beide Hände hoch. „Bitte nicht schiessen! Ich ergebe mich. Aber nur unter Protest.“
Sie lächelt und steht auf. Wenig später läuft sie vorsichtig mit zwei bis zum Rand gefüllten Gläsern zwischen den eng beieinander stehenden Tischen hindurch.
Sie hat schon über die Hälfte des Weges hinter sich, da rammt einer der Umstehenden ihr den Ellenbogen in die Seite. Eine beträchtliche Menge Cola schwappt über den Rand des Glases und direkt auf ein blütenweißes Hemd. Sie japst erschrocken nach Luft und hebt besorgt den Kopf.
„Oh, tut mir...“ Die restlichen Worte bleiben ihr im Hals stecken.
Sie blickt direkt in ein grünes Augenpaar, das sie intensiv mustert. Die Welt um sie herum verschwimmt. Der eben noch so lautstarke Geräuschpegel tritt in den Hintergrund und wird seltsam dumpf. Wie unter Wasser. Sie weicht zurück und betrachtet ihr Gegenüber jetzt genauer.
Vor ihr steht ein Mann, um die Mitte zwanzig. Sein Gesicht ist markant und weich zugleich. Eine seltsame Mischung.
„Hart und sensibel,“ schießt es ihr durch den Kopf.
Er hat schwarzes, kurzes Haar, das vorne etwas länger ist und ihm in die Stirn fällt. Seine vollen Lippen verziehen sich zu einem unwiderstehlichen Lächeln.
Jade`s Herz macht einen Sprung und sie kann nicht umhin zurück zu lächeln. Doch auf einmal wird sie sich der Situation gewahr. Schnell räuspert sie sich. Die Geräusche um sie herum werden wieder laut. Es ist als würde sie aus einem Traum erwachen.
„Es tut mir so leid,“ sagt sie jetzt mit etwas kratziger Stimme. „Dein Hemd....“
„Es war nicht deine Schuld,“ fällt er ihr mit tiefer Stimme ins Wort. Seine grünen Augen mustern sie aufmerksam. „Darf ich?“ Er nimmt ihr beide Gläser ab und stellt sie achtlos auf einem Tisch ab. „Ich bin Damon. Damon Lacroix.“ Er streckt ihr die Hand entgegen, die sie sofort ergreift.
„Ich bin Jade.“
Plötzlich überfällt sie ein seltsames Gefühl. Sie vernimmt Stimmen...aus einer anderen Zeit. Ihre Wangen erhitzen sich. Sie brennen. Ihr schwindelt.
„Was geschieht mit mir?“
Sie fasst sich stöhnend an den Kopf. Ihre Stirn ist ganz feucht. Damon kommt ihr entgegen und stützt sie, indem er sie bei den Schultern packt.
„Bist du okay?“ Er mustert sie prüfend. Seine Augen leuchten wie Smaragde. Oder bildet sie sich das nur ein?
Sie streicht sich mit zitternder Hand die Haare aus dem Gesicht.
„Ja. Ja, ich bin okay, ich....“
Lillian kommt ihnen lächelnd entgegen. Sie will unbedingt wissen mit wem Jade da spricht. Der mysteriöse Fremde sieht sehr gut aus. Doch als sie das blasse Gesicht ihrer Freundin erblickt, vergisst sie alle Neugier.
„Jade, geht es dir nicht gut? Mein Gott, du bist ja leichenblass. Komm setz dich.“
Jade lässt sich auf einen Stuhl sinken. In ihrem Inneren wütet ein Chaos, das keinen Namen hat. Was passiert da nur?
„Du,“ sagt Lil zu dem Fremden. „Hol ihr bitte ein Glas Wasser.“
Damon nickt und ist dann auch schon verschwunden.
„Geht es ihr nicht gut?“ fragt Jeff, der plötzlich neben ihnen auftaucht.
„Sieht sie etwa aus als würde es ihr gut gehen?“ meint sie schnippisch. Sie fächert sich mit der Hand Luft zu. „Es ist ja auch total stickig hier drin. Kann denn einer mal ein Fenster öffnen?“
„Hier.“ Damon steht plötzlich vor ihr und hält ihr ein Glas Wasser entgegen, woraufhin sie ihn verblüfft ansieht.
„Das ging ja schnell.“
„Ich bin eben schnell.“ Er lächelt geheimnisvoll.
„Du musst ja durch den Raum geflogen sein,“ meint sie, noch immer verwirrt.
„Du solltest ihr zu trinken geben.“ Er zeigt auf Jade, die noch immer wie ein Tropfen Wasser auf ihrem Stuhl hängt.
„Ja. Natürlich.“ Lillian beugt sich zu ihrer Freundin herunter. „Hier Süße. Trink das. Dann wird es dir gleich wieder besser gehen.“
Jade nimmt einen kräftigen Schluck und tatsächlich geht es ihr kurz darauf wieder etwas besser. Die heiße Stirn kühlt sich binnen Sekunden ab und auch sonst werden ihre Sinne wieder klar. Der Schwindel ist wie weggeblasen.
„Oh Mann,“ stöhnt sie. „Was war das nur?“ Sie will sich aufzusetzen.
„Vorsicht,“ sagt Jeff und stützt sie.
„Dir ist ganz einfach schwindelig geworden. Und das ist ja auch kein Wunder in diesem sauerstoffarmen Raum,“ ruft Lil jetzt laut in Richtung Theke, so dass eine Angestellte schnell zum nächstbesten Fenster läuft, um es zu öffnen. „Geht es wieder?“
Jade nickt. „Ja, ich bin okay. Ich glaube nur, ich geh jetzt lieber nach Hause.“ Jade macht Anstalten aufzustehen.
„Ist gut, ich hole nur schnell meine Jacke und...“
„Hey, das kann ich doch machen,“ fällt Jeff Lillian ins Wort. „Ich fahre sie gerne nach Hause.“
„Äh...“ Lillian schaut fragend zu Jade, die lächelnd nickt.
„Jeff hat recht. Mach dir keine Sorgen, ich bin wirklich okay.“
„Bist du sicher?“ Das blonde Mädchen zieht beide Augenbrauen fragend hoch.
„Natürlich.“
„Ich hole nur schnell deine Jacke, Jade.“ Jeff entfernt sich.
„Mann. Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt,“ seufzt Lil jetzt theatralisch. „Als ich dich gesehen habe, wie du am Arm dieses fremden Typen hingst, dachte ich zuerst, er hat dir K.O.-Tropfen verabreicht und will dich jetzt kidnappen,“ plappert sie wild drauf los.
Jade lächelt matt. „Du hast vielleicht Fantasien.“
„Das sind keine Fantasien, meine Liebe. Davor muss man sich immer in acht nehmen.“ Lillian schaut sich suchend um. „Nanu. Wo ist denn eigentlich unser Mister Unbekannt hin?“
Jade sucht ihre Umgebung mit den Augen ab, kann Damon aber nirgends finden. „Ich weiß nicht.“
„Na so was. Und das, ohne sich vorher zu verabschieden. Nicht gerade freundlich,“ meint sie und verzieht den Mund zu einer Schnute. „Aber dafür umso attraktiver.“ Jetzt lächelt sie begeistert. „Mann, Jade! Der Typ war einfach der helle Wahnsinn, findest du nicht? Der hätte locker als Unterwäschemodel für Calvin Klein posieren können. Diese Augen, dieser Mund und sein Wahnsinnskörper,“ schmachtet sie. „Wie schaffst du es eigentlich immer wieder in solche Leute einfach reinzurennen?“
„Also, ich...,“ setzt Jade zum Reden an, doch da taucht Jeff schon wieder auf.
„Okay. Es kann los gehen.“ Er ist Jade beim Aufstehen behilflich. Ihre Beine fühlen sich noch ein wenig an wie Gummi.
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