Sir Walter Scott - Ivanhoe

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Die Geschichte thematisiert die Rivalitäten in England zwischen Angelsachsen und Normannen nach dem Sieg Wilhelms des Eroberers sowie die Spätfolgen der Kreuzzüge mit der Geiselnahme des englischen Königs Richard Löwenherz in Österreich. Ebenso sind die zur Zeit der Handlung existierenden Vorurteile gegenüber Juden dargestellt. Robin Hood tritt unter dem Namen Locksley in Erscheinung. Die normannischen Gegenspieler von Ivanhoe haben alle wohlklingende Namen, die verdeutlichen, dass der Adel Englands damals noch Französisch sprach. In Abwesenheit König Richards stützt sich dessen jüngerer Bruder Johann Ohneland auf die Macht dieser normannischen Ritter und Barone. Ein interessanter Gegensatz zu der düsteren Gestalt des normannischen Tempelritters findet sich einerseits in dem Helden Ivanhoe und andererseits in der tragischen Rolle der Rebekka.

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Ivanhoe

Sir Walter Scott

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XXVIII

Kapitel XXIX

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Kapitel XXXIII

Kapitel XXXIV

Kapitel XXXV

Kapitel XXXVI

Kapitel XXXVII

Kapitel XXXVIII

Kapitel XXXIX

Kapitel XL

Kapitel XLI

Kapitel XLII

Kapitel XLIII

Kapitel XLIV

Impressum

Einleitung

Ueber jene liebliche Gegend des fröhlichen England, die von dem Flusse Don bewässert wird, dehnte sich in alten Zeiten ein weiter Wald aus, der den größeren Theil der schönen Hügel und Thäler zwischen Sheffield und der anmuthigen Stadt Doncaster bedeckte. Die Ueberbleibsel dieses Waldes sind noch in der Nähe der Landspitze Wentworth, Warncliffe-Park und um Rotherdam zu sehen. Hier hauste vor alters der fabelhafte Drache von Wantley; hier wurden mehrere der blutigsten Schlachten während der Bürgerkriege der beiden Rosen gefochten; und hier blühten auch in alten Zeiten jene Banden von tapfern Geächteten, deren Thaten in den englischen Volksliedern so häufig verherrlicht wurden.

Dies ist vornehmlich der Schauplatz unserer Erzählung; der Zeit nach fällt dieselbe gegen das Ende der Regierung Richards des Ersten, als seine Rückkehr aus der langen Gefangenschaft von seinen verzweifelnden Unterthanen, die in der Zwischenzeit jeder Unterdrückung ausgesetzt waren, mehr gewünscht als gehofft wurde. Die Edlen, deren Macht während Stephans Regierung alle Grenzen überschritt, und welche Heinrichs des Zweiten Umsicht kaum zu einiger Unterwürfigkeit zurückgeführt, hatten jetzt ihre alte Freiheit in der äußersten Ausdehnung wieder gewonnen, verachteten das ohnmächtige Einschreiten des englischen Staatsraths, befestigten ihre Schlösser, verstärkten die Anzahl ihrer englischen Dienstleute, machten ihre ganze Umgebung von sich abhängig und wendeten alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel an, sich an die Spitze von Streitkräften zu stellen, die sie in den Stand setzten, bei den drohenden bürgerlichen Unruhen eine Rolle zu spielen.

Die Lage des niedern Herrenstandes oder der sogenannten Freisassen, die kraft des Gesetzes und Geistes der englischen Constitution berechtigt waren, sich von der Feudaltyrannei unabhängig zu erhalten, wurde jetzt höchst bedenklich. Wenn sie sich, was gewöhnlich der Fall war, in den Schutz eines der winzigen Könige in der Nachbarschaft begaben, Lehnsdienste in seinem Haushalt übernahmen, oder sich durch gegenseitige Schutz- und Trutzbündnisse verbindlich machten, ihn bei seinen Unternehmungen zu unterstützen, so mochten sie sich freilich für den Augenblick Ruhe erkaufen; doch geschah dies nothwendigerweise mit Aufopferung jener Unabhängigkeit, die jedem englischen Herzen so theuer war, und auf die gewisse Gefahr hin, als Theilnehmer in jede unbesonnene Unternehmung verwickelt zu werden, zu welcher der Ehrgeiz ihres Beschützers denselben nur immer verleiten mochte. Andrerseits waren die Mittel zu Quälerei und Bedrückung, die den großen Baronen zu Gebote standen, so vielfach und derartig, daß ihnen selten ein Vorwand und nie der Wille fehlte, jeden ihrer weniger mächtigen Nachbarn, der es wagte, sich ihrer Autorität zu entziehen und in den gefahrvollen Zeiten von den Landesgesetzen Schutz zu erwarten, in Schrecken zu setzen und bis an den Rand des Verderbens zu verfolgen.

Ein Umstand, der sehr dazu beitrug, die Tyrannei des Adels und die Leiden der niederen Klassen zu erhöhen, rührte von der Eroberung Wilhelms, Herzogs der Normandie, her. Vier Menschenalter hatten nicht hingereicht, das feindselige Blut der Normannen und Angelsachsen zu verschmelzen oder durch gemeinschaftliche Sprache und wechselseitige Interessen zwei feindliche Rassen zu einigen, von denen die eine noch immer den Stolz des Triumphes fühlte, während die andere unter den Folgen der Niederlage seufzte. Die Macht war infolge der Schlacht bei Hastings gänzlich in den Händen des normännischen Adels, und wie die Geschichtsschreiber versichern, wurde dieselbe keineswegs mit Mäßigung geübt. Das ganze Geschlecht der angelsächsischen Fürsten und Edeln war mit wenigen Ausnahmen ausgerottet oder aus seinem Erbe verdrängt; auch war die Zahl derer nicht groß, welche in dem Lande ihrer Väter Besitzungen der zweiten oder einer noch niedrigern Lehnsklasse hatten. Schon längst war die königliche Politik dahin gerichtet gewesen, durch gesetzliche oder ungesetzliche Mittel die Kraft jener Bevölkerung zu schwächen, von der man annehmen konnte, daß sie den unauslöschlichsten Widerwillen gegen ihre Besieger hege. Alle Monarchen vom normännischen Stamm hatten die unverkennbarste Vorliebe für ihre normännischen Unterthanen gezeigt; die Jagdgesetze und viele andere, die nicht weniger dem milderen und freiern Geiste der angelsächsischen Verfassung unbekannt waren, hatte man dem Nacken der unterjochten Einwohner aufgelegt, um gleichsam die Last der Lehnsfesseln noch zu vermehren. Am Hofe und in den Schlössern der Großen, wo man den Pomp und die Pracht nachahmte, bediente man sich ausschließlich des normännischen Französisch, in den Gerichtshöfen wurden die Verhandlungen und Urtheile in derselben Sprache abgefaßt. Kurz, französisch war die Sprache der Ehre, des Ritterthums und selbst der Gerechtigkeitspflege, während das bei weitem männlichere und ausdrucksvollere Angelsächsisch dem Gebrauche der Bauern und Leibeigenen überlassen wurde, die keine andere Sprache kannten. Indeß veranlaßte der nothwendige Verkehr zwischen den Herren des Bodens und jenen untergeordneten Wesen, die diesen Boden bebauten, die allmähliche Bildung eines aus dem Französischen und Angelsächsischen gemischten Dialekts, in welchem sie sich gegenseitig verständlich machen konnten, und aus dieser Nothwendigkeit entstand nach und nach die Structur des Neuenglischen, in welchem die Sprache der Sieger und der Besiegten glücklich verschmolzen ist, und die später durch die Schätze der classischen Sprachen und die der südlichen Nationen Europas so sehr bereichert und vervollständigt wurde.

Dieser große nationale Unterschied blieb bis zu den Zeiten Eduards III. bestehen, wenn auch nicht gerade Kriege oder Empörungen das Dasein der Angelsachsen bekundeten. Aber es erhielt sich eine volksthümliche, sogar in späterer Zeit noch bisweilen alliterirende Literatur neben den französisch geschriebenen Ritterromanzen, die nur dem Adel zugänglich waren.

Kapitel I

So sprachen sie, dieweil die satten Schweine Heimzogen

Abends aus dem Buchenhaine –

Mit Quieken, Grunzen, widerwill'gem Schrei'n

Ging jedes lärmend in den Stall hinein.

Popes Odyssee.

Die Sonne ging über einer der grasreichen Lichtungen jenes Waldes unter, den wir in dem Vorwort erwähnt haben. Hunderte von Eichen mit breitem Wipfel, kurzem Stamm und weit verbreiteten Aesten, die vielleicht noch den Marsch der stattlichen römischen Legionen gesehen hatten, streckten ihre knorrigen Arme über einen dichten Teppich frischen Rasens aus. An einigen Stellen waren sie mit Buchen, Stechpalmen und so dichtem Unterholz vermischt, daß die schrägen Strahlen der untergehenden Sonne nicht hindurchdrangen; an anderen Stellen standen sie weit auseinander und bildeten jene langen Fernsichten, in deren Irrgängen das Auge sich mit Entzücken verliert, während die Phantasie dieselben als die Pfade zu noch wilderen Scenen der Waldeinsamkeit betrachtet. Hier verbreiteten die rothen Strahlen der Sonne ein gebrochenes Licht, welches zum Theil an den belaubten Aesten und moosbewachsenen Stämmen der Bäume hing, zum Theil einzelne Stellen des Rasens beleuchtete. Ein freier Baum in der Mitte dieser Lichtung schien den Gebräuchen druidischen Aberglaubens geweiht gewesen zu sein, denn auf dem Gipfel eines kleinen regelmäßigen und darum fast künstlich zu nennenden Hügels zeigte sich noch der Rest eines Kreises von rauhen, unbehauenen Steinen, deren ungeheure Größe auffiel. Sieben standen aufrecht, die übrigen waren wahrscheinlich durch den Eifer eines zum Christenthum Bekehrten umgestürzt und lagen theils in der Nähe ihrer früheren Stelle, theils am Abhang des Hügels. Nur ein einziger großer Stein war bis an den Fuß herabgestürzt und hemmte den Lauf eines kleinen Baches, der sich friedlich um die Erhöhung wand, und verlieh durch seinen Widerstand dem ruhigen und sonst stillen Bächlein eine murmelnde Stimme.

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