Das klang zwar noch nicht ganz eindeutig … aber womöglich begriff Steffi es dennoch.
»Ah verstehe.« Sie richtete sich auf. »… Das bedeutet dann: höchstens drei Ex-Freunde.«
Wie jetzt?!
»Du glaubst, ich stünde lediglich mit drei Leuten in engerem Kontakt?«
Sie kicherte. »Das hast du gesagt!« Etwas leiser fügte sie hinzu: »Du Eremit.«
…
Blöde Schnepfe!
»Wenn du mir auf diese asoziale Weise kommst, Steffi, dann sage ich gar nichts mehr.«
»Hey! Zick nicht rum! Du bist Einzelgänger. Das ist eine Tatsache.«
Er begutachtete die lineare Holzmaserung des Tresens. »Aus einem einfachen Grund: Mit diesen gesellschaftlich unfähigen Leuten komme ich nicht zurecht.«
Er war regelrecht dazu gezwungen worden, sich von der Allgemeinheit abzukapseln. Menschen wie seine Wenigkeit wurden ignoriert, oder im günstigsten Fall beleidigt, verarscht oder angefeindet. Deshalb sollte es wenigstens mit einer Partnerschaft klappen. Er wollte eine Frau, die sich ein Leben mit ihm aufbaute – keine mauerverbeißende, hinterfotzige Drecksschlampe, die ihm das gemeinsame Leben zerstörte!
»Das heißt somit«, fasste Steffi seine Äußerung nochmals zusammen. »Sie soll wenige Beziehungen hinter sich haben.«
Langsam wandte er sich ihr zu. »… Noch besser wären gar keine.«
Verfickte Scheiße!
Warum hatte er das gesagt?! Verfluchter Alkoholspiegel! Morgen würde er sich dafür verteufeln!
Nein.
Das tat er längst!
Scheiße …
Er suchte nach irgendwelchen Anzeichen – Unverständnis, Spott, Hohn … doch alles, was Steffi tat, war ihre Augen minimal zu weiten.
»Eine Jungfrau?«, erwiderte sie sachlich – womit er ungleich weniger gerechnet hatte. »Verstehe … Das ist leider ziemlich selten heutzutage. Besonders in deinem Alter … Und eine Minderjährige? Na, ich weiß nicht.«
Er hielt die Hände von seinem Körper weg. »Hey! Ich bin nicht pädophil!«
»Das weiß ich wohl … aber ab zwanzig aufwärts wirst du keine unberührte Frau mehr antreffen. Und wenn doch, hat die bestimmt mächtig einen an der Klatsche oder ist, wie du vorhin sagtest, hässlich wie die Nacht finster.«
Seine Hoffnung verging wie ein mickriges Salatpflänzchen in der heißen Augustsonne.
»Meinst du? Ist Jungfräulichkeit so selten geworden?«
Sie überlegte etwas. »Warte mal … Eine kenne ich. Sie sieht sogar ziemlich passabel aus. Sie meint, sie wolle auf den Richtigen warten.«
Traceys Herz begann zu klopfen. »Dann habe ich doch Chancen!«
Diesen Irrsinn noch nicht gänzlich ausgesprochen, schlug der eiskalte Blitz der Erkenntnis in seine Magengegend.
Verdammte Scheiße!
Niemals hatte er seine Vorliebe bezüglich unberührter Frauen offenbaren wollen – immerhin war dies die törichte Fantasie eines naiven Idioten … unerfüllbar, infantil, restlos behämmert!
»Schon …«, erwiderte Steffi. »Allerdings nicht so oft, wie du es gerne hättest.« Sie trank einen Schluck Wasser. »Glaube mir, das wird sicherlich nicht einfach werden.«
Die Fassung zurückerlangt und einen Schluck Bier getrunken, versuchte er, seinen kleinen Gefühlsausbruch zu überspielen. »Ich habe nie davon gesprochen, eine Jungfrau in der Realität anzutreffen und zu daten. Wir sprechen über Träume, vergessen?«
»Aber liegt dir verdammt viel daran … deiner Reaktion zufolge.« Steffis verschmitztes Lächeln jagte ihm einen kalten Schauer über den Körper. »Und nun zurück zum Thema. Gibt es sonst noch etwas, das sie auszeichnen soll? Ein Beruf zum Beispiel oder eine weitere charakterliche oder körperliche Eigenschaft?«
Da brauchte er nicht lange zu grübeln.
»Wenn es lediglich um eine verrückte Fantasie geht –«
»Ja-ha, das habe ich dir doch gesagt, oder?«, unterbrach sie ihn sichtlich ungeduldig. »Red einfach geradeheraus – nicht die ganze Zeit um den heißen Brei … wie ein verklemmtes Weib.«
Er brummte. »Okay, schon gut, schon gut.« Er zögert etwas. »Lehrerin oder professionelle Turnerin – und ungeküsst sollte sie sein.«
Nun brachte Steffi das erste Mal echte Verwunderung zum Ausdruck. »Jungfrau und ungeküsst? Das ist aber eine verdammt altmodische Einstellung.«
»Hey!« Tracey setzte sich gerader hin. »Du wolltest es wissen!«
Ein verspielt-neckisches Grinsen huschte über ihre vollen Lippen. »Das stimmt … Trotzdem habe ich mit einer solchen Neigung deinerseits nicht gerechnet.« Sie schwenkte ihren Kopf hin und her und warf ihm schlussendlich einen undefinierbaren Blick zu. »Aber Lehrerin … Ich will nicht wissen, wie deine Fantasien da mit dir durchgehen.« Sie leerte ihr Whiskeyglas. »Ein langes Lineal, mit dem sie dir den Arsch versohlt?«
Er funkelte sie an. »Ich stehe nicht auf ›Fifty Shades of Grey‹, unbedeutend welche Position ich dabei einnehmen würde!«
Weitere Vermutungen ließen nicht lange auf sich warten. »Ein zugeknöpftes Outfit? Bieder und altmodisch?« Dies kundgetan, folgte sogleich der längst überfällige Seitenhieb. »Genau wie du?«
»Steffi!«
»Aber dann, wenn ihr beide alleine im Klassenzimmer seid, zeigt sie dir, wie verdorben sie wirklich ist.«
Hitze erfasste ihn.
Verflucht.
Verflucht.
Ja!
Ja!
Exakt ein solches Szenario hatte er sich dutzende Male ersonnen.
Eine hochgeschlossene Bluse … doch anstatt eines langen Faltenrocks tröge sie einen hautengen Minirock, da ihr sexuelles Verlangen längst schmerzhafte Ausmaße angenommen hatte … sie endlich ausgefüllt, geführt und benutzt werden wollte – von ihm. Ausschließlich von ihm.
…
Er träte hinter sie und schöbe in aller Gewissenhaftigkeit den dunkelblauen Rock hoch. Verängstigt dennoch schier blind vor Lust würde sie ihren Oberkörper auf ihren pingeligst zusammengeräumten Bürotisch lehnen … die Beine gespreizt, das Herz rasend, die perfekt manikürten Finger um den Tischrand geklammert …
Eine ruckartige, gekonnte Bewegung – und ihr dunkelroter Spitzenstring glitte zu Boden … Ein verschüchtertes Japsen, ein Aufzittern ihres Leibs … Seine sich um ihre grazilen Hüften legenden Hände … Und seine stramme, tief in ihren nassen, glühenden, engen Schoß dringende, vor Geilheit pochende Männlichkeit …
»Jungfräuliche Lehrerin?«, riss Steffi ihn aus seinen heißmachenden Vorstellungen.
Er nickte gedankenverloren.
»Die ihre ersten sexuellen Erfahrungen in ihrem eigenen Klassenzimmer macht?«
Verdammt, ja! Was denn sonst? Das war einer seiner zahllosen Träume. Oder dieser hier: Sie seinen Namen hilflos-beschämt wimmernd, währenddessen er sie in seinen Armen hielte und mit seinen Händen behutsam verwöhnte.
…
Himmel, Arsch!
Wenn er seinen Träumen nicht bald Einhalt gebot, bekäme er noch in aller Öffentlichkeit einen verdammten Ständer!
»Jetzt ist aber gut, verdammt!«, schimpfte er und zwang sich, die hochschäumende Erregung zu verscheuchen.
»Ich habe bloß überlegt, was du dir vorstellen könntest«, konterte seine beste Freundin unschuldig.
»Ja, und genau das wollte ich verhindern.«
Sie lehnte ihren rechten Unterarm gegen den Tresen und bedachte ihn verständnisvoll. »Du kannst dir sicher sein: Ich werde es niemandem verraten.«
»Ich hoffe es … Und versuche erst gar nicht, mir ein Rendezvous zu verschaffen!«
Eine hässliche, durchgeknallte Jungfrau war das Letzte, das er daten wollte!
Steffi verfiel in ein herzliches Gelächter.
Sämtliche seiner Alarmglocken schrillten.
Wenn er sich nicht gänzlich täuschte, steuerte er auf ein neues Desaster zu. Dafür, da war er sich sicher, würde diese Verrückte schon Sorge tragen!
Früher oder später.
Was für’n verdammter Scheißtag!
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