Doch, die raffinierten Leiningens wollten diesen Besitz keineswegs behalten, sondern boten es umgehend dem Kronprinz zum Kauf an. 1887 wurde es dann um 80.000.-- Goldkronen? (Währung war damals Gulden) vom Kronprinzen gekauft.
Sporadisch hielten sich die Leinigens als Gäste des Kronprinzen in Mayerling auf, doch dann reiste man etwas überstürzt nach London. Kann sein, dass die Schulden zu groß wurden, die Gläubiger dem Grafenpaar im Nacken saßen. Das Geld vom Verkauf Mayerlings hielt nicht lange. Der Lebensstil war nach wie vor sehr aufwendig, zudem spielte man gerne. 1893 wurden sie geschieden. Der Graf hatte genug von seiner um 13 Jahre älteren Ehefrau. Mina Leiningen -Böhm- Pick verlebte in London wilde Jahre, verlor in den Londoner Spielcasinos mehr als sie gewann und verelendete immer mehr. Bekannt ist noch, dass sich die Pick nicht scheute nochmals eine Erpressung, diesmal am greisen Kaiser zu wagen. Sein Finanzberater, Bankdirektor Palmer sagte strikt nein.
Die Pick starb 1940 in London. Sie wollte zwar immer als die Grand Mätresse in die Geschichte eingehen, doch das ist ihr nicht gelungen. Heute kann man sie als das bezeichnen, was sie ja war, eine kleine intrigante Dirne mit großen Ambitionen.
Die schöne Anna Kuranda, Gattin des erfolgreichen Hoteliers und Unternehmers Emil Kuranda hatte es dem Kronprinzen angetan. Sie entsprach mit ihrer klaren, etwas dunkleren Haut, den schweren braunen Haaren und Augen, den unregelmäßigen aber harmonischen Gesichtszügen ganz seinem damaligen Frauenbild. Sie war im Aussehen das genaue Gegenteil seiner Ehefrau. Die erste Begegnung der beiden fand im Sommer 1888 laut Stephanie in einemSeparee in Abbazia statt, wohin das Kronprinzenpaar gereist war. Die Kurandas wiederum waren die heimlichen Könige des Urlaubsortes, hatte doch Emil Kuranda hier ein großes Hotel gebaut und wollte weiter investieren.
Die Presse bekam von dieser Affäre Wind und schlachtete sie hämisch und weidlich aus. „Man las von einem „mit lächelndem Zynismus zur Schau gestellten intimen Verhältnis zur üppigen Gattin eines Generaldirektors aus Fiume. Kein Zweifel, damit waren der Kronprinz und Anni Kuranda, geborene Frankfurter, gemeint. Emil Kuranda drückte beide Augen zu, er wollte es sich schließlich mit dem Thronerben nicht verderben. Die Kronprinzessin war nicht so duldsam. Es soll sogar zu Schreiduellen des Paares gekommen sein, wenn Rudolf wiederum nächtelang mit Anni Kuranda zugange war. Einfallsreich, was seine Liebschaften anging, spann der Kronprinz sogar einen Großonkel, Erzherzog Friedrich ein und erklärte, dass er auf ungarischen Wunsch die Beziehungen zu den Kurandas pflege. Der, gutmütig wie er war und mit einem Dragoner von einer Ehefrau geschlagen, nämlich Erzherzogin Isabella, in Hofkreisen auch Busabella genannt, (ihr Busen war nicht zu übersehen) spielte sogar den Postillon d' amour für das Liebespaar. Immerhin sei Herr Kuranda ein bedeutender Investor. Er stellte es also als Geschäftsbeziehung dar. Stephanie wusste es besser und bezeichnete viel später Anni als „kleine Vetsera“. Durch diese Eskapade des Kronprinzen könnte es zum endgültigen Bruch zwischen Rudolf und Stephanie gekommen sein.
Die Spur dieser Liebelei des Kronprinzen verliert sich in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Durch Zufall bin ich im Internet auf eine Anzeige gestoßen, wo nach Anni Kuranda, geborene Frankfurter gesucht wurde. Ihr Todesdatum ist so wie der Todesort unbekannt. (Anm.d.Verf.). Wahrscheinlich ist auch Sie ein Opfer des Holocaust geworden.
Noch eine Dame, die sich der Gunst des Kronprinzen erfreuen durfte sei hier erwähnt: Es handelt sich um die polnische Agnatentochter Rosa Gräfin Potocka. Unermesslich reich, verwöhnt, aber trotzdem streng erzogen, war ihr bestimmt, ebenfalls standesgemäß und vor allem auch reich zu heiraten. Ihr Vater, Graf Alfred Potocki wurde vom Kaiser zum Statthalter von Galizien ernannt.
Rosa hatte noch eine ebenso hübsche Schwester und einen sehr eleganten Bruder. Die Familie war öfters in Wien, zumal man hier Verpflichtungen hatte, nicht nur den Besuch des jährlichen Polenballes, der immer einer der Höhepunkte des Wiener Faschings war. Auf einem dieser Bälle fiel die schöne Rosa sowohl dem Kronprinzen als auch Erzherzog Johann Salvator ins Auge. Der Kronprinz war da noch nicht 20, mit der Busta verbandelt, doch er hatte schon damals den Kennerblick für ungewöhnliche Mädchen. Natürlich wurde die Flirterei bemerkt. War Rosa doch immerhin nicht irgendwer, sondern die Tochter des galizischen Statthalters.
Im Tagebuch der Mutter Rosas kann man lesen, dass das Mädchen sich wirklich unsterblich in den verführerischen Kronprinzen verliebt hatte. Irgendwann wurde diese Bekanntschaft auch dem Kaiser bekannt. Doch vorerst bekam der Bruder Rosas, der elegante Roman, sein kaiserliches Fett weg. „Er sehe es nicht gerne, wenn junge Herren mit ihrer Zeit nichts besseres anzufangen wüssten als sich in Theatergarderoben und beim Kartenspiel mit hohen Einsätzen im Jockeyklub zu vergnügen.“
Damals war der Jockeyklub das angesagteste Etablissement für die jungen Aristos, die sich hier die Zeit vertrieben. Die Baltazzis, Philipp Coburg, Fürst Ypsilanti, Rudi Liechtenstein, alle schauten irgendwann einmal vorbei und verspielten Vermögen.
Rosa fiel erst viel später in Ungnade, da waren Rudolf und sie schon ein Paar und Rudolf gedachte sie zu heiraten.Doch Franz Joseph war keinesfalls mit der Wahl seines einzigen Sohnes einverstanden. Vater Potocki wiederum sah seine Tochter düpiert, immerhin gehörte er zum polnischen Hochadel und war um einiges reicher als der Kaiser. Wie lange diese Geschichte dauerte ist nicht bekannt. Nur dass bereits im Jahr 1880 die Vorarbeiten zur Heirat mit Stephanie von Belgien im Laufen waren.
Doch Kaiser Franz Joseph wusste sehr genau, dass er mit der Ablehnung seiner Tochter den überaus arroganten und stolzen Potocki schwer beleidigt hatte und traf mit dem polnischen Grafen eine geheime Abmachung. Der Kaiser werde für die Ausrichtung der Hochzeit finanziell sorgen und zudem die Kosten einer verschwenderischen Aussteuer tragen, würdig einer Prinzessin.
Eduard Graf Raczynski wurde der Ehemann des „gefallenen“ Mädchens. Auch er gehörte zum Magnatenkreis Polens, Kann sein, dass er nicht ganz so viel Besitz hatte, wie die Potockis.
Das Paar lebte lebenslang auf Schloss Rogalin bei Posen. Sie starb elf Jahre nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1937. Als man den Nachlass sichtete, fand man nicht nur einen verstaubten Makartstrauss sondern auch ein dickes Bündel vergilbter Briefe, mit dem charakteristischen „R“ für Rudolf. Zudem erkannte einer der Nachlassverwalter die Schrift des Kronprinzen.
Was dann mit den Briefen wirklich geschehen ist, ist ungeklärt. Die Familie Potocki berichtet, dass sich die damals noch lebende Stephanie Lonyay, ehemalige Kronprinzessin die Briefe erbat und durch Boten abholen ließ. Sie sollen dann bei ihr verblieben sein. Angeblich nahm sie diese Briefe sogar auf ihrer Flucht vor den Russen nach Pannonhalma mit. Eine andere Lesart will davon wissen, dass diese Briefe von Stephanie vor der Flucht mit vielen anderen Papieren verbrannt wurden, also nicht mehr existieren.Leider, wie schon mehrmals erwähnt, ist der gesamte Nachlass der Fürstin Lonyay in Pannonhalma und kann nicht eingesehen werden, obwohl es von Historikern immer wieder versucht wird, wenigstens Teile des Nachlasses sichten zu dürfen. Es könnte sein, dass alle diese Geschichten nicht stimmen und die Rudolf-Briefe an Rosa Potocka noch existieren und im im Nachlass gefunden werden könnten.
Mitzi Kaspar, die intimste Vertraute und langjährige Geliebte des Kronprinzen kam aus der Halbwelt. Sie wurde 1864 in Graz geboren und verstarb 1907 an Syphillis.
Dazwischen lag ein Leben mit vielen verschiedenen Männern, bevor der Kronprinz kam. Während der Beziehung mit ihm und auch nachher, lebte sie allein und es ist von keiner einzigen neuen Beziehung zu einem Mann etwas bekanntgeworden. Auch nach dem Tod Rudolfs wurde sie nach wie vor überwacht. Galt sie doch als allererste Geheimnisträgerin. Noch in der Nacht vor der fatalen Abfahrt nach Mayerling soll er sie ja besucht haben.
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