„Xenio ist nun auf unserer Seite. Er hat deinen Charakter auch endlich satt und ist der Meinung, dass du für immer schweigen solltest“, erklärte Drako ruhig, wobei er sich einfach auf den Boden niederließ, während Xenio den Griff des Schwertes fester umschloss und es zum Angriff erhob.
„Das wird ein Spaß“, jubelte der Greif und machte es sich ebenfalls gemütlich, als sich der Körper des Kämpfers schon in Bewegung setzte und auf den Jungen zustürmte. Cido wusste nicht, was gerade geschah. Warum griff in Xenio an? Er dachte, dass der Kämpfer sein Leben um jeden Preis verteidigen würde? Oder war er jetzt doch einmal zu oft gemein gewesen?
Aber was hatte diese Leere in den Augen des Blonden zu bedeuten? War er überhaupt Herr seiner Sinne oder wurde er von dem Drachen verhext?
Cido wich der Klinge vor Schreck aus, wodurch er unsanft nach hinten fiel und im staubigen Boden liegen blieb, denn das kalte Metall legte sich sofort bedrohlich auf seine Kehle.
„Was? Was passiert hier? Sterbe ich jetzt? Tötet er mich doch? Er hat doch geschworen es nie zu tun.“ Cidos Gedanken überschlugen sich vor Panik und er wusste nicht, was er tun sollte, um seinen Tod zu verhindern.
„Los! Töte ihn!“, drängte der Greif zur Eile, doch Drako beruhigte ihn: „Stress dich nicht, Falco. Er wird ihn schon noch umbringen. Lass ihn Zeit. Es ist auch nicht einfach für ihn. So viel wie ihm der Junge bedeutet. Es wundert mich eh, dass er die Hypnose überhaupt angenommen hat. Anscheinend sind seine Gefühle noch von Zweifeln durchdrungen. Anders hätte ich ihn dazu nicht bringen können.“
Cido konnte den Worten keinen Glauben schenken. Wie sollte er dem Kämpfer etwas bedeuten, wenn sie sich nicht einmal einen Tag kannten? Und vor allem nach all den Gemeinheiten, die er ihm ins Gesicht gebrüllt hatte? Dennoch kam die Klinge nicht näher und der Blick blieb unverändert auf dem Jungen liegen. Warum tötete er ihn nicht? Man hatte es ihm doch befohlen.
Langsam begann das Metall zu zittern und Tränen rannen über die Wangen des Kämpfers, wodurch auch Drako unruhig wurde. Er streckte seinen Kopf fragend nach zu den Zwei aus: „Was ist los? Warum bringst du es nicht zu ende, Xenio? Hast du schon vergessen, wie er dich beschimpft und verstoßen hatte? Du hast keinen Grund mehr ihn am Leben zu lassen.“
Die Tränen versiegten und die Hand legte sich enger um den Schwertgriff, bevor das Zittern erlosch und Xenio zum Schlag ausholte.
Die Klinge wollte er gerade auf den Jungen zurasen, als die ersten Sonnenstrahlen über das Land hereinfielen und die Bewegung des Kämpfers stoppten, als man schon die Flüche der Schwarzen hörte: „Nein, nicht jetzt. Hätte sie nicht noch eine Sekunde warten können?“
„Ruhig Blut, Falco. Wir kommen einfach in der nächsten Nacht wieder und bringen zu Ende, was wir begonnen haben“, sprach der Drache erneut beruhigend auf seinen Freund ein, bevor sie dann zusammen einfach verschwanden.
Xenios Augen gewannen langsam wieder an Leben und im nächsten Moment sah er den Jungen irritiert an. „Cido?! Was machst du hier? Und warum bin ich hier? Ich war doch schon weitergegangen und dem Drachen begegnet. Wo ist er? Sollte bei dir nicht auch einer der Herrscher sein?“
Doch der Junge reagierte nicht, wodurch Xenio die Klinge fallen ließ und sich zu diesem kniete. „Cido? Was ist los mit dir? Es ist alles gut. Ich bin wieder ich selbst. Es tut mir Leid, dass ich die Kontrolle über mich verloren habe. Aber es ist noch einmal alles gut gegangen. Bitte verzeih mir meine Schwäche.“
Sanft legte er eine Hand auf die Schulter des Jüngeren, doch es kam immer noch keine Reaktion, wodurch er damit begann ihn durchzuschütteln. „Cido! Cido! Hörst du mich?! Es ist alles wieder gut! Du musst dich nicht mehr tot stellen!“
Langsam schien der Geist in den Körper zurückzukehren, wodurch Cidos Augen wieder mit Leben erfüllt wurden und im nächsten Moment schmiss er sich verzweifelt um den Hals des Kämpfers, um hemmungslos zu weinen.
Xenio wusste nicht, was mit ihm geschah, wodurch er den Jungen gewähren ließ. Er kannte solche Situationen nicht. Darum ließ er sich einfach als übergroßes Taschentuch missbrauchen und hoffte, dass sich Cido irgendwann von selbst wieder beruhigte.
Der Wind wehte sanft über sie hinweg und nahm die Kälte der Nacht mit sich, während sich die Sonne immer weiter den Horizont empor kämpfte und die Welt in ein mystisches Rot tauchte. Nach und nach begann die Welt zu erwachen und die Stille mit Geräuschen zu erfüllen, wie das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter.
Nach einer schieren Ewigkeit drückte Xenio Cido langsam von sich und sah den Jungen ruhig an. „Es ist alles gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Komm, wir gehen in das nächste Dorf. Es ist nicht mehr weit. Dort können wir uns ausruhen und überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen. Wir brauchen beide Schlaf.“
Noch einmal ging ein Beben durch den zierlichen Körper, bevor Cido dann nickte und sich langsam mit Xenio erhob, der ihm sanft eine Strähne aus dem Gesicht strich, wobei der Jüngere die Hand des Kämpfers fast augenblicklich von sich schob. Er mochte es nicht, wenn man ihn so berührte.
Der Blonde ließ es geschehen und wandte sich dann in die Richtung ihres Ziels, das weiter im Westen lag, bevor er den Jüngeren noch einmal anlächelte und dann losging. Cido setzte sofort zur Verfolgung an, denn auch wenn er es niemals zugeben würde. So wollte er den Schutz des Kämpfers nie wieder missen…
„Warum bist du vorhin zurückgekommen? Und dann auch noch als Verbündeter der Feinde! Du bringst mich immer wieder auf die Palme mit deinem widersprüchlichen Verhalten! Ich dachte, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Dann stehst du plötzlich vor mir und willst mich auch noch umbringen!“, begann Cido plötzlich zu wüten, wobei Xenio sich davon nur bedingt beeindrucken ließ: „Ich hab dir doch gesagt, dass ich keine Kontrolle über mich hatte und außerdem finde ich es witzig wenn du wütend bist. Dann kommt Leben in deine sonst so traurigen Augen. Das gefällt mir. Doch ich kann dir nicht sagen, ob ich freiwillig zurückgekommen wäre.“
„Wie? Du weißt es nicht? Das ist wohl nicht dein Ernst. Du kannst mich nicht im Stich lassen. Das ist gegen deine Natur. Schließlich bin ich doch so etwas wie eine Familie für dich“, begehrte Cido sofort auf. Doch Xenio schwieg, was die Verzweiflung in den Jungen schürte und im nächsten Moment flatterte seine Stimme vor Angst: „Warum sagst du nichts? Du kannst mich nicht alleine lassen. Was machst du wenn ich sterbe. Das könntest du dir niemals verzeihen.“
Man hörte, dass der Junge gerne hinter seinen Worten gestanden hätte, doch dazu war die Angst zu groß, dass er sich in den Kämpfer geirrt haben könnte. Als jedoch ein breites Grinsen auf die Lippen des Blonden erschien, entspannte sich der Junge ein wenig.
Ja, Xenio konnte es nicht zulassen, dass sein Begleiter starb. So wie es auch Cido nicht zulassen könnte. Sie wussten nicht einmal woher dieses Verlangen kam, doch es war da und egal wie sehr sie sich wünschten, dass sie nicht so aneinander gekettet wären. Sie konnten es nicht ändern.
„Warum schweigst du? Jetzt sag doch endlich etwas. Du wärst doch freiwillig zurückgekommen, oder?“, versuchte es Cido weiter, wodurch Xenio seufzte und sich genervt eine Strähne aus dem Gesicht strich: „Ich hab es dir doch schon gesagt! Was willst du noch hören? Willst du hören, dass ich dich hasse? Dass mir deine andauernden Wutattacken auf den Sack gehen? Sag mir nur eines: Ich soll dich immer wieder retten, aber darf niemanden töten oder gar verletzten! Wie in aller Welt soll ich das anstellen?!“
Sein Blick bohrte sich durchdringend in die Augen des Jüngeren, wodurch Cido schwer schluckte, bevor er nervös mit seinem Hemd zu spielen begann: „Ich… ich…“
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