1 ...7 8 9 11 12 13 ...20 Markus sah ihm wehmütig nach. Plötzlich hielt Dux inne – und vor seinen Augen verwandelte er sich in Sekundenschnelle in einen bildschönen Jungen, etwa 10 Jahre alt!
Markus stand wie eine Bildsäule da – Mund und Augen weit offen. Der Knabe hob die Hand und winkte ihm zu, bevor er aus seinem Blickfeld verschwand. „Für immer?“
Markus musste dieses Erlebnis erst einmal verarbeiten.
Danach spazierte er in der entgegengesetzten Richtung weiter.
Bald traf er auf eine Wendeltreppe. Metallene Stufen, aus einem Material, das er nicht kannte, führten nach unten und nach oben.
Er entschloss sich, eine Etage tiefer zu gehen. Hier gab es keine separaten Räume wie in der Etage, aus der er kam. Vom Zylinder im Zentrum des Ufos bis zur Außenhülle war alles ein offener Raum, nur von tragenden Säulen unterteilt. An der Bordwand befanden sich große Bullaugen, wie er sie von Schiffen kannte.
Markus staunte, dass hinter den meisten Fenstern, die wegen der flachen Scheibe des Ufos einen direkten Blick nach unten ermöglichten, Menschen standen, die wie elektrisiert herausschauten.
Markus setzte seinen Erkundungsgang zwischen den eintönigen grauen Metallwänden fort und entdeckte über einer geschlossenen Tür, die in das Innere des zentralen Zylinders führte, ein symbolisches Ornament: Den Baum des Lebens aus der Mythologie, aber ohne Schlange. Als er dastand und nachdachte, was dieses Symbol bedeuten könnte, kam ein großer Alien, ein sympathischer junger Mann mit braunen Haaren, goldbrauner Hautfarbe, bekleidet mit einer hautengen blauen Uniform und schwarzen Schuhen, des Weges. Er hatte eine besondere Ausstrahlung.
Markus sprach ihn an und fragte nach der Bedeutung dieses Symbols. Zu seiner Überraschung antwortete der Alien in reinem Hochdeutsch:
„Dass wir wenigstens teilweise die gleichen Ahnen haben.“
Dann ging der Fremde weiter. Markus hatte ihn die ganze Zeit in die Augen geschaut. Sie waren groß und unterhalb der Augenwinkel verbreitert. Er hatte den Eindruck, als könnte sein Gegenüber gleichzeitig von vorn und von der Seite sehen …
Markus gesellte sich jetzt zu den Menschen, die an den Bullaugen des Ufos standen und wie gebannt auf die Erde unter ihnen starrten. Die meisten waren aufgeregt, andere wie von Sinnen oder total apathisch. Kleine Kinder, die wie Puppen aussahen, schrieen nach ihren Müttern.
Es war das reinste Sprachengewirr, das ihn umgab.
„Die Alien hatten demnach Menschen verschiedener Kulturen und Hautfarbe, jeden Alters – ob Männlein oder Weiblein – vom Kleinkind bis zum Greis, an Bord.“
Ein Entführungsopfer, offensichtlich Angehöriger eines vom Aussterben bedrohten Stammes, wollte Markus auf Französisch seine Entführung schildern. Er verstand kein Wort, nur den Namen einer Insel im Pazifischen Ozean, die zum französischen Staatsgebiet gehört.
Weil Markus Höhenangst hatte und noch nie geflogen war, vermied er es, aus dem Fenster zu sehen.
Aus den Reaktionen seiner Mitmenschen schloss er, dass das Ufo längst im Erdorbit schwebte und in geringer Höhe schon mehrere Erdumrundungen hinter sich gebracht hatte.
Seit Anbeginn des Fluges hatte Markus jedes Zeitgefühl verloren.
Zu schaffen machte ihm und den anderen die verbrauchte, stickige Luft im Ufo. Schlimm wurde es, als Rauch die Atemluft verpestete. Markus dachte:
„Ihre Technik scheint, wie bei uns Menschen, nicht perfekt zu sein.“
Als die Alien dieses Problem gelöst hatten, keimte Hoffnung auf, bald irgendwo zu landen …
Das Ufo befand sich auf der Nachtseite der Erde, über Südamerika, als es mit Überschallgeschwindigkeit auf die Erde zu fiel.
Aus purer Neugier hatte es Markus gewagt, aus einem der Bullaugen zu sehen. Er konnte so den Sinkflug des Ufos miterleben.
An der Ostküste des Kontinents waren die nachts hellerleuchteten Großstädte deutlich zu erkennen. Das Ufo näherte sich einer dieser Städte, stoppte kurz und flog dann ein völlig dunkles Gebiet an.
Markus vermutete die Pampa in Argentinien, wo es jetzt Anfang Herbst war.
Im Lichtschein eines starken Scheinwerfers erkannte er eine kleine, abgelegene Farm. Das Ufo landete unweit des Wohnhauses auf einer Rinderkoppel. Drei kleine Alien stiegen an der Unterseite des Ufos aus und gingen auf das Gebäude zu, dessen Bewohner schliefen.
Kurz darauf kamen sie mit der ganzen Familie, den Eltern, zwei halbwüchsigen Jungen und einem Mädchen zurück.
Dann startete das Ufo wieder.
„Markus fragte sich, über welche ausgefeilte Technik die Alien verfügen müssen, um in der Lage zu sein, aus großer Höhe und bei absoluter Dunkelheit zielgenau eine Farm anzusteuern.“
Das Ufo überflog nun in mehreren Tausend Metern Höhe die verschneiten Gipfel der Anden und dann im Zickzack-Kurs den nicht enden wollenden Pazifik.
Über dem Himalaja änderte das Raumschiff seinen Kurs.
Inmitten der dicht bewaldeten und tief verschneiten Taiga in Sibirien, nahe einer Stadt mit Industrieanlagen und einer Bahnstrecke, beamte das Raumschiff einen bei eisiger Kälte schuftenden Gleisarbeiter vom Arbeitsplatz. Hiernach stieg es senkrecht in den Himmel …
Markus faszinierte, wie scheinbar mühelos, fast spielerisch „sein“ Ufo die Schwerkraft der Erde überwindet und sich im Vergleich zu irdischen Flugzeugen und Raketen sehr schnell fortbewegen kann. Ein solches Fluggerät ist ein Wunderwerk der Technik!
Tief beeindruckt von dem, was er aus der Vogelperspektive sah, rührte sich Markus nicht von der Stelle.
Ein Raunen ging durch die Reihen der Menschen, die das Schauspiel der immer kleiner werdenden Erde verfolgten. Der blaue Planet lag wunderschön anzusehen unter ihnen. Die von den Weltmeeren umschlossenen Kontinente in ihren unterschiedlichen Farben waren teilweise von weißen Wolken eingehüllt, während über der Sahara und anderen Wüsten sowie den Trockengebieten der Erde kein Wölkchen die Sicht behinderte. Markus erfreute der Anblick von Grönland, einer schneebedeckten Eiswüste hoch im Norden. Einen tiefen Eindruck hinterließ der durch dichten Dschungel sich schlängelnde Amazonas …
Als einen schmalen, durchsichtigen Saum umgab die lebensnotwendige Atmosphäre den Erdball.
Über dem Äquator, schon weit draußen im Weltall, steuerten die Alien das Ufo in eine Erdumlaufbahn. Wie bei einer Perlenkette aneinandergereiht, schwebten unter ihnen die geostationären Satelliten. In vergleichsweise geringer Höhe über der Erdoberfläche zogen Wettersatelliten von Pol zu Pol ihre Bahn um den Globus. Und schräg zum Äquator umrundete die Raumstation ISS den Heimatplaneten.
Tausende große und kleine Satelliten auf unterschiedlichen Bahnen umkreisten die Erde, oft begleitet von Weltraummüll, der seit dem Start des Sputniks den Erdorbit unsicher macht …
Als sich mehrere kleine graue Alien den entführten Menschen an Bord näherten, gerieten einige in Panik und rannten davon.
Markus konnte ihr Verhalten nicht verstehen. Er fragte eine junge, gut aussehende Frau südländischen Typs, die verschie-dene Sprachen beherrschte und eine Mehrfachentführte war:
„Weshalb geraten Menschen in Panik, wenn ihnen kleine Graue begegnen?“
„Viele haben mir berichtet, dass die kleinen Alien gemein zu ihnen waren. Sie haben sie gezwungen, Hals über Kopf mitzukommen, ohne sich von ihren Angehörigen verabschieden zu können. – Oder bei Nacht hat man sie aus dem Schlaf gerissen und in ein Ufo verschleppt. Niemand weiß, wo sie abgeblieben sind.
Daran zerbrechen viele, auch weil sie nicht wissen, was die Außerirdischen mit ihnen vorhaben. – Gutes oder Böses?“
Markus wurde nachdenklich und antwortete der schönen, intelligenten Dolmetscherin aus dem Mittelmeerraum:
„Diese Erfahrungen habe ich nicht gemacht.“
Seine Gesprächspartnerin fügte noch hinzu:
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