»Weil ich es nicht kann!«, fauche ich ihn an. »Okay? Wie soll ich mich zwischen euch entscheiden, wenn ich weiß, dass jeder von euch meinen Untergang bedeuten kann?«
Für einen Moment bleibt seine Miene glatt und undurchschaubar. »Diese Scheiße habe ich nur fürs Spiel gesagt. Niemand von uns will deinen Untergang. Wir alle wollen … dich.«
Angespannt halte ich den Atem an.
»Warum bist du bei mir mitgefahren?«
»Die Limousine bietet genügend Platz, um sich auszuziehen.«
»Ah«, sagt er und lehnt den Kopf zurück. Dass sein Oberkörper komplett nackt ist, macht die Situation nicht gerade erträglicher. »Ich dachte schon, du würdest mich vorziehen.«
»Nein.«
»Schade.« Seine Mundwinkel zucken, aber ich bekomme das Gefühl, dass er künstlich lächelt. Als würde er mir vorgaukeln wollen, es würde ihn nicht verletzen. »Stört es dich, wenn auch ich mich ausziehe?«
Ich presse die Lippen zusammen und schüttle den Kopf.
Als seine Hände zu seinem Gürtel gehen und er ihn langsam öffnet, spüre ich, dass es mich doch stört. Weil es mich nicht kaltlässt. Ich hatte gerade Sex mit ihnen. Danach ist die Villa eingestürzt. Ich bin Eleanore begegnet. Und trotzdem starre ich auf seinen Schritt, als würde ich es kaum erwarten können, dass er endlich wieder nackt ist?
Wie in Zeitlupe öffnet er seinen Reißverschluss, dann schiebt er die nasse Hose von seinen Schenkeln.
Es ist erbärmlich, wie sehnsuchtsvoll mein Körper reagiert. Als gäbe es nur einen einzigen Männerkörper, den ich berühren kann, will und muss. Meine Fingerspitzen kribbeln, meine Mitte flammt auf. Jaxon macht weiter. Schiebt seine Shorts mitsamt seiner Hose hinunter, entblößt seinen Schwanz und wirft beides zusammen zu Boden.
Während er mich fixiert, wächst seine Lust unter meinem Blick an.
Mein Atem verflüchtigt sich, die Luft um uns herum wird gefühlt dünner, und mir fällt nichts Besseres ein, als den Anblick zu genießen.
Jaxon ist einfach zu perfekt. Alles an ihm ist perfekt und unwirklich schön.
Nackt und unbedeckt bleibt er vor mir sitzen. Zwar arbeitet die Heizung des Autos bereits auf Hochtouren, aber ich sehe trotzdem, wie sich die Härchen auf seiner Haut aufstellen.
»Was glaubst du , wer die Pfeiler der Wasservilla gesprengt hat?«, frage ich wispernd.
Sein Blick verdunkelt sich. »Jemand, der nichts mehr zu verlieren hat, wenn er ausgerechnet die Nachkommen der reichsten und einflussreichsten Familien angreift.«
»Wer könnte das sein?«
»Mir fallen einige ein. Zum Beispiel jemand wie du. Jemand, der trotz allem nach Kingston zurückkehrt, weil er keine andere Wahl hat.«
Damit liegt er nicht falsch. »Wirst du jemals damit aufhören? Das Leben anderer zu zerstören?«
»Gefiel dir nicht, wie ich Rachel und die drei Flachwichser auf der Party vor allen zerpflückt habe?«
»Es hat mich daran erinnert …«
»Was?«, fragt er mit Ärger in der Stimme. »Kannst du bitte deine Sätze beenden?«
»Ich musste auf der Party daran denken, wie ich es war, die du derart vorgeführt hast. Wie du es mit mir getan hast. Vor allen.«
Jaxons Lippen bleiben für eine ganze Weile stumm. Schließlich spricht er leiser als zuvor. »Wie schlimm fandest du es wirklich?«
Ich atme bebend ein.
»Es hat dich ganz schön gefickt, hm?«
»Das war doch dein Plan, oder?«
»Definitiv.« Sein Blick ruht auf meinen Augen, und es fällt mir schwer, ihn zu erwidern und nicht immer wieder auf seinen nackten Körper zu starren. »Aber ich habe das nicht alleine entschieden.«
»Sondern?«
»Wir alle. Ich wette, ich liege richtig mit der Einschätzung, dass jedem von uns übel wurde, als du im Crowns die Gläser aufgesammelt hast und niemand dir half. Dass es jeden von uns Anstrengung kostete, so zu tun, als würdest du uns nichts bedeuten. Als wärst du wie alle anderen. Müll. Wertlos. Ob eine Dole oder eine Schlampe der Elite, wir würden sie alle vor uns auf dem Boden kriechen lassen. Weil wir es nicht einmal mitbekommen würden, dass sie überhaupt da sind.«
»Und ausgerechnet ich soll das nicht sein? Wertlos?«
»Ausgerechnet du?«, wiederholt er fragend. »Das war doch im Verbindungshaus dein erster Vierer, oder?«
Meine Wangen werden sofort glühend heiß.
»Wenn Sylvian dein fucking erstes Mal war, muss es dein erster Vierer gewesen sein.«
»Und?«
»Nichts, ›und‹. Für uns war es auch der erste.«
»Was?«, frage ich fassungslos.
Jaxon streckt die Beine aus. Ich versuche mir einzubilden, sein Schwanz wäre bedeckt, und konzentriere mich allein auf seine Augen. Und vielleicht noch die Lippen. Seine Lippen sind verdammt schön und … ich vermisse es, sie zu fühlen.
»Wir waren noch nie alle gemeinsam mit einer Frau allein. Wir haben normalerweise mehrere Frauen dabei oder wir sind weniger«, führt er aus. »Oder mit uns sind irgendwelche Bauern im Raum, die sich … nach uns bedienen.«
Ich verziehe das Gesicht.
»Das hört eine Feministin nicht gern, hm?«, fragt er schmunzelnd. »Keine Angst. Niemand von den Stümpern wird dich jemals auch nur anrühren , solange ich an dieser Universität studiere. Was ich sagen will …«
»Ja?«, frage ich schnell. Ich will es unbedingt verstehen. Ich will verstehen, warum er nichts von dem, was er mir im ersten Semester angedroht hat, wahr gemacht hat. Wieso er so tut, als würden die Kings mich beschützen wollen, warum Romeo nicht von meiner Seite weicht. Und wenn es nur eine weitere Lüge ist, die Jaxons Lippen verlässt, dann will ich sie unbedingt hören.
»Wir wollten es alle genau so, wie es im Verbindungshaus geschehen ist. Du auch. Und deswegen bist du etwas Besonderes. Und es war dämlich, auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, an unseren Prinzipien festzuhalten und dich wie alle anderen vertreiben zu müssen.«
»Meinst du das ernst?«
»Ja.« Gelassen blickt er mir entgegen. »Du wärst längst nicht mehr du selbst, wenn es anders wäre. Normalerweise hätte ich dein Herz herausgerissen und es auf dem Boden zertrampelt nach dem, was du im letzten Semester getan hast.«
»Warum macht ihr das alles überhaupt? Geht es euch wirklich nur um Spaß? Ihr wollt die Stipendiatinnen loswerden, weil ihr es könnt? Weil sie nicht nach Kingston gehören? Das ist der einzige Grund?«
Jaxons Kiefer verspannt. »Nein. Da steckt mehr dahinter. Aber die meisten Frauen aus den unteren Schichten sind Rachels. Niederträchtige, psychotische Weiber mit einem Hang zur Kriminalität. Ich hatte nie ein schlechtes Gewissen dabei, ihnen die Lehre ihres Lebens zu erteilen.«
»Aber nur weil vielleicht viele so sind, kannst du doch nicht pauschal alle … «
»Du siehst doch, dass ich es kann«, schneidet er mir das Wort ab. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt, was einmal mehr zeigt, wie muskulös er ist. Gott, wieso muss er so gut aussehen und solche furchtbaren Dinge sagen?
»Aber wie soll dich so jemals jemand mögen?«, frage ich verzweifelt. »Wenn du so … bist.«
»So ein Arsch?«
»So arrogant, selbstverliebt, ekelhaft, abtrünnig, gemein …«
»Vielleicht will ich ja niemandem gefallen? Nur derjenigen, die hinter meine Fassade blicken kann?« Sein Blick wird so intensiv, dass ich die Decke enger um mich schließe, weil es mich fröstelt.
Hinter seine Fassade blicken. Ja, das wäre gut. Wenn ich das könnte.
Aber kann ich es?
Werde ich jemals einen Blick auf den wahren Jaxon Tyrell erhaschen? Oder kann ich für immer nur meiner Intuition vertrauen?
»Ich muss dir etwas … sehr Dunkles gestehen«, flüstere ich.
Seine Augen ruhen auf mir, und ich schaffe es nur mit viel Mut, seinen Blick zu erwidern. »Und was?«, fragt er interessiert.
»Wenn nicht ich das Opfer bin, ist es …«
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