Außerdem erwartet der Aggressor wie selbstverständlich, dass andere bereits wissen, was er möchte. Eine zufriedenstellende Lösung für ein Problem zu finden, ist daher nur selten möglich. Kommt es zu heftigen Diskussionen, ist ein klärendes Gespräch schnell beendet.
Die Ausführungen der Partnerin werden kaum angehört und noch weniger zur Kenntnis genommen. Kritisiert sie ihn, drehen sich seine weiteren Gesprächsinhalte nur noch um ihr fehlerhaftes Wesen. „Du bist zu nervig.“ „Du bist anstrengend.“ „Du bist krank.“
Wenn nichts anderes hilft, verdreht er ganz offen die Tatsachen und weicht aus. Die folgenden Beispiele beschreiben diese seltsame Kommunikation.
„Beachte mich!“
Beide sehen sich zusammen einen Film an. Der Aggressor langweilt sich und will die Zeit anders verbringen. Sie möchte den Film bis zum Ende sehen, weil sie das Thema interessiert. In seinen Augen eine Zurückweisung. Der Film scheint ihr wichtiger zu sein als seine Person. Nach Ende des Films ignoriert er deshalb die Partnerin und wendet sich ab. Über seine Gründe spricht er nicht, aber die Partnerin sieht natürlich den Zusammenhang. In gemeinsamen Gesprächen bestreitet er diesen und stellt sich unwissend.
Sein Liebesentzug wirkt noch lange nach und die Partnerin wird sich beim nächsten Mal gut überlegen, ob sie einen Film tatsächlich bis zum Ende anschauen will, falls er sich uninteressiert zeigt.
ein anderes Beispiel:
Er möchte nicht, dass die Partnerin Umgang mit ihrem Ex-Partner hat. In der Folge bringt er dieses Gefühl nicht deutlich zum Ausdruck, sondern nutzt seinerseits völlig überflüssige Besuche bei seiner Exfrau als Druckmittel. Auch hier erkennt sie den Zusammenhang, aber Ihre eigene Eifersucht steht ihr nun im Weg. Ergebnis: Sie verzichtet freiwillig auf den freundschaftlichen Umgang mit ihrem Ex-Partner und hofft auf Besserung.
Dass sein Besitzanspruch wesentlich größer ist als ihre Eifersucht, kommt niemals zur Sprache. Dass er die Partnerin mit seinem Verhalten bewusst provoziert, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Er wird weiterhin behaupten, seine Exfrau nur aus wichtigen Gründen aufzusuchen. Ihm etwas anderes aufzuzeigen, wäre eine Unterstellung.
„Errate, was ich möchte“
Haushalt und Lebensführung sollen ebenfalls nach seinen Vorstellungen gestaltet werden, selbst wenn es getrennte Haushalte gibt. Ansonsten hat er keine Zeit mehr für die Beziehung oder lässt die Partnerin wissen, dass er sich in seiner eigenen Wohnung wohler fühlt. Diese versucht dem entgegenzuwirken und möchte Kompromisse eingehen. Angesprochen darauf, was ihm tatsächlich in ihrer Wohnung nicht gefällt, kommen jedoch nur zögerliche Aussagen. „Schließlich kann er seiner Partnerin nichts vorschreiben.“ Am Ende des Gesprächs weiß sie trotzdem genau, was sie in ihrer Wohnung verändern wird.
Ergebnis: Da jede eigene Entscheidung anderweitigen Stress bedeutet, wird sie in Zukunft immer weniger Eigeninitiative entwickeln. So behält er die Kontrolle, ohne sie wirklich auszuüben. Erfolgreich bringt er seine Partnerin schon im Vorfeld dazu, vieles richtig machen zu wollen, was in der Realität jedoch nur selten gelingt. Stattdessen hinterlassen seine wagen Andeutungen den Eindruck, niemals gut genug zu sein. Das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, bleibt.
„Mach das, was ich will“
Sollte die Partnerin ihn offen kritisieren oder mit einer persönlichen Forderung an ihn herantreten, wird er deutlicher. Gefällt ihm etwas am Verhalten der Partnerin nicht, weicht er auf verdeckte Übergriffe aus. Hat sie beispielsweise ein Problem mit ihrem Alter, wird er sie zu gegebener Zeit immer wieder darauf hinweisen, insbesondere dann, wenn sie sich in Gesellschaft von anderen zu wohl fühlt. Schmerzhafte Erlebnisse, die ihm anvertraut wurden, verwertet er ebenfalls gegen sie. Auch hier erkennt die Partnerin schnell die Zusammenhänge, ohne sie jedoch beweisen zu können.
Beschwert sie sich oder verlangt eine Entschuldigung, kann die Gesamtsituation verbal entgleiten. Schimpfworte werden eingesetzt, um die Partnerin weiter abzuwerten.
Selbstverständlich ist sie an seinen Entgleisungen selbst schuld und hat die ihr zugefügten Beleidigungen provoziert. Im Zweifel ist sie eine „Schlampe“. Sie ist böse, gemein und faul. „Die Küche ist unordentlich.“ „Die Kinder sind verzogen.“
Ergebnis: Durch die fortwährende Abwertung, schädigt er massiv das Wertesystem der eigenen Partnerin, die sich als immer weniger attraktiv und liebenswert empfindet.
Zur Rechtfertigung seines perfiden Handelns werden teilweise komplizierte und vorgetäuschte Erklärungen abgegeben. Wird er dabei ertappt, reagiert er wütend und erfindet umgehend neue Ausreden. Mit ihnen versucht er wegzudiskutieren, was er unmittelbar vorher noch seiner Partnerin erzählt hat. Fällt der Partnerin auf, was vor sich geht, hat sie eine gestörte Wahrnehmung oder etwas falsch verstanden.
„Ich lüge nicht“
Doch, genauso geht er vor. Er lügt und Lügen werden mit Unwahrheiten beantwortet. Selbst wenn es ganz absurd endet, wird weiter gelogen. Obwohl die verdrehten Tatsachen immer wieder gerade gezogen werden, fühlt es sich für die Partnerin an, als passe eins nicht zum anderen. Logisch kann sie oft nichts vorbringen, da bestimmte Vorgänge so gewesen sein könnten. Damit verwirrt er die Partnerin zusätzlich.
Außerdem lasst er wichtige Details ganz bewusst weg, besonders die, die eine positive Wirkung auf das Opfer hätten. In endlosen Gesprächen gibt er viele Inhalte falsch wieder und übertreibt maßlos die Zusammenhänge.
Seine Meinung dreht sich nach dem Wind und wird so dargestellt, wie es ihm gerade am besten passt. Wahr ist immer nur das, was sich gerade bezahlt macht. Was heute als seine unumstößliche Wahrheit erscheint, kann morgen schon wieder ganz anders sein. Schuld hat grundsätzlich die Partnerin, die nicht zuhört oder sich nichts richtig merken kann. Da er in Wirklichkeit seine eigenen Aussagen nicht mehr nachvollziehen kann, entsteht nicht nur bei ihr das Gefühl, dass er sehr wankelmütig ist. Seine Realität ist die, die er gerade braucht.
Seine Erinnerungen weichen deshalb ganz beträchtlich von denen der Partnerin ab. Da niemand die Echtheit seiner Erinnerung beweisen kann, kann die Partnerin kaum argumentieren und selten widersprechen. Sie bleibt mit einem Gefühl der Hilflosigkeit zurück. Weitere Lügen könnten wahr sein und alles ist verdreht.
Da er von sich auf andere schließt, unterstellt er der Partnerin ebenfalls zu lügen. Ihm käme niemals in den Sinn zu vermuten, dass diese bei der Wahrheit bleibt!
verdeckte Angriffe und Ungerechtigkeiten
Natürlich hat der Aggressor auch seine guten Seiten! Aber in jeder seiner guten Taten, steckt meist auch ein versteckter Angriff. Dieser wird zwar wahrgenommen, findet aber im logischen Denken der Partnerin oft keinen Platz, da die gute Tat eindeutig im Vordergrund steht.
einige Beispiele:
Obwohl er die Partnerin unbedingt heiraten will, sendet er unklare Signale, die sie daran zweifeln lassen. Er genießt es, die Unsicherheit des Opfers zu schüren. Er beleidigt und kritisiert die Partnerin und sagt ihr gleichzeitig, dass er sie unendlich liebt.
Wenn er gute Laune verbreitet, verkündet er trotzdem, dass es ihm schlecht geht. Handlung und Ausdruck passen oft nicht zusammen. Er lässt die Partnerin im Ungewissen oder spielt mit ihren Gefühlen.
Um dem entgegenzutreten, versucht die Partnerin nun ihrerseits etwas zu interpretieren, was nicht zusammenpasst. Das Opfer passt sein Denken an, damit Aussage und Handlung wieder zusammenfinden, aber ein genereller Zweifel bleibt. Selbst wenn er äußert, dass er seine Partnerin liebt, bleibt stets ein Zweifel. Die Betroffene investiert zunehmend mehr in die Beziehung und verzichtet auf ihre eigene Wahrnehmung, die manchmal eine ganz andere Sprache spricht.
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