Lisa Beiersmann
Die blauen Schuhe
Für Alice
weil dieses Buch ohne dich wahrscheinlich gar nicht existieren würde
Manchmal vergessen wir, dass auch kleine Dinge im Leben geradezu magisch sind. Denn wer definiert überhaupt, was Magie ist?
Definition laut Duden:
Magie, die
Bedeutung
1. a) geheime Kunst, die sich übersinnliche Kräfte dienstbar zu machen sucht; Zauberei
b) Tricks des Zauberkünstlers (im Varieté)
2. faszinierende, geheimnisvoll wirkende Kraft
Und nun, mach es dir gemütlich und vielleicht kreuzt die Magie ja auch deinen Weg.
Impressum
© 2. Auflage 2021
Erste deutschsprachige Auflage März 2020
Verfasser: Lisa Beiersmann, lisa.beiersmann@web.de
Buchsatz: ©Lisa Beiersmann
Lektorat, Korrektorat: Siegfried Jähne
Umschlaggestaltung: ©RiaRaven Coverdesign, unter der Verwendung von Stockmaterial
Illustrationen: ©Pia Marie Endres ( piamarie.art)
Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Belin
ISBN Paperpack 978-3-750292-01-7
ISBN Ebook 978-3-750289-27-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Im Vulkan, in der Hitze geschmiedet
Ein Schwert mit großer Kraft versiegelt.
Um diese zu entfalten
Muss erst eine Heldentat walten.
So gefährlich und doch so schön,
musst es mit eigenen Augen sehen.
Doch lass dich nicht reizen vom großen Glück
Nur die Zerstörung bringt die Ordnung zurück.
Eine Rose leuchtend rot
Einmal berührt bringt sie den Tod.
Das Land wollte vergessen, doch musste bezahlen
Nur eine List befreit es von den Qualen.
- Alice T.
Prolog
Es war einmal vor langer, langer Zeit (vielleicht war es auch vor wenigen Tagen) , in einem weit, weit entfernten Land (oder auch nur ein paar Kilometer von hier entfernt) ein junges Mädchen. Dieses Mädchen, der Name lautet übrigens Leslie, war ein eher unscheinbarer Mensch. Keine der Coolen, die an der Schule den Ton angaben oder eine der Streberinnen, die man für ihren Fleiß beneidete und hinter dem Rücken niedermachte. Sie war einfach nur Leslie, die kurz vor dem Abitur stand.
Kapitel 1
„Hmmfff“, machte Leslie, als Kickboxtrainer Kojo ihr einen Kick in den Bauch verpasste und sie zurückgeschleudert wurde. Trotz der Schutzausrüstung spürte sie seinen Treffer.
„Du musst mehr auf deine Deckung achten!“, rief er ihr zu und sie nickte. Der nächste Schlag wurde von ihr abgelenkt und ihr Konter traf ihn seitlich gegen den Kopf, auf seinen Schutz. Ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht, hielt ihr Trainer einen Moment lang inne.
„Der war gut“, meinte er schließlich, „du bist schneller geworden.“
Vor Verlegenheit wurden ihre Wangen ganz heiß und sie lächelte schüchtern. Sie wollte ihm nicht sagen, wie hart sie trainiert hatte. Jeden Tag hatte sie stundenlang auf den Boxsack eingeprügelt, der in ihrem Zimmer hing.
Endlich von außen eine Bestätigung erhalten zu haben, machte sie stolz auf ihr Durchhaltevermögen.
Nach einem kurzen Kampf zwischen ihnen beiden beendete Kojo das Training und Leslie flüchtete unter die Dusche. Ihr war so furchtbar heiß. Das kühle Wasser beruhigte sie und ein kleines selbstzufriedenes Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.
„Huuuuups. Sorrryyyy“, sagt Karla mit ihrer Zwitscherstimme und erntete begeistertes Kichern von ihren Freundinnen. Mit einem leisen Seufzer entfernte Leslie die Papierkugel aus ihren Haaren und warf sie in den Müll.
Eine lange Strähne hing ihr ins Gesicht, nussbraun und ein wenig gelockt.
Hinter sich konnte sie das Kichern von Karla und ihren Freundinnen ausmachen. So schien das in der Schule immer zu gehen. Alles richtete sich nach Karla und wenn ihr langweilig wurde, hackte sie auf Leslie rum.
Diese hatte sich bereits an die ganzen Sprüche gewöhnt, sie sei hässlich und jämmerlich anzusehen. Es machte ihr nichts aus, schließlich fühlte sie sich nicht auf Karla und ihre Meinung angewiesen. Sie hatte andere Freunde, auch wenn diese nicht zur selben Schule gingen.
Ein Mobbingopfer war sie wahrlich nicht. Seit sie sich letztes Jahr mit dem aufgeblasenen Typen aus der damaligen Q2 geprügelt hatte, ließen die meisten Leute aus ihrer Stufe sie in Ruhe. Der meinte, etwas viel Besseres zu sein, bloß weil er ein Jahr älter und einen Kopf größer war als sie.
Nur Karla und ihr Freundeskreis konnten es nicht lassen, da sie auch wussten, dass Leslie in der Schule Probleme kriegen würde, wenn sie noch einmal jemanden zusammenschlug.
Leslie freute sich auf den Schulabschluss. Sie wusste, dass sie der Schule keine Träne hinterherweinen würde. Auch wenn viele ältere Erwachsene immer wieder behaupteten, dass die Schule einem fehlen wird und besser als arbeiten ist, so wusste sie doch von ihren Ferienjobs, dass dem nicht unbedingt so war.
Selbst wenn sie an heißen Sommertagen in der Eisdiele in einem fort bedient hatte, kam es ihr nicht in den Sinn lieber im Unterricht sitzen zu wollen. Fiel sie nach der Arbeit völlig erschöpft ins Bett, fühlte sie sich produktiver, als wenn sie eine Klausur geschrieben hätte.
Des Weiteren konnte ihre Freundin Becca diese Ansicht nur bestätigen und Becca war inzwischen 34 und arbeitete seit über zwölf Jahren.
Bei dem Gedanken an sie wurde Leslie ein wenig wehmütig. Sie hatte Becca seit fast zwei Monaten nicht gesehen und vermisste sie. Gelegentlich schrieben sie sich über WhatsApp und einmal hatten sie sogar geskypt, doch seit sie aufgrund ihrer Arbeit für ein halbes Jahr ans andere Ende des Landes geschickt worden war, gestaltete sich das In-Kontakt-bleiben schwierig.
Auf dem Heimweg schlenderte Leslie wie jeden Tag an dem alten Bahnhofsgelände vorbei. Früher waren dort Züge ein- und ausgefahren, jetzt sah man nur noch die Schienen, die langsam aber sicher vollständig unter Gras und Unkraut verschwanden.
Als einziges Gebäude stand ein Backsteinhaus neben dem Bahnsteig. Eingebrochene Stellen waren am Dach zu erkennen und die Trümmer der Bank, auf der Wartende gesessen hatten, stapelten sich am Bahnsteig.
Der Bahnhof hatte nie mehr als ein Gleis beherbergt, doch gerade das verlieh ihm seinen Charme. An den Außenwänden erkannte Leslie einzelne Graffiti. Sie wandte den Blick ab und ging weiter.
Ein Plakat an einer Hauswand sprang ihr schon von weitem ins Auge. Es lenkte die Aufmerksamkeit sofort auf sich. Nicht etwa, weil die Farben besonders knallig hervorstachen, sondern es erschien einfach nur auffällig, weil ER darauf zu sehen war.
Er. Leroy.
Seine dunkle Haut war ein starker Kontrast zu dem weißen Ballettanzug, den er auf dem Bild trug.
„Der König des Tanzes“, wie er auch gerne von seinen Fans genannt wurde.
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