Während sie aßen, erzählten die Männer ihr Erlebnis. Doree sagte dazu: „ Jetzt fehlt nur noch ein Hinweis auf die Waldwesen.“
Der alte Bootsbauer ließ beide Schiffe mit den neu angebrachten Segeln zu einer Probefahrt auslaufen. Leider wehte nur ein leichter Wind, aber selbst dabei konnte er feststellen, dass die Schiffe bei den verschiedenen Manövern viel besser auf das Ruder reagierten, als es vorher der Fall war. Die „Darkahr“ und die „Sirgith“ lieferten sich ein sportlichen Wettkampf, exakt fuhren die beiden Bootsführer die Manöver aus, leicht folgten die Schiffe dem Ruder, der alte Bootsbauer hatte seine helle Freude daran. Erst als der Wind fast von vorne in die Segel blies, bockten die Schiffe, damit kamen die Schiffe nicht zu recht. Der alte Bootsbauer grübelte über dieses Problem seit Beginn der Reise. Einer der Ruderer machte den Alten auf die zwei großen Schiffe aufmerksam, die weit am Horizont, schwach zu sehen waren. Der Alte winkte sofort zur Rückfahrt, sollten sie entdeckt werden, war ein möglicher Angriff nicht aus zuschließen. Sie wussten nichts über die Schiffe und den Menschen darauf, waren sie feindlich und kriegerisch, waren die Schiffe bewaffnet und vor allem, welche Waffen haben die Fremden? Die „Darkahr und die „Sirgith“ konnten höchst wahrscheinlich nicht mithalten und eine Vernichtung der Schiffe durch einen Kampf musste unbedingt vermieden werden.
Zügig strebten die beiden Schiffe den Ankerplatz an und hofften, dass sie von den beiden großen Schiffen nicht entdeckt worden sind. Aber noch während der Rückfahrt verschwanden die Schiffe weit im Süden im Dunst des Horizonts. Heilfroh über den guten Ausgang, ankerten die Schiffe dicht am Ufer, der Truppführer ließ Wachen auf die Schiffe postieren. Die Bootsleute tarnten die Schiffe zusätzlich mit Zweigen und Ästen.
Siergert führte den Trupp jetzt nach Westen. Die Ebene öffnete sich, die Berge im Süden traten zurück und sie erreichten die große, flache Ebene, in der auch der Ankerplatz lag. Das Gebirge im Norden folgte ihren Weg den ganzen Tag. Siergert war sich sicher, das ihr Lager schon sehr nahe an dem Meer lag. Morgen könnten sie das Lager erreichen. Nachdem die Felsentore verschlossen worden waren und sie die unheimliche Gegend mit den Überresten der Schlacht zwischen den Bestien der wilden Horde, der Kleinwüchsigen und der Waldwesen verlassen und wieder die offene Ebene erreicht hatten, besserte sich die Stimmung merklich, Lachen klang auf und die nahe Rückkehr zu den anderen stimmte die Menschen fröhlich.
Kaah-Mer sah sich voller Genugtuung das Kartenmaterial an, das von Doree und der Soldatin angefertigt worden war. Auch die Zeichnungen der Früchte, Blumen und Pflanzen waren hervorragend gelungen. Guudrun verwarte sie sorgfältig. Alles im allen war es doch noch eine erfolgreiche und interessante Entdeckertour geworden.
Der Trupp brauchte dann doch noch einen Tag mehr, bis sie das Lager erreichten, aber da es ein angenehmer Marsch durch das grüne Land war, wurde die Verzögerung leichten Herzens hingenommen. Mit großem Hallo wurden die Heimkehrer von den zurück Gebliebenen begrüßt und mit Wonne wurde das Essen entgegen genommen, endlich wieder frisches Essen, der Fisch duftete herrlich. Der Fisch war auf heißen Steinen zu bereitet worden. Genauso gerne wurde der geräucherte Fisch angenommen. Kaah-Mer freute sich sehr, das die Stimmung im Lager wieder gut war. Die Bootsführer berichteten Kaah-Mer dann von den beiden großen Schiffen, er fand es auch richtig, das sie eine Begegnung vermieden haben. Kaah-Mer gab dann vor dem Schlafen gehen noch bekannt, das sie morgen noch hier am Ort bleiben und dann die Reise fortsetzen wollen.
Mitten in ihren Vorbereitungen für die Abreise hielten sie inne, ein seltsames Geräusch schreckte sie hoch, ein furchterregendes Geräusch. Es klang wie ein schnelles, schleifendes schlurfen, als ob jemand beim Laufen die Füße nicht hoch heben kann. Dazu kam ein lautes und heftiges Schnaufen und Knurren. Die Alarmrufe der Wachen klangen auf. Stummes Entsetzen stieg in den Menschen hoch, als sie sahen, was da in einem Höllentempo auf sie zugerast kam. Eine riesige Gestalt, mehr als drei Manneshöhen groß, mit gewaltigen Schultern, der Kopf oder was als solcher bezeichnet werden könnte, überragte kaum die riesenhaften Schultern. Arme, dicker als der Körper eines kräftigen Mannes. In der „Hand“ oder Klaue eine klobige Keule und in der anderen Klaue befand sich ein dicker Speer.
Kaah-Mer schrie seine Befehle, die Truppführer postierten ihre Bogenschützen und schon flog dem Ungeheuer ein Pfeilhagel entgegen. Wütend brüllte das riesige Untier auf, als sich die Pfeile in sein Fleisch bohrten. Aber unbeeindruckt stürmte das Vieh weiter auf das Lager zu. Erst präzise geschossene Pfeile, die sich in seinen Hals bohrten, schienen eine Wirkung zu erzielen. Für einen kurzen Moment blieb das Ungeheuer stehen und versuchte die Pfeile zu entfernen, aber schon stürmte es laut brüllend weiter. Kaah-Mer rief den Truppführern zu, schießt die Pfeile in die Beine, wir müssen das Vieh unbedingt stoppen. Die Beine, wie zwei dicke Säulen, waren im Nu gespickt mit Pfeilen, wie der Rücken eines Igels mit Stacheln besetzt ist. Mit einem wütenden Schmerzenschrei brach das Ungeheuer mit einem dröhnenden Platsch zusammen. Der Boden erzitterte unter dem Gewicht des aufschlagenden Körpers. Trotz der vielen Verletzungen war das Untier noch immer nicht besiegt, es schlug immer noch mit Brachialgewalt mit seiner Keule herum. Bis ein beherzter Soldat auf den Rücken des Ungeheuers sprang und mit aller Kraft sein Schwert in dessen Nacken stieß. Ein markerschütternder Schrei brach aus dem weit aufgerissenen Maul der Bestie. Es griff mit seiner Klaue den Soldaten und schleuderte ihn im hohen Bogen von seinem Rücken. Entsetzt sahen seine Kameraden, wie er hart auf den Boden aufschlug und mit gebrochenem Genick verdreht liegen blieb.
Das Untier war wohl nicht mehr in der Lage, auf zustehen, die Wunden setzten ihn doch langsam schwer zu. Kaah-Mer zog das magische Schwert und sprang mit einem wilden Schrei auf den Rücken des Ungeheuers und stieß das Schwert mit aller Kraft in den Nacken der Bestie. Die Bewegungen des Untieres wurden langsamer. Sein Brüllen ging in ein schmerzhaftes und erschöpftes Schnaufen über, wieder stieß Kaah-Mer das magische Schwert in den Nacken und endlich streckte sich der gewaltige Körper und wurde still.
Erschöpft zogen sich die Menschen in das halbabgebaute Lager zurück. Zwei Tote und drei schwerverletzte Soldaten hatten sie zu beklagen. Die Heilerinnen kümmerten sich sofort um die Verletzten. Doree kam völlig aufgelöst zu Kaah-Mer, ich bin fast vor Angst gestorben, schluchzte sie im Arm von Kaah-Mer. Es ist ja noch mal gut gegangen, tröstete er die junge Frau.
Kaah-Mer, Siergert und die Truppführer verständigten sich darüber, dass sie die Abreise wie geplant, heute fortsetzen. Sie bestatteten die zwei toten Soldaten, brachten den Rest von dem Lager auf die Schiffe. Die Verwundeten wurden gut untergebracht. Die Schiffe setzten die Segel und die Bootsführer steuerten die Schiffe aufs Meer hinaus.
Auf den Schiffen wurde der Überfall der Bestie heftig besprochen, alle waren noch immer furchtbar erschreckt und verstört, so etwas kannten sie nicht. Eine der Heilerinnen meldete sich zu Wort:“ Unser Volk nannte diese Wesen Trolle, sie hausen hoch in den Bergen, eigentlich sieht man sie selten, aber immer waren sie schrecklich gefährlich!“
Die Schiffe segelten in Sichtweite zum Ufer nach Norden, bis das Ufer nach Westen knickte und bald darauf schoben sich wieder Felsen und dann Berge bis ans Ufer. Für die Nacht fanden sie an der felsigen Küste keinen Lagerplatz. Sie mussten die Nacht auf den Schiffen verbringen. Was den meisten allerdings ganz recht war, der Schreck von dem Angriff des Ungeheuers steckte noch allen in den Knochen.
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