Marlene Gabriel - Die Mayerling-Katastrophe - So war es - war es so?

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126 Jahre nachden Schüssen von Mayerling, ist das WIE (zwei Tote) der Kronprinz von Österreich und seine Geliebte zwar klar, aber das WARUM ist nach wie vor ungeklärt. Die offizielle Version lautet nach wie vor Selbstmord und Selbstmord auf Verlangen, doch stimmt das wirklich? Selbst in Aristokreisen hält sich seit damals die Mordversion! Marlene Gabriel hat versucht, neue Dokumente zu beschaffen und alte Aussagen genauer unter die Lupe zu nehmen. Viele wichtige Schriften sind verschwunden, vernichtet oder verschimmeln in Archiven. Doch das Geschehen in Mayerling wird die Menschen so lange fesseln, bis man sich entschließt, die Wahrheit über die Blutnacht im Jagdschloß zu sagen.
Bis dahin wird es immer wieder Mayerling-Bücher geben, auch wenn das manchen Leuten wenig in den Kram passen mag. An eine Obduktion der beiden Opfer ist nicht zu denken. Hier legt sich die Familie Habsburg und auch die katholische Kirche quer und spricht von Störung der Totenruhe.
Dass es immer noch ein Geheimnis um Mayerling gibt, dass die offizielle Version Selbstmord des Kronprinzen wackelt, ist längst klar. Mary Vetsera, das zweite Opfer, wird bis heute von den Habsburgern nicht einmal ignoriert. Sie hat es «nie gegeben».
Die Autorin hat sich bemüht mit mehreren Mitgliedern des Hauses Habsburg zu reden, hat in Archiven geforscht und ist vielen Hinweisen mit Akribie nachgegangen und hat auch die gängigen Mayerling-Versionen unter die Lupe genommen. Was bleibt sind drei Versionen der blutigen Nacht: Selbstmord des Kronprinzen aus Lebensüberdruss, wobei er wohl aus Feigheit auch seine kleine Freundin erschoss, die angeblich darum geradezu gebettelt hat, da er nicht alleine sterben wollte. Eine missglückte Abtreibung Marys, die langsam verblutete, der Kronprinz erschoss sich daraufhin oder doch die Mordtheorie. Der Kronprinz wurde im Laufe eines schrecklichen Gemetzels auf Befehl ermordet, Mary als Mitwisserin ebenfalls. Doch warum und wer gab dazu den Befehl.

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Doch sind sich nach wie vor namhafte Historiker, wie Brigitte Hamann sicher, dass der Kronprinz Selbstmord durch einen Kopfschuss beging, Stunden vorher jedoch seine Geliebte Mary Vetsera, auf deren Verlangen durch Kopfschuss tötete. Das Wie ist für seriöse Mayerling-Forscher klar, das Warum? liegt nach wie vor im Dunkel.

Das Volk hingegen reagierte zuerst auf die Todesnachricht panisch, glaubte die offizielle Todesversion, es gab deren drei, Herzschlag, Jagdunfall, dann schließlich die bis heute allein gültige Selbstmordversion keineswegs. Es machte sich seinen eigenen Reim über den Tod des beliebten Kronprinzen.

Die Abschiedsbriefe Rudolfs, die man gefunden hatte, geben keine Auskünfte über die Gründe aus dem Leben zu scheiden. Im übrigen ist nur ein Abschiedsbrief in Faksimile bekannt geworden.

Jener an seine Gattin Stephanie, die ihn in ihren Memoiren abdrucken ließ. Egon, Cäsar Conte Corti, ein Schriftsteller, der die erste umfassende Elisabeth Biografie geschrieben hat, war der einzige Historiker, der noch die wahrscheinlich höchst aufschlussreichen Tagebücher der Kaisertochter Marie Valerie einsehen konnte und hier auch eine Abschrift des Abschiedsbriefes Rudolfs an sie gefunden hat und jenen in Auszügen in seinem Elisabeth-Buch veröffentlichte.Leider sind die Tagebücher heute nicht mehr zugänglich. Jede Nachfrage nach Einsicht wurde mit Ablehnung und einem strikten nein beantwortet. Zwei neuere Bücher befassen sich eingehend mit der Mordtheorie und verwerfen die offizielle Version als gänzlich verleumderisch und nicht länger haltbar.

Clemens M. Gruber schrieb zum 100. Jahrestag der Tragödie ein Buch „Die Schicksalstage von Mayerling“. Hier stellt der Autor umfassende Nachforschungen nach Zeugen an und wird fündig.Besonders in und um Mayerling halten sich in Kreisen der Nachfahren der damaligen Einheimischen hartnäckig ja jene Gerüchte, die entweder von einer Orgie wissen wollen, die so ausgeartet sein soll, dass sie schließlich in einem fürchterlichen blutigen Streit mündete, dessen Ende dann auch das Ende von Rudolf und Mary war. Die zweite Version dieses Buches ist, dass zwei Onkel von Mary Vetsera, ein Baltazzi und Graf Stockau nach Mayerling fuhren, um das Mädchen herauszuholen. Es begann ein Streit in dessen Verlauf dann Rudolf erschossen worden sein soll, Mary hätte sich dazwischengeworfen und wäre tödlich verletzt worden. Einer der Onkel sei selber mit einer Schusswunde, der er dann erlegen sein soll, noch eine Woche in Mayerling gelegen, gepflegt von einem Schlossbediensteten.

Nur diese Version ist absolut widerlegt. Alle Onkel von Mary Vetsera starben erst nach 1900. Dazu kommt noch das Gerücht, dass am Friedhof in Heiligenkreuz in jener stürmischen Nacht des 31. Jänner 1889 nicht nur Marys Leiche verscharrt wurde, sondern noch eine zweite männliche Leiche, ebenfalls mit einer Schusswunde, erzählt man sich heute noch. Ingrid Haslinger wiederum befasst sich mit den privaten Briefen Rudolfs beginnend mit den Kinderbriefen bis zu den Erwachsenenbriefen des Kronprinzen und kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass Rudolf keineswegs ein Selbstmordkandidat gewesen sein könne, bemüht sogar einen Graphologen, der Rudolf fast nur hervorragende Eigenschaften zuschreibt und keinerlei Neigung zu Selbstmord feststellen kann. Diesem Graphologen wurden Originalschriftstücke des Kronprinzen vorgelegt. Er wusste nicht, wer der Verfasser der Briefe war. Allerdings meint er in seinem Gutachten, dass der Schreiber aufpassen müsse, er werde durch Mörderhand sterben. Ob man so etwas wirklich durch die Graphologie feststellen kann, ist fraglich. Außer vielleicht, dass Rudolf, Morddrohungen bekommen hat und sich vor diesen fürchtete, was sich wiederum in seinem Schriftbild ausdrückte. Der Kronprinz war ja nicht als sonderlich mutig bekannt. (Ingrid Haslinger:„Rudolf war immer ein guter Sohn – Mayerling war ganz anders“)Gerd Holler, Gemeindearzt in Baden und Vertrauensarzt von Heinrich Baltazzi-Scharschmied, dem Sohn von Heinrich Baltazzi, einem der Onkel von Mary Vetsera, zudem Historiker, war überzeugt, dass die Mayerling- Tragödie durch eine missglückte Abtreibung an Mary, an der sie in Mayerling verblutete, ausgelöst wurde. In seinem Buch „Mayerling- die Lösung des Rätsels“ , versucht er anhand medizinischer Erkenntnisse und den Aufzeichnungen der Hofapotheke das Mayerling -Geheimnis zu lösen.

Laut Holler wurde in Wien in den Appartments Rudolfs durch eine Hebamme in Marys Unterleib eine Bougie (Dehnsonde) gelegt, mit dieser im Körper fuhr sie dann nach Mayerling, wo unstillbare Blutungen einsetzten, die man zur damaligen Zeit nicht stoppen konnte. Mary verblutete langsam. Zwar wurde laut Holler sogar noch Prof. Billroth mitten in der Nacht herbeigeholt, der aber nichts mehr ausrichten konnte und empfahl einen Geistlichen zu holen. Auch dieser kam und gab Mary die Sterbesakramente. Marys Tod erfolgte dann am 30. 1. 1889, so gegen zwei Uhr früh. Der Kronprinz erschoss sich gegen 6.30 Uhr früh, nachdem er Stunden neben der Leiche seiner Geliebten verbracht hatte. Einwände besonders von Mitgliedern des Adels, dass eine Abtreibung, auch mit tödlichem Ausgang absolut kein Grund für einen Selbstmord gewesen sei, konterte der Arzt Holler damit, dass es selbst für einen sehr abgebrühten Menschen schrecklich mitanzusehen sei, wenn ein Mensch neben ihm langsam stirbt und man machtlos ist. Zudem gebot es Rudolf die Offiziersehre, Hand an sich zu legen. Er hatte getötet. Er war der Verursacher des Todes von Mary Vetsera. Abtreibungen waren außerdem im streng katholischen Österreich zu diesem Zeitpunkt strafbar.Sowohl für die werdende Mutter, als auch alle ihre Helfer und Mitwisser. Eine gefährliche Situation also für den Kronprinz, Marie, Gräfin Larisch, der Vertrauten und Eingeweihten des Verhältnisses, Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera, Cousine von Rudolf, Lieblingsnichte von Kaiserin Elisabeth und nicht zuletzt Kupplerin für viel Geld, die viele Treffen zwischen dem Kronprinzen und der kleinen Vetsera erst ermöglichte. Auch Bratfisch und Loschek könnten, müssten sogar eingeweiht gewesen sein. Wäre etwas herausgekommen, wären alle ein Fall für den Staatsanwalt gewesen. Der perfekte Skandal. Für die Larisch doppelt gefährlich. Sie soll ja die Hebamme aufgetrieben haben, die die Manipulationen an Mary durchgeführt haben soll.

Die Nachkommen von Prof. Billroth wiederum bestätigten zwar, dass der berühmte Professor mitten in der Nacht des 30. Jänner von einer Fahrt nach Mayerling wieder zurückgekommen ist. Sehr erschüttert und sehr in sich gekehrt. Er hat aber nie auch nur ein Wort von den Geschehnissen dieser Nacht gesprochen, auch nichts schriftliches hinterlassen. Auch ihm gegenüber durfte Mayerling mit keinem Wort jemals mehr erwähnt werden.Historiker, die sich mit Mayerling befasst haben, kamen zu dem Schluss, dass ein Vorfall, schon in der Hofburg oder dann in Mayerling, erst der entscheidende Auslöser für die Tragödie war. Rudolf hatte wahrscheinlich keinesfalls die Absicht, nach Mayerling zu fahren, um sich dort zu töten und zuerst Mary auf ihr Verlangen hin, zu erschießen (Judtmann, Wandruszka, Hamann).

Aufschluss und damit ein Ende aller Spekulationen könnte nur eine Obduktion und forensische genaue Untersuchung der beiden Toten von Mayerling geben. Aber, so wie es aussieht, wird das nie geschehen. Die Familie Habsburg im Verein mit dem Stift Heiligenkreuz und nicht zuletzt mit den Kapuzinern, legen sich quer und sind strikt dagegen. Das wäre Störung der Totenruhe. Also werden die Vermutungen, halben Wahrheiten und alte und neue Versionen auch wohl noch den 250. Jahrestag von Mayerling überdauern. Auch wenn das den Nachkommen der Habsburger gar nicht in den Kram passt.

Erzherzog Rudolfs Kinderzeit und Jugend

Am 21. August 1858 wurde kräftig Salut geschossen. Endlich war der Thronfolger geboren. In Schloss Laxenburg bei Wien fand das Ereignis statt. Und ein Ereignis war es wohl. Elisabeth, die junge Mutter, hatte viel zu erdulden. Sie lag, so berichten die Gazetten der Zeit, wie der „Pester Lloyd“ oder österreichische Zeitungen, wie „Die neue freie Presse“, fast 20 Stunden in den Wehen. Diese Geburt war nach den beiden vorangegangenen die schwerste. Angeblich soll sie sogar grässliche Visionen gehabt haben. Sie sah im Wachtraum viele Tote, viele Menschen auf die geschossen wurde und ein Meer von roten Fahnen, so wurde berichtet.

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