Bis zu welchem Punkt kann man deeskalieren?
Wenn jemand überhaupt nicht einlenkt, ist es erst mal wichtig, dass man in irgendeiner Form eine Zäsur einbringt. Man kann sagen „Ich habe den Eindruck, im Moment kommen wir hier nicht weiter. Vielleicht sollten wir beide noch mal drüber schlafen“ oder „Gleich kommt der Manager, ich möchte das mit ihm besprechen“. Man sollte auf Zeit spielen – dann kann sich der Gast beruhigen, wenn er sieht, Sie kümmern sich. Und möglicherweise hat man anschließend einen neuen Ansatz, vielleicht auch mit einer weiteren Person an seiner Seite. Es muss aber auch möglich sein, dass der Kunde unzufrieden geht. Es gibt eben bestimmte Kunden, die will man gar nicht haben, die sind einfach geschäftsschädigend: weil sie andere Gäste abhalten, in mein Haus zu kommen. Als Hotelmanager würde ich mit denen unter vier Augen reden und ihnen ganz klar machen, dass ihre Anwesenheit hier so nicht mehr erwünscht ist. Manchmal reagieren Menschen auch erst, wenn sie diesen vertrauten rustikalen Ton hören. Aber das sollte eher eine Ausnahmestrategie bleiben.
Wie fotografiert man Gästezimmer professionell?
Florian Busch aus Hamburg hat sich auf professionelle Hotelfotografie spezialisiert. Wir wollten von ihm wissen, welche Fehler Amateure am häufigsten machen, wenn sie ihre Domizile in Szene setzen.
Herr Busch, warum sollte man Hotelfotografie überhaupt professionell angehen und seine Bilder nicht selbst knipsen?
Naja, Fotos sind immerhin das Erste, was man von einem Hotel sieht – und sie sind oft buchungsentscheidend. Die Fotos müssen sofort emotional ansprechen und außerdem wichtige Informationen vermitteln: Man soll ja gleich einen Eindruck davon bekommen, wie das Haus tatsächlich aussieht.
Wie können denn Fotos Emotionen vermitteln?
Zum Beispiel durch Licht und Stimmung und Bildaufbau. Dadurch, dass ich vielleicht im Vordergrund etwas anschneide und trotzdem den Raum zeige.
Und Informationen?
Indem ich einen Eindruck bekomme, wie das Zimmer aufgebaut ist. Wichtig ist, dass ich mir aufgrund des Bildes vorstellen kann, wie das gesamte Zimmer aussieht. Als zusätzliches Foto kann man dann auch Details zeigen.
In der Realität sieht es ja oft anders aus: Was sind denn die häufigsten Fehler von Amateurfotografen?
Zum Beispiel, dass die Räume dunkel aussehen und kein wirklicher Raumeindruck entsteht.
Was kann denn ein Hotelfotograf besser als Amateure?
Am Ende muss einfach ein besseres Bild herauskommen, sonst ist ein Profi sein Geld nicht wert. Ich achte zum Beispiel auf Details: Falten in den Bettdecken, Vorhänge, die schräg fallen, so etwas wird schnell mal vergessen. Der Hoteldirektor, der während des Shootings dabei ist, kann auf dem Laptop direkt sehen, was ich gerade fotografiere. Das heißt, er hat eine absolute Kontrolle darüber, wie das Bild wird.
Wie läuft so ein Shooting ab?
Ich gehe in einen Raum und fotografiere ihn aus mehreren Perspektiven nur kurz an. Dann besprechen wir gemeinsam, welche Perspektive die beste ist. Aus dieser Perspektive wird das Bild dann langsam arrangiert, vielleicht werden die Stühle noch etwas verschoben. Die Kamera muss sehr genau ausgerichtet werden: Wenn man sie um ein Grad dreht, hat man schon ein komplett anderes Bild. Dann muss ich mir um das Licht Gedanken machen, ein bisschen dekorieren und mich so langsam dem besten Bild annähern. Der Hotelier kann mir immer über die Schulter beziehungsweise auf den Laptop schauen und eingreifen, wenn ihm etwas nicht gefällt.
Gibt es Tricks und Kniffe bei der Wahl der Perspektive?
Der Raum wirkt zum Beispiel größer, wenn ich mit der Kamera tiefer gehe. Oft sieht es auch gut aus, wenn ich im Vordergrund etwas nur andeute. Letztendlich ist es aber vom Raum abhängig, es gibt kein Schema F.
Inwieweit werden die Zimmer für die Fotos arrangiert und zeigen nachher nicht die Wirklichkeit?
Das Zimmer sollte man immer wiedererkennen, das finde ich ganz wichtig. Trotzdem verschiebe ich oft Stühle und Sessel: Den Stuhl links am Fenster schiebe ich zum Beispiel ein wenig in die Mitte, sonst würde man ihn auf dem Bild gar nicht sehen. So erkennt man durch das Arrangieren manchmal sogar noch eher, wie ein Zimmer wirklich aussieht. In günstigen Hotels gibt es oft keine Blumen in den Zimmern, aber ich beobachte, dass für das Foto mehrheitlich Blumen reingestellt werden. Ich glaube, dass die Gäste im Regelfall wissen, dass die Dekoration nicht hundertprozentig echt ist. Spaßhaft könnte man ja auch sagen: Wenn ich Models auf dem Bild habe, erwartet der Gast ja auch nicht, dass die hinterher im Zimmer sind. Aber es gibt auch Hotels, die sagen: Wir möchten das exakt so abbilden, wie das Zimmer verkauft wird.
Wie ist es denn generell mit den Models: Wo liegen die Vor- und Nachteile, wenn ich Menschen mit auf meine Fotos nehme?
Mit Models kann man viel besser konkrete Zielgruppen ansprechen. Die Kehrseite ist, dass viele Hotels sich nicht nur an eine Zielgruppe richten wollen. Dadurch, dass ich konkrete Gruppen anspreche, schließe ich andere aus. Wenn auf allen Bildern Best-Ager zu sehen sind, dann fühlen sich Mitt-Zwanziger nicht angesprochen. Daher wird das eher in größeren Hotels gemacht, die ein sehr konkretes Werbekonzept oder eine bestimmte Zielgruppe haben. Außerdem veralten Bilder mit Models früher. Bei Frisuren oder Kleidung hat man schnell das Gefühl, dass sie nicht mehr ganz aktuell sind. Sobald Models fotografiert werden, wird es natürlich auch teurer. Ich mache auch Shootings, bei denen die Models Hotelangestellte sind.
Was haben Sie denn an Equipment, was Amateure nicht haben?
Es ist wichtig, dass man gute Weitwinkelobjektive hat, um die Größe der Räume auf ein Foto zu bekommen. Damit meine ich nicht, dass die Räume übertrieben groß aussehen sollen. Aber ohne bestimmte Objektive bekommt man oft nur ein halbes Bett und die Kommode daneben auf das Bild. Momentan ist es nicht modern, dass Bilder geblitzt aussehen, es ist eher ein natürlicher Look angesagt. Daher mache ich etwa 80 Prozent meiner Fotos ohne Blitz. Aber es gibt auch immer wieder Situationen, wo man nicht um einen Blitz herumkommt, um ein schönes Bild zu machen. Da geht es oft gar nicht darum, dass es hell genug ist, sondern dass eine schöne Lichtstimmung erzeugt wird. Meistens komme ich tatsächlich mit den Lampen aus, die im Zimmer sind, und mit dem Licht, das durchs Fenster kommt.
Welche Rolle spielt die Tageszeit für die richtigen Lichtverhältnisse?
Ich glaube, dass die Tages- und vor allem die Jahreszeit von den Hotels oft überschätzt wird. Ich werde deshalb im Sommer viel häufiger gebucht als im Winter. Für Innenräume ist das aber eigentlich egal: Ich kann zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang jederzeit ein schönes Bild vom Zimmer machen. Die einzigen Ausnahmen sind natürlich Außenaufnahmen und wenn ich Fensterdurchblicke habe, die sehr wichtig sind, weil sie zum Beispiel ein Gebirge im Hintergrund zeigen. Bei Zimmeraufnahmen kann die Sonne, die durchs Fenster scheint, manchmal ein i-Tüpfelchen sein, aber auf über 90 Prozent der Bilder kann man das Wetter gar nicht erkennen.
Die Fotoshootings finden ja im laufenden Hotelbetrieb statt. Stören Sie da nicht?
Mit etwas Erfahrung bekommt man es schon hin, dass die Gäste nicht gestört werden. Das betrifft vor allem die öffentlichen Bereiche. Da muss man einfach wissen, wann im Wellness-Bereich am meisten los ist, wann Ab- und Anreise ist – daraus ergibt sich dann, wann diese Bereiche fotografiert werden können.
Und was kostet es, einen Hotelfotografen zu engagieren?
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