Regan Holdridge
Wind über der Prärie
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Inhaltsverzeichnis
Titel Regan Holdridge Wind über der Prärie Dieses ebook wurde erstellt bei
Wind über der Prärie Wind über der Prärie Regan Holdridge
Bremerhaven, 1884
New York
St. Louis
Der Treck
Die Siedlung
Der Überfall
Veränderungen
Abschied
New York, Dezember 1886
Mc Veagh Ranch
Zuhause
New York, Mai 1889
Neubeginn
Lelia
Oklahoma
McVeagh Ranch, Januar 1891
Ivanka
Juni 1898
Verlust
Sommer 1904
Ellen
McVeagh Ranch, Frühjahr 1905
Wagoner, 1907
McVeagh Ranch, 1909
Wagoner, 1914
McVeagh Ranch, 1916
Ungewissheit
Abschied von Wyoming
Glück und Abschied
Ginger
Los Angeles, 1919
Wagoner
Auf großer Reise
Zwiespalt
Wagoner, 1922
Los Angeles, 1923
McVeagh Ranch
Los Angeles
Los Angeles
Wagoner
McVeagh Ranch
Wagoner, 1925
Los Angeles
Wagoner
McVeagh Ranch
Impressum neobooks
Regan Holdridge
Texte: © Copyright by Regan Holdridge, 2021
Herausgeber:
Regina Honold
Alpenstr. 24a
87760 Lachen
autrice.blog@gmail.com
www.autrice.art
Dieses Buch ist all den Serien und Filmen gewidmet,
die uns als Kinder beeindruckt und unsere Fantasie beflügelt haben;
die uns dazu brachten, uns in die Sättel wilder Pferde zu schwingen
und einen Stetson aufzusetzen,
um von Cowboys, Mustangs und weiten Prärien zu träumen.
Und für Norbert, weil er die Liebe meines Lebens war.
Nebel, überall Nebel, wie so häufig um diese Jahreszeit in den frühen, dämmrigen Morgenstunden. Bremerhaven war dafür bekannt, für Anfang März war es dennoch ungewöhnlich kalt. Die Luft trieb den salzigen Geschmack der See mit sich und mehrere Schiffe lagen im Hafen, kleinere und größere und dazwischen Fischerboote, die wie Spielzeuge gegen die mächtigen Überseedampfer wirkten. Majestätisch ragten ihre meterhohen Flanken aus den schlagenden Wellen. Unzerstörbar schienen ihre riesigen Rümpfe, die tausende von Menschen zu fassen vermochten, Güter und Tiere um die Erde brachten.
Das kräftige, durch den Nebel wie gedämpft hallende Glockengeläut der Sankt-Marien-Kirche verkündete, dass es soeben sechs Uhr früh wurde. Ein neuer Tag, ein entscheidender Tag, der alles verändern würde, lag vor den Menschen, die sich an diesem Morgen zur Abfahrt am Hafen eingefunden hatten, dort, am berühmt gewordenen „Point Of No Return“, dessen Name allein schon sagte, wohin die Reise gehen würde: Fort von der Heimat, in die Fremde und in eine erhoffte, bessere Zukunft – hier, am Ort ohne Wiederkehr. Familien mit Kindern, junge Männer und Frauen, Geistliche und Nonnen und ein Haufen unbändiger, umher tollender Kinder drängten sich zwischen Anlegestelle und Zufahrtsstraße. Sie stammten aus allen Gesellschaftsschichten, von der Fürstin, die erste Klasse reisen würde, um ihre Verwandten zu besuchen, bis zum armen Handlanger, der sich drüben, in der neuen Welt, Reichtum und Ruhm erhoffte.
Die „Elbe“ lag schon seit zwei Tagen im Hafen, um mit Lebensmitteln und den benötigten Vorräten beladen zu werden. Sie zählte zu den schnellsten Dampfern unter der Flagge des Deutschen Reiches und besaß zwei riesige Schornsteine, aus denen dicker, schwarzer Rauch aufstieg. Über eintausend Menschen fanden auf ihr Platz, eingeteilt in drei Klassen, wobei allein 800 Fahrplätze nur für das Zwischendeck einkalkuliert waren. Sie rühmte sich, eines der Vorzeigeschiffe des Norddeutschen Lloyd zu sein und hatte sich auch in Bezug auf ihren Komfort einen guten Ruf erarbeitet.
Nikolaus, ein schmächtiger, dürrer Junge von neun Jahren, starrte bereits seit Minuten die Bugwand des Schiffes hinauf. Er versuchte, die vielen Bullaugen zu zählen, die er entdecken konnte und wurde dabei immer wieder von Matrosen abgelenkt, die oben auf Deck, nahe der Brüstung, umherliefen. Nikolaus’ braune Augen leuchteten. Geboren in einem kleinen Ort nahe Wittenberge und auch dort aufgewachsen, hatte er solche Schiffe bisher nur auf Bildern oder aus der Entfernung bewundern können. Nun stand er hier, neben diesem modernen, erst drei Jahre in Betrieb befindlichen Dampfer, der ihn über den großen Ozean bringen sollte, in ein fremdes Land, von dem es hieß, dass dort alles schöner, größer und weiter sei als irgendwo sonst auf der Welt. Nikolaus versuchte sich das vorzustellen und gelangte zu der Annahme, sie müssten sich auf dem Weg ins Paradies befinden. Eine Hand legte sich mit einem Mal schwer auf seine Schultern und schreckte ihn aus seinen Überlegungen; es war die seines älteren Bruders.
„Bist du in Ordnung?“ Hubert lächelte fragend. Er war gerade achtzehn Jahre alt geworden, groß, schlank und von unauffälligem Äußeren, mit denselben dunkelbraunen Haaren und Augen wie der Junge..
Nikolaus nickte aufgeregt. „Wann geht’s denn endlich los?“ Gespannt schaute er zu seinem Bruder hinauf, ohne zu ahnen, wie ähnlich sie einander in diesem Moment waren.
Hubert warf einen Blick zurück, zu dem Menschenauflauf, der sich am Pier gebildet hatte. Mitten drin entdeckte er seine Eltern und ihre sechzehnjährige Schwester Juliane. Er zuckte die Schultern.
„Bald“, versprach er und betrachtete das Schiff, an dessen beiden Eingängen bereits die Holzprielen bereitlagen, über die sie treten mussten, um ins Innere des Schiffs zu gelangen. Der linke Eingang war für die Passagiere der ersten und zweiten Klasse gedacht und der andere für die des Zwischendecks. Das wenige Gepäck, das sie mitnehmen durften, war schon am Vorabend in den Rumpf der „Elbe“ verladen worden – alles, bis auf einen kleinen Handkoffer, den Friedrich bei sich trug und in dem ihre wichtigsten Dokumente, ein paar Bücher und anderer Kleinkram verstaut waren. Jeder von ihnen hatte noch eine Tasche dabei, in dem sich seine persönlichen Kleinigkeiten und frische Kleidung befanden, der Rest blieb bis zu ihrer Ankunft in New York im Laderaum des Schiffes verschwunden.
Juliane gesellte sich zu ihnen, mit bedächtigem Schritt und scheinbar gelangweilt. Sie vergaß wieder einmal, dass es sich als junge Dame nicht gehörte, vor sich hin zu schlendern und dabei auf den Zehenspitzen zu wippen.
„Das dauert noch eine Weile, bis sich alle von Vater verabschiedet haben“, meinte sie und blickte um sich, wobei sie ein tiefes Seufzen vernehmen ließ. Hunderte von fremden Menschen drängten sich am Anlegesteg und der Lärmpegel, der sie umgab, war enorm, beinahe beängstigend. Überall dröhnten Maschinen, während dazwischen die lachenden, kreischenden Stimmen der Kinder erklangen. Es gab Abschiedsszenen, Tränen und Vorfreude bei denen, die den Dampfer in wenigen Minuten betreten durften. Auf in ein neues Leben, in ein hoffentlich besseres! Auf ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Und daneben der Schmerz des Zurückbleibens bei denen, die nur gekommen waren, um hinterdrein zu winken. Wie gedämpft durch den Nebel, herrschte eine eigenartige Bedrücktheit über dem Pier. Nur die Weser plätscherte am Landesteg entlang, leise gurgelnd und die Mächtigkeit des tosenden Meeres verratend, wie jedesmal, wenn ein Schiff diesen Hafen verließ, am Punkt ohne Wiederkehr.
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