Thomas Manderley
Die Sternenschnüffler
Privatdetektei, Falken-Station, 3476A-23
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Inhaltsverzeichnis
Titel Thomas Manderley Die Sternenschnüffler Privatdetektei, Falken-Station, 3476A-23 Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
Impressum neobooks
„Scheiße! So eine Scheiße!“, schrie Lora durchs Büro. Sie saß vor ihrem Computerterminal und sah mit einer Mischung aus Zweifel und Verzweiflung auf den vor ihr rot aufleuchtenden Screen mit der ihr wohl bekannten Fehlermeldung „Fatal error – System stopped!“. Auch die auf ihren Schreibtisch projizierte Tastatur verschwand auf nimmer Wiedersehen. „Ich glaub‘ das nicht, NEIN!“, schrie Lora weiter.
Sandra, Loras Kollegin, tauchte hinter der Zwischenwand zum benachbarten Arbeitsplatz des Großraumbüros auf und sah mit sensationsgeilen Augen auf Lora nieder: „Was ist los? Ist was passiert? Du schreist ja, als ob man Dich abschlachten würde, oder so was in der Richtung.“
Lora sah nach oben, aber selbst der Anblick des wilden Haarschopfes ihrer Kollegin, der mit seiner scheußlich knallroten Farbe Lora normalerweise zum innerlichen Schmunzeln brachte, verbesserte ihre Laune nicht im Geringsten: „Ich hasse dieses System! ICH HASSE ES! Ich hab‘ schon wieder einen Fehler in der Software! Dieses Scheißding rechnet nur Mist und dann stürzt Alles ab.“ Lora konnte ihre Gesichtsfarbe kaum beibehalten: „Ich habe nur 10 Einheiten in die erste Tabelle und 8,8 in die zweite Tabelle eingetragen - Alles bestens. Kannst Du mir dann sagen, warum ich hier einen Absturz bekomme? Ich hab‘ nichts falsch gema ... Doch, ich hab‘ was falsch gemacht. Ich habe den ganzen Mist nicht gesichert. So eine Scheiße!“ Lora schlug mit der Faust auf den Tisch. Der Knall und das Scheppern des Löffels in der Kaffeetasse auf ihrem Schreibtisch schallten durchs gesamte Büro.
„Ist mir auch schon mal passiert. Aber ich habe nicht so herumgeschrien. Gleich taucht wieder der ‚Motz‘ auf und erklärt Dir, was Produktivität und Kollegialität sind.“ Und damit verschwand Sandra wieder hinter der Trennwand. Nur ihr roter Haarschopf leuchtete von Zeit zu Zeit und auch nur für einen Moment dahinter auf und wackelte hin und her wie in einem Marionetten-Theater.
Jetzt huschte Lora doch ein kurzes Lächeln über die Lippen und zerstreute ein wenig ihre angestaute Wut. Sie atmete kurz durch, um sich wieder zu beruhigen, doch das Ganze war nutzlos, denn da stand auch schon der besagte ‚Motz‘ neben ihr.
„Oh, Herr Jones, guten Tag!“, säuselte Lora und sah langsam an ihrem Chef hinauf: Vom deutlich zu eng gewordenen, braunen Anzug mit der zu kurz gebundenen Krawatte, über den Rest einer Tätowierung, die seitlich an seinem Hals zu erahnen war, bis zu den tiefen Augenringen, die seinem Gesicht diesen müden, ausgelaugten Charakter verliehen. Loras Blick studierte das Gesicht ihres Chefs ausgiebig, wie sie es so oft tat, egal wer da vor ihr stand und selbst in den wirklich unpassendsten Situationen. Lora versuchte dabei, die gesamte Lebensgeschichte einer Person zu lesen, und starrte ihr Gegenüber oft minutenlang an, ohne ein Wort zu sagen.
Doch dieses Mal fand Lora allein zurück in die Realität und plapperte drauf los: „Bitte entschuldigen Sie meine kleine Indiskretion und ... Oh Sie haben eine neue Brille! Steht Ihnen sehr gut. Sie passt gut zu Ihrer Krawatte und ach, Herr Jones, Sie haben da einen Fleck auf dem Hemd. Darf ich Ihnen kurz helfen?“
Lora nahm ein Taschentuch, spuckte darauf und wollte aufstehen, doch ihr Chef legte die Hand auf ihre Schulter und schob sie zurück in Ihren Sessel.
„Na gut, machen wir das später. Wie geht es Ihrer Frau? Hat sie noch den Laden auf der Falkenstation?“
Aber so sehr sich Lora auch bemühte: Ihre Versuche, eine Konversation zu beginnen, verpufften wirkungslos, denn Herr Jones sah nur starr und wortlos auf sie herab. Also wechselte Lora ihre Taktik: Sie wandte sich wieder ihrem Terminal zu, senkte ihren Blick auf den Tisch hinab und sagte mit leiser Stimme: „Tut mir leid, kommt nicht wieder vor!“
Lora schielte, so gut es ging, mit ihren Augen zur Seite in der Hoffnung, dass ihr Chef wieder in den unendlichen Weiten des Großraumbüros verschwunden wäre, doch der stand nach wie vor an Ort und Stelle und nuschelte boshaft: „Zum Geschäftsführer, sofort! Ich werde Sie begleiten, wenn Sie nichts dagegen haben.“ Lora stand auf, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und machte sich auf den Weg.
„Und Sie arbeiten besser weiter, oder wollen Sie, dass ich Ihnen eine Stunde ‚blöd glotzen‘ vom Gehalt abziehe?“, herrschte Herr Jones in Richtung des benachbarten Arbeitsplatzes, wo Sandra wieder hinter der Zwischenwand aufgetaucht war.
Lora ging mit möglichst leisen, unauffälligen Schritten und starr auf den Boden gerichtetem Blick den Gang zum Büro des Geschäftsführers hinunter. Sie bemerkte das Tuscheln und die Blicke ihrer Kollegen, doch sie wagte es nicht, aufzusehen. Stattdessen hangelte sie sich mit ihrem Blick am antiquierten Zick-Zack-Muster des Büroteppichs entlang, aber dies schien endlos zu sein. Als sie sich dann der Bürotür näherte, stiegen ihr Blutdruck und ihr Puls so rasend an, dass ihre Hände zu zittern begannen, auch wenn Lora versuchte, es irgendwie zu unterdrücken.
Kurz vor der Tür hielt sie inne und trotz allen Bemühens, sich zu beherrschen, begann sich ihre Haut langsam gelb zu verfärben. Lora atmete tief ein und aus, während sie sich eintausend und eine Methode überlegte, wie sie sich unauffällig aus dieser Situation befreien könnte: Feueralarm, wild um sich schlagen, einfach wegrennen, aber Herr Jones, der ihr dicht gefolgt war, schob sich einfach an Lora vorbei und öffnete, ohne zu zögern die Tür.
Der Geschäftsführer saß hinter seinem Terminal und tippte im Zwei-Finger-Adler-Such-System auf der vor ihn projizierten Tastatur herum. Die Luft in dem kleinen Büro war zum Schneiden dick und im Aschenbecher auf dem chaotisch organisierten Schreibtisch lagen etwa zwei Dutzend Zigarilloreste, die einen unangenehm stechenden Geruch verbreiteten. Loras Blicke wanderten neugierig, aber unauffällig im Büro umher: Vom Bücherregal, dass unter der Last von Ordnern, Papierstapeln und Staub fast zusammenbrach, hinüber zum fleckigen Kaffeeautomaten, der genau hinter dem großen Schreibtisch stand, und weiter zum Fenster, in dem eine gottgestrafte Pflanze ihr tristes Dasein fristete. Lora fühlte einen bitteren Geschmack auf der Zunge und konnte zunächst nicht ausmachen, ob dies das Resultat des Rauchs oder des Anblicks dieses ungepflegten, hageren Menschen dort hinter seinem klebrigen Schreibtisch war.
Herr Jones hustete kurz in seine Hand und hatte Erfolg: Der Geschäftsführer blickte auf und sah Lora mit weit geöffneten Augen an. Nach einer kleinen Weile, in der er nicht die geringste Bewegung ausgeführt hatte, sagte er: „Ach ja Frau ... Nyrasis, ist das richtig? Sie arbeiten noch nicht so lange hier. Zwei Wochen? Ist das richtig?“, und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: „Nun ja, wie soll ich sagen? Vier schwere Systemfehler in zwei Wochen, keine Aussicht auf Integration ins Team, lautes Fluchen im Büro, schwere Beschädigung des Getränkeautomaten in der Cafeteria ... den Rest kennen Sie ja, können wir uns also sparen!“ Er zündete sich einen neuen Zigarillo an und bereits der erste, hastige Zug ließ Lora innerlich zusammenzucken.
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